Der Aufbau des menschlichen Gehirns ist immer wieder spannend. Der Hypothalamus regelt nicht nur die Körpertemperatur.
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In Laborversuchen mit Nagetieren konnten erstaunliche Ergebnisse in Bezug auf Körpertemperatur und Lebenserwartung beobachtet werden.
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Die Lebenserwartung heute geborener Kinder liegt bei durchschnittlich 80 Jahren. Neueste Studien zeigen, welche Einflüsse die körpereigene Temperatur auf die Gesundheit hat.
Die internationale Studie wurde von Forscher*innen des Shenzhen Institute of Advanced Technology (SIAT) der Chinesischen Akademie der Wissenschaften, der Wenzhou University (China) und der University of Aberdeen (Schottland) an mehreren Versuchsmäusen und Hamstern durchgeführt und in der Fachzeitschrift „Nature Metabolism“ veröffentlicht. Basierend auf den Ergebnissen, kamen die Wissenschaftler*innen zu dem Schluss, dass die Körpertemperatur ein wichtigerer Faktor für die Lebensdauer ist und die Lebenserwartung deutlich beeinflusst.
Die ideale Körpertemperatur liegt bei ungefähr 37 Grad, wobei das Abkühlen der Kerntemperatur um ein halbes Grad auf 36,5oC die Lebenserwartung bei den getesteten Mäusen um 20 % erhöhte, was einer Verlängerung beim Menschen um sieben bis acht Jahre entspricht. Für die Studie wurden die Labortiere dauerhaft Temperaturen von 32,5 Grad ausgesetzt. Eine Folge davon war, dass die Körpertemperatur der Hamster und Mäuse stark anstieg, während sich der Stoffwechsel verringerte und scheinbar keinen positiven Einfluss auf die Lebenserwartung besaß. Ein erhöhter Stoffwechsel galt bisher als Indikator für einen früheren Tod bei Säugetieren, da so mehr Energie verbraucht wird. Mithilfe von kleinen Venitilatoren wurde die Körpertemperatur der Versuchstiere heruntergekühlt. Die Körpertemperatur sank, der Stoffwechsel der Nager blieb weiter niedrig und die Hamster und Mäuse hatten eine normale Lebenserwartung. Eine niedrige Körpertemperatur führt somit vermutlich zu einer höheren Lebenserwartung.
Der Hypothalamus und die Körpertemperatur
Die normale Körpertemperatur beträgt im Durchschnitt zwischen 36,5 und 37,4oC. Jedoch hängt die Körpertemperatur von verschiedenen Faktoren ab und ist dementsprechend auch nie durchgehend konstant, da sie im Laufe des Tages Schwankungen unterliegt und um bis zu ein Grad ansteigen kann. In der Regel ist die Temperatur morgens niedriger als abends. Eine Messung der Körpertemperatur ist oral, in der axillar oder rektal möglich, wobei hier zu beachten ist, dass die Temperaturen in der Achsel und dem Mund im Vergleich zu einer rektalen Messung niedriger sind. Die Ursachen für unterschiedliche Temperaturen liegen weiter noch im Alter, dem Geschlecht, an der gemessenen Tageszeit, der Ernährung und Flüssigkeitszufuhr, der Bewegung, Zyklus bedingten Schwankungen, Krankheiten und anderen Gesundheitszuständen. Doch wie wird die Körpertemperatur überhaupt geregelt?
Die Körpertemperatur wird vom Hypothalamus kontrolliert. Das ist ein Gehirnareal im Zwischenhirn und befindet sich unterhalb des Thalamus (= Kerngebiet im Zwischenhirn, Sammelstelle für Sinneseindrücke, Steuerung der Motorik, Sensorik und Psyche). Der Hypothalamus als zentrale Regulationsstelle zwischen dem endokrinen System und dem Nervensystem, steuert die vegetativen Funktionen des Organismus wie die Nahrungs- und Wasseraufnahme, die Körpertemperatur, den Kreislauf, das Schlaf- und das Sexualverhalten. Er überprüft die aktuelle Temperatur kontinuierlich und vergleicht diese mit dem Normalwert von etwa 37° C. Ist die Körperinnentemperatur zu niedrig, sendet er Signale aus, sodass der Körper genug Wärme produziert und diese auch hält. Ist die aktuelle Körpertemperatur dagegen zu hoch, wird Wärme abgegeben oder Schweiß produziert, der die Haut abkühlen soll. So entsteht beispielsweise Fieber, wenn das Gehirn die Körpertemperatur höher als normal einstellt, um eingedrungene Krankheitserreger zu bekämpfen. Eine Körpertemperatur zwischen 37,5 und 38° C wird als „erhöhte Temperatur“ bezeichnet, von Fieber ist die Rede, wenn die Temperatur im Körperinneren auf 38° C oder mehr ansteigt. Als hohes Fieber gilt eine Temperatur ab 39,5° C, als sehr hohes eine Temperatur von 41° C.
Um eine konstante Körpertemperatur zu erreichen, besitzt der Körper in der Haut und den Organen sensible Nervenzellen, welche die gemessenen Informationen an den Thalamus und dann an den Hypothalamus übermitteln. Befindet sich die Körpertemperatur darunter, wird vom Hypothalamus mittels eines bestimmten Hormons der Hypophysenvorderlappen animiert, der das Thyreotropin-Releasing-Hormon (TRH) ausschüttet. Über einen Regelkreis wird durch das TRH ein anderes Hormon, das Thyreoidea-stimulierendes Hormon (TSH) in der Hypophyse abgesondert, welches wiederum die Produktion und Absonderung von Thyroxin (T4) aus der Schilddrüse anregt. Das Schilddrüsenhormon Thyroxin gelangt in Fettgewebe und Skelettmuskulatur und wird dort in Trijodthyronin (T3) umgewandelt. Das Schilddrüsenhormon Trijodthyronin bewirkt eine Steigerung des Grundumsatzes, führt zu erhöhter Energiebereitstellung aus der Leber, erhöht die Herzfrequenz und dadurch die gesamte Körpertemperatur. Erhöht sich dagegen die Körperkerntemperatur, erfolgt durch den Hypothalamus eine Absenkung des Sympathikotonus, der die Gefäße in der Peripherie weitet und die Schweißsekretion fördert, um den Körper weiter abzukühlen.
Insgesamt konnte beobachtet werden, dass größere Tiere augenscheinlich länger leben, obwohl sie mehr Energie verbrauchen. Ein Gramm Gewebe verbraucht bei allen Arten im Durchschnitt etwa die gleiche Menge an Energie, unabhängig davon, ob sich dieses Gewebe in einer Spitzmaus, einer Kuh, einem Elefanten oder einem Wal befindet. Diese Tatsache führte zu der Vorstellung, dass Alterung und Lebensdauer Prozesse sind, die durch den Energiestoffwechsel reguliert werden und dass ein erhöhter Stoffwechsel mit einer vorzeitigen Sterblichkeit einhergeht. Der lebenslange Energieverbrauch pro Gramm Gewebe ist folglich abhängig von der Körpermasse, das heißt, dass das Gewebe kleinerer Tiere mehr Energie verbraucht, bevor es ausscheidet, als das Gewebe größerer Tiere. Darüber hinaus besteht bei Säugetieren ein signifikanter negativer Zusammenhang zwischen Restlebensdauer und täglichem Restenergieverbrauch. Kleinere Individuen mit höheren Stoffwechselraten leben jedoch länger als ihre langsameren, größeren Artgenossen.
Auch wenn sich die Forschung stets weiterentwickelt, so sind die komplexen Beziehungen zwischen Stoffwechselrate, Körpertemperatur, Körperzusammensetzung und Alterung noch nicht vollständig geklärt, die aktuelle Studie gibt hierfür jedoch hervorragende Anhaltspunkte. Oft verändern sich die Temperatur und die Stoffwechselrate parallel, sodass es teilweise schwierig ist, ihre Auswirkungen heute bereits vollständig zu entschlüsseln.
In dem Experiment konnte gezeigt werden, wie bei Mäusen und Hamstern beiderlei Geschlechts eine Temperatur von 32,5 °C zu einer verkürzten Lebensspanne führt, die mit einer verringerten Stoffwechselrate und einer erhöhten Körpertemperatur einhergeht, ohne dass sich die Körperzusammensetzung ändert. Bei kleinen Säugetieren, die heißen Umgebungstemperaturen ausgesetzt sind, steigt die gesamte Körpertemperatur an, während gleichzeitig ihre Stoffwechselrate sinkt. Dies ermöglichte den Forschern*innen, die Auswirkungen auf die Lebensdauer von Körpertemperaturwert und Stoffwechselrate experimentell zu trennen und erste Ergebnisse zu erzielen. Die Auswirkung der Umgebungstemperatur auf die Lebensspanne kann folglich umgekehrt werden, indem die Tiere einem erhöhten Wärmeverlust durch erzwungene Konvektion ausgesetzt werden, was die Auswirkung auf den Körpertemperaturwert umkehrt, aber die Stoffwechselrate nicht beeinflusst und die kausale Wirkung des Temperaturwertes auf die Lebensspanne unter Laborbedingungen belegt. Die Auswirkungen von Manipulationen wie beispielsweise Kalorienrestriktion, welche die Lebensspanne verlängern, können über die Nachwirkung auf die Körpertemperatur vermittelt werden, und die Messung der Temperatur kann ein nützliches Instrument für potenzielle Therapeutika zur Verlängerung der menschlichen Lebensspanne sein.