Heilfasten liegt im Trend: Experten erklären, was dabei im Körper passiert

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Was passiert während des Fastens eigentlich im Körper? Experten klären auf - und fördern überraschende Erkenntnisse zutage.

Die Fastenzeit stellt eine ideale Gelegenheit dar, das Heilfasten nach Otto Buchinger einmal selbst auszuprobieren. Diese Methode der inneren Reinigung und Regeneration hat eine lange Geschichte und heute so beliebt wie selten zuvor. Doch was steckt hinter dieser Begeisterung für den freiwilligen Verzicht? Wie funktioniert das Heilfasten nach der Methode von Buchinger - und was passiert mit unserem Körper, wenn wir heilfasten?

Das Heilfasten soll dazu beitragen, die körpereigenen Abwehrkräfte zu stärken und den Körper in die Lage zu versetzen, sich selbst zu heilen. Es kann dazu führen, dass Blutdruck und Blutzuckerspiegel sinken und Leber sowie Magen sich regenerieren. Darüber hinaus spielt auch die psychologische Wirkung eine wesentliche Rolle: Der Wunsch, sich selbst zu beweisen, dass man es schaffen kann und die Erkenntnis, dass der Verzicht einen nicht umbringt, sondern sogar glücklich machen kann, ist großartig. Im Durchschnitt verliert man pro Fastentag etwa 160 Gramm Fett, aber Vorsicht: Zum dauerhaften Abnehmen ist das Heilfasten nicht geeignet. Unseren ausführlichen Erfahrungsbericht zum 12-tägigen Heilfasten nach Buchinger inklusive Anleitung findest du in unserem separaten Artikel.

Das passiert beim Heilfasten in deinem Körper

In der mittelalterlichen Fastenzeit mussten strenge Regeln befolgt werden: Für 40 Tage sollten die Menschen auf Fleisch, Eier, Butter und Milch verzichten, um sich nicht mit Gott zu überwerfen. Nur am Sonntag durfte eine Fastenpause eingelegt werden. Die heutigen Katholiken nehmen es mit dem Fasten nicht so streng. Ihre Fastenopfer sind meist bescheidener: kein Alkohol, kein Auto, keine Zigaretten, keine Süßigkeiten oder einfach weniger Netflix. Heilfasten liegt voll im Trend – aber was löst die weltweite Begeisterung für den Verzicht aus? Wissenschaftler verstehen mittlerweile immer besser, was während des Fastens in und mit unserem Körper passiert. Und genau hier liegt die Antwort.

Buchtipp: Das Heilfasten - das Standardwerk von Otto Buchinger

Fasten hat unbestreitbar große Auswirkungen auf den Körper. Der Körper wechselt in den Mangelbetrieb, lebt von eingelagertem Fett und Nährstoffen, verbrennt diese auf Hochtouren. Der Stoffwechsel muss sich erheblich anpassen, da er nun nicht mehr aufbaut, sondern abbaut. Zu Beginn des Fastens nutzt der Körper den Zucker, den er als Glykogen in der Leber gespeichert hat, für kurzfristige Engpässe. Nach 24 Stunden ohne Nachschub ist der Vorrat aufgebraucht. Aber die inneren Organe und das Gehirn benötigen weiterhin Energie. Der Körper holt sich jetzt die benötigte Energie aus Notreserven - nicht nur aus unerwünschten Fettpolstern. Auch etwas von dem in Muskeln und sogar in Organen gespeicherten Protein wird abgebaut. Um einem möglichen Muskelabbau entgegenzuwirken, nehmen viele Fastende zusätzlich zu Tees, Gemüsebrühe und stillem Wasser täglich einen kleinen Eiweißdrin zu sich (beispielsweise im Rahmen der Markert-Diät).

Was bedeutet „Fasten eigentlich? Die Ärztegesellschaft Heilfasten & Ernährung e. V. definiert es folgendermaßen: „Das Fasten ist der freiwillige Verzicht auf feste Nahrung und Genussmittel für begrenzte Zeit“, schreiben die Experten auf der offiziellen Webseite. „Bei richtig durchgeführtem Fasten besteht gute Leistungsfähigkeit ohne Hungergefühl. Fasten betrifft den Menschen in seiner Körper-Seele-Geist-Einheit. Unverzichtbar dabei sind:

  • eine ausreichende (mind. 2.5 l/Tag) kalorienfreie Flüssigkeitszufuhr (Mineralwasser, Tee) sowie natürliche Anteile in flüssiger Form wie Gemüsebrühe, Obst- und Gemüsesäfte und Honig, max. 2.100 KJ (ca. 500 kcal)/Tag
  • die Förderung der Ausscheidungsvorgänge über Darm, Leber, Nieren, Lungen, Haut
  • das Einstellen eines Gleichgewichtes zwischen Bewegung und Ruhe
  • sorgfältiger Kostaufbau und Hinführung zu einem gesünderen Lebensstil.“

Das Gehirn wird weiter versorgt: Der Körper hilft sich mit einem Trick

Während des Fastens benötigt der Körper weniger Energie, nicht nur, weil die Verdauung eine Pause einlegt. Auch das Herz schlägt langsamer und der Blutdruck sinkt. Daher haben Fastende manchmal Kreislaufprobleme und frieren schnell. Auch der mögliche Muskelabbau führt zu einem geringeren Energiebedarf: "Um 20 bis 25 Prozent", sagen Experten. Ein Organ jedoch bleibt von den Folgen des Fastens unbehelligt: Das Gehirn muss nicht hungern. Dafür dürfen wir unseren Vorfahren danken: Ein träges Gehirn wäre schlecht für die Jagd – die war aber wichtig, um den Hunger irgendwann zu beenden. Aber das Gehirn ist anspruchsvoll und verlangt Glukose als Treibstoff. Da Menschen über Jahrtausende hinweg mit Hunger umgehen mussten, hat ihr Körper eine alternative Lösung gefunden: Das Gehirn stellt auf einen weiteren Treibstoff um, auf sogenannte Ketonkörper, die beim Abbau von Fettsäuren in der Leber entstehen. Diese führen auch zu dem unangenehmen Mundgeruch, den viele Fastende kennen. Und nicht nur aus dem Mund riechen Fastende: Der ganze Körper sondert einen sehr eigenen, säuerlichen Geruch ab. Gute Körperhygiene ist deshalb während der Fastenzeit ein Muss.

Eine solche massive Umstellung bedeutet für den Körper zunächst vor allem eines: Stress. Aber meist verschwindet dieses Gefühl sehr schnell. Grundvoraussetzung für erfolgreiches Heilfasten ist natürlich, dass das Ganze auf freiwilliger Basis erfolgt. Erzwungener Verzicht hingegen führt zu Dauerstress, was eine hormonelle Kettenreaktion auslöst, bei der viel Cortisol produziert wird. Dieses Hormon hält den Stresspegel hoch, denn der Hungernde soll handeln, bevor seine Kräfte schwinden. Schließlich denkt der Körper, er befinde sich in einer echten Notsituation. Neurobiologe Prof. Gerald Hüther hat in Experimenten mit fastenden Ratten erhöhte Mengen des Stresshormons gefunden. Auch im Urin von Menschen, die eher widerwillig fasteten, war der Cortisolspiegel deutlich höher als bei einer Vergleichsgruppe, die mit Freude Verzicht übte. Eine positive Einstellung kann den Stress offenbar unterdrücken. Ganz wichtig: Lass es dir gut gehen beim Heilfasten! Verwöhne dich selbst. Mach Dinge, für die dir im Alltag vermeintlich zu wenig Zeit bleibt. Eine 12-Tage-Anleitung für Heilfasten nach Buchinger mit Wohlfühleffekt findest du in unserem separaten Artikel.

Nach einer Weile, spätestens am dritten Tag ohne feste Nahrung, lässt das Hungergefühl nach, schwindet dann vollständig und weicht innerer Gelassenheit. Dieses Gefühl der Ruhe wird oft von Fastenden beschrieben. Woher die gute Laune kommt, hat Neurobiologe Hüther an Ratten untersucht. Er fand heraus, dass beim Heilfasten im Gehirn mehr vom Stimmungsaufheller Serotonin gebildet wird. Er wirkt auch länger, da beim Fasten weniger Serotonin-"Staubsauger" aktiv sind, also Proteine, die die Moleküle wieder in die Zellen aufnehmen. Fasten hat somit eine ähnliche Wirkung wie Medikamente gegen Depressionen: Diese blockieren die Serotonin-Staubsauger. Man spricht gemeinhin vom „Fastenhoch“. Für die meisten Fastenden fühlt es sich euphorisierend, ja fast berauschend an.

Heilfasten mit Betreuung: Fastenhotels und Fastenkliniken

Vielleicht ist es diese Wirkung, die das Fasten zu einem weltweiten Erfolg macht. "Fasten wird in fast allen Kulturen praktiziert, meist als Vorbereitung auf rituelle Handlungen", so Hüther. Schamanen und Priester nutzen es, um sich in transzendentale Zustände zu versetzen. 

Viele Menschen, die unter Stress stehen, bereiten sich intensiv auf die Fastentage vor und nehmen sogar extra Urlaub. Sie reisen zum Fastenwandern in die Alpen, zur Fastenkur in die Fränkische Schweiz oder ziehen sich für Verzicht und Einkehr in die Abgeschiedenheit eines Klosters zurück. Für diejenigen, die professionelle Betreuung und ein umfassendes Fastenprogramm wünschen, gibt es spezialisierte Fastenkliniken, allerdings zu einem entsprechenden Preis. Angebote gibt es unter anderem in Franken und bundesweit. Derzeit im Trend liegt beispielsweise das Fastenwandern.

Auch das Münchner Institut KoKoNat bietet ambulante Fastenkurse an. Prof. Melchart, der Leiter des Instituts, erzählt, dass einige Teilnehmer so begeistert sind, dass sie nicht mehr aufhören möchten. Doch selbst für erfahrene Faster sollte nach 40 Tagen ein Ende eingeläutet werden.

Ist Heilfasten das Richtige für dich? Bei bestimmten Vorerkrankungen wird abgeraten

Grundsätzlich gilt: Fasten nicht für jeden geeignet. Bei vielen chronischen Krankheiten, einschließlich Krebs und Herzkrankheiten, sollte man das Fasten meiden. Auch Menschen mit Nieren- oder Lebererkrankungen sollten auf das Fasten verzichten, da diese Organe während des Hungerns besonders beansprucht werden. Jeder, der länger als eine Woche fasten möchte, sollte ärztlich betreut werden. Wer sich für das Fasten entscheidet, sollte ein paar Dinge beachten. Man sollte sich sicher sein, dass man gesund genug ist, und im Zweifelsfall seinen Arzt konsultieren, bevor man mit dem Fasten beginnt. Bei bestimmten Erkrankungen kann Fasten sogar vorteilhaft sein, bei anderen sollte man es jedoch vermeiden.

Bei welchen Erkrankungen wird Heilfasten von Experten empfohlen?

  • Erhöhter Cholesterinspiegel
  • Burnout
  • Adipositas
  • Durchblutungsstörungen
  • Degenerative Gelenkerkrankungen
  • Hauterkrankungen wie Akne und Neurodermitis
  • Asthma
  • Magenprobleme
  • Rheuma
  • Zur Ergänzung einer Chemotherapie bei Krebs

Bei welchen Vorerkrankungen solltest du auf das Heilfasten verzichten?

  • Esssucht
  • Bulimie
  • Hämophilie (Bluterkrankheit)
  • Starke Allergien
  • Hoher Blutdruck
  • Erhöhtes Herzinfarkt-Risiko
  • Schilddrüsenüberfunktion
  • Diabetes
  • weitere chronische Erkrankungen
  • Mehr als 30 Prozent Übergewicht
  • Untergewicht
  • Bei regelmäßiger Einnahme von Medikamenten
  • Kinder sollten generell nicht fasten

Sprich im Zweifelsfall mit deinem Arzt oder wende dich an eine auf Heilfasten spezialisierte Fastenklinik.

Abnehmen durch Heilfasten funktioniert nicht 

Zum Abnehmen taugt das Heilfasten nicht, weil der Jo-Jo-Effekt enorm ist. Deshalb raten Experten Menschen, die abnehmen möchten, vom Fasten ab. Stattdessen sollten diese kleine Änderungen am Lebensstil vornehmen, wie beispielsweise den Verzicht auf Alkohol oder Snacks zwischendurch.

Für diejenigen, die sich ernsthaft für das Fasten interessieren, gibt es eine Vielzahl an Literatur. Empfehlenswert ist das Buch Wie neugeboren durch Fasten* von Hellmut Lützner und die Leitlinien zur Fastentherapie der Ärztegesellschaft Heilfasten & Ernährung e.V. Auch das Werk Das Heilfasten: und seine Hilfsmethoden als biologischer Weg* von Otto Buchinger ist ein Klassiker der Fastenliteratur.

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