Immer noch Fälle von Polio: So infiziert man sich mit der hochansteckenden Krankheit

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Obwohl Polio als beinahe ausgerottet gilt, tauchen immer wieder Fälle der Krankheit auf, die auch unter dem Begriff Kinderlähmung bekannt ist. Eine Impfung kann vor einer Infektion schützen - aber für wen kommt sie infrage?

  • Polio: So kann man sich mit der Krankheit infizieren
  • Impfung gegen Kinderlähmung: Für wen sie wann relevant ist
  • Die Geschichte hinter Polio: So breitete sich die Viruserkrankung aus

In den 1960er und 70er Jahren grassierte Polio in der BRD, während sie in der DDR quasi ausgerottet war. Erst mit der Einführung der freiwilligen Schluckimpfung und einer massiven Kampagne wurde sie auch in der BRD erfolgreich bekämpft. Doch auch heute noch kann man sich infizieren. Wie sinnvoll ist eine Impfung und wer sollte sie in Anspruch nehmen?

Impfung gegen Polio: Für wen ist sie sinnvoll und für wen nicht?

Polio wird hauptsächlich fäkal-oral übertragen, also durch eine sogenannte Schmierinfektion. Allerdings kann die Krankheit auch über Tröpfchen beim Husten oder Niesen übertragen werden, auch verschmutztes Trinkwasser gilt als Infektionsquelle. Weltweit wurden 2018 noch 33 Erkrankungen gemeldet, dennoch gibt es immer wieder Ausbrüche der Krankheit, wie 2019 auf den Philippinen. Afghanistan und Pakistan gelten weiterhin als "endemisch". Europa, und damit auch Deutschland, sind seit 2002 als "poliofrei" von der WHO zertifiziert.

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Es besteht jedoch immer noch die Gefahr, dass die Polioviren aus Endemiegebieten wieder importiert und sich damit auch in Ländern, in denen es kaum noch Erkrankte gibt, wieder ausbreiten können. Hier hilft nur die Impfung, um sich zu schützen. Diese sollte daher regelmäßig kontrolliert und aufgefrischt werden. Auch bei Reisen in die Risikoländer wird eine Impfung empfohlen.

Der Schutz gegen Polio wird bereits in den ersten Lebensmonaten vorgenommen. In den ersten 12 Monaten erfolgt eine Impfung mittels dreier Dosen, damit erreicht man die Grundimmunisierung. Die erste Auffrischung erfolgt zwischen dem neunten und siebzehnten Lebensjahr. Erwachsene, welche die vollständige Impfung erhalten haben, benötigen danach keine Auffrischung mehr, sondern nur noch dann, wenn sie in mögliche Risikogebiete reisen.

Möglich ist, dass durch die weltweiten Flüchtlingsbewegungen die Polio wieder eingeschleppt wird, da nicht immer eindeutig zu bestimmen ist, ob die Flüchtlinge geimpft sind. Hier sind Impfungen des Personals unabdingbar. Nicht geimpft werden sollte bei bekannten Allergien gegen den Impfstoff oder bei bestimmten chronischen Erkrankungen. Hier sollte der Arzt oder die Ärztin konsultiert werden. 

Kinderlähmung: Das steckt hinter der Krankheit

In den 1950er Jahren breitete sich die Polio, auch Kinderlähmung genannt, in Deutschland aus. Tausende erkrankten, viele starben daran. 1961 hatte Westdeutschland die höchste Polio-Rate in Europa. 4600 Erkrankte, über 3300 Gelähmte und 272 Tote waren zu beklagen. Zwar hatten die USA und Kanada bereits 1955 einen Totimpfstoff eingeführt, dieser hatte allerdings eine nur geringe Wirksamkeit.

Erst 1961, nach der Zulassung und Einführung der Schluckimpfung, ging die Zahl der Polio-Erkrankungen in den USA um 95 Prozent zurück. In der DDR gab es ab 1960 Massenimpfungen gegen Polio mit abgeschwächten Polio-Viren aus der UDSSR. Dieser Impfstoff war ursprünglich von Albert Sabin in den USA erfunden worden, wurde dann in der UDSSR weiterentwickelt und patentiert.

Daraufhin gingen die Fallzahlen in der DDR von 958 im Jahr 1959 auf vier im Jahr 1961 zurück. Grund dafür war auch die staatliche Impfpflicht. In Westdeutschland zögerte man allerdings. Man befand sich im Kalten Krieg und traute dem Impfstoff aus der UDSSR nicht. Als 1961 eine Polio-Epidemie im Ruhrgebiet ausbrach, bot Willi Stoph, der damalige stellvertretende Ministerpräsident ohne Ressort in der DDR, der Bundesregierung an, sofort drei Millionen Impfeinheiten zu schicken. Konrad Adenauer, damals Bundeskanzler der BRD, lehnte dieses Angebot als Propagandatrick jedoch ab. Auch eine Impfpflicht wurde verworfen.

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Erst 1962 gab es, beginnend in Bayern, flächendeckende Impfungen. Diese wurden mittels eines Stücks Würfelzucker, auf den der Wirkstoff aufgetragen wurde, verabreicht, als sogenannte Schluckimpfung. Im Gegensatz zur Pocken-Impfung, welche damals Pflicht war, geschah dies auf freiwilliger Basis. Der Wirkstoff wurde von den USA bereitgestellt und kam mit Sonderflugzeugen an.

Um die Impfbereitschaft zu erhöhen, gab es große Werbekampagnen. Die bekannteste ist wohl, auch heute noch: "Kinderlähmung ist grausam, Schluckimpfung ist süß." Bei dem Impfstoff handelte es sich um einen Lebend-Impfstoff. Man beteuerte, dass dieser keinesfalls eine Kinderlähmung auslösen könnte. Allerdings waren 1955 nicht abgetötete Viren in den Produktionskreislauf geraten, wodurch hunderttausende Kinder infiziert wurden. 51 von ihnen erlitten dauerhafte Lähmungen, fünf starben. Die Auflagen wurden daraufhin verschärft und die Sicherheit erhöht.

Dennoch waren daraufhin viele Menschen skeptisch. Im Januar 1963 wurde auf Bundesebene geregelt, dass Schluckimpfungen mit Lebendimpfstoffen unter bestimmten Bedingungen zulässig wären und wie bei Impfschäden zu verfahren sei. Erst 1998 wurde ein Totimpfstoff gegen Polio zugelassen, welcher von der Stiko (der ständigen Impfkommission) empfohlen wird. Dieser wird nicht mehr geschluckt, sondern gespritzt. Die Polio ist allerdings noch immer nicht weltweit ausgerottet, sie ist weiterhin eine Gefahr und nicht heilbar.

Fazit: Das musst du zu Polio wissen

Kinderlähmung war in den 60er Jahren eine Krankheit, die viel Elend mit sich brachte. Erst durch den massiven Einsatz von Impfstoffen wurde sie erfolgreich bekämpft und gilt weitestgehend als besiegt. Dennoch ist es wichtig, deinen Impfstatus dahingehend zu kontrollieren. Nur so kannst du dich wirklich schützen, wenn die Gefahr einer Infektion besteht. Dies gilt in der Hauptsache bei Reisen in Risikogebiete oder aber, wenn du mit Menschen zu tun hat, die aus Gebieten einreisen, in denen Polio noch nicht besiegt ist.

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