Deutschland
Häusliche Gewalt

Gewalt gegen Männer: Ein Tabu-Thema? - So viele Männer sind wirklich betroffen

Häusliche Gewalt gegen Männer scheint ein Tabuthema zu sein. Doch die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Wie viele Männer betroffen sind und wo sie Rat und Hilfe bekommen.
Ein Mann scheint verzweifelt zu sein und hält sich mit den Händen das Gesicht zu.
Melancholic male crying in despair, little daughter behind door, depression Foto: Bild: #42948308/colourbox.de
  • Häusliche Gewalt gegen Männer – Wie hoch ist der Anteil?
  • Was können Betroffene tun?
  • Wo finden sie Rat und Hilfe?

Nicht nur Frauen werden immer häufiger Opfer von häuslicher Gewalt. Auch Männer sind davon betroffen. Wie hoch ist der Anteil der betroffenen Männer? Wie äußert sich diese Gewalt? Und wo finden die Opfer Rat und Hilfe?

Häusliche Gewalt gegen Männer – Ein Tabuthema?

Im Januar 2021 berichtete das Redaktionsnetzwerk über einen Fall, der sich in Frankfurt zugetragen hat. Ein Mann stand in Unterhosen bei drei Grad auf der Straße. Die Polizisten hätten ihm nicht mal Zeit gelassen, Sachen zusammenzusuchen und ihn so auf die Straße gesetzt. Was war passiert? Der Mann berichtete, seine alkoholkranke Frau wäre völlig betrunken auf ihn losgegangen. Die Nachbarn hätten die Polizei gerufen, die dann ihn als Täter identifiziert hätten, obwohl er überall Kratzspuren hatte, während seine Frau unversehrt gewesen wäre. Nach drei Wochen, in denen er im Auto lebte, fand er Unterschlupf in einer Männerschutzwohnung.

Ein Einzelfall? Keineswegs. Zwar ist der Anteil an Gewalt gegen Frauen ungleich höher, doch scheint die Zahl der betroffenen Männer zuzunehmen. Immerhin rund 25.000 Männer waren im Jahr 2020 Opfer von häuslicher oder partnerschaftlicher Gewalt, das sind rund 19 Prozent der gemeldeten Fälle. Dabei ist die Dunkelziffer wohl weitaus höher. Auch im Jahr 2022, laut Medien Mittweida, ist dieses immer noch ein Tabuthema. Der Mann würde weiterhin die patriarchalisch festgelegte Rolle des starken Anführers tragen. Wird ein Mann Opfer von häuslicher Gewalt durch eine Frau, so wird er oft als "nicht-männlich", sogar als "entmannt" betrachtet. Um dem zu entgehen, zeigen viele Männer diese Taten nicht an. Falsche Scham lässt sie davor zurückschrecken. Welcher Mann gibt schon zu, dass seine Frau ihn schlägt? 

Allerdings ist die körperliche Gewalt hier nicht so weit verbreitet. Und wenn, dann nehmen Frauen meistens irgendwelche Gegenstände zu Hilfe. Hier kommen meist Geschirr oder Töpfe, aber auch Messer zur Anwendung. Am häufigsten, so Medien Mittweida, ist es psychische Gewalt. Beleidigungen oder Demütigungen, aber auch die Kontrolle im sozialen oder finanziellen Kontext sind hier zu nennen. Der Freundeskreis wird eingeschränkt oder verboten, die finanziellen Mittel vorenthalten. Sogar sexuelle Gewalt kommt hier vor. Doch warum werden Männer zu Opfern? Die Gründe dafür können unter anderem in der Kindheit liegen. Das Trauma-Hilfe-Zentrum München schreibt dazu auf tag24, dass die Betroffenen oft als Kind schon Gewalt erfahren haben. Sie sehen sich als Opfer und geben sich die Schuld daran, dass man sie misshandelt. Die Folgen können, wie bei Frauen, dramatisch sein. Aggressive Handlungen gegen sich selbst, vermindertes Selbstwertgefühl und Misstrauen sind möglich.

Auch Männer brauchen Hilfe

Inzwischen hat man erkannt, dass häusliche Gewalt gegen Männer ein Problem ist. Das Hilfsangebot für Männer wächst. Doch während es für Frauen ein bundesweites Hilfstelefon gibt, so existiert dies für Männer bislang in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Genau wie beim Hilfstelefon für Frauen ist dies kostenfrei, anonym und vertraulich. Doch während man auf der Internetseite des Bundesministeriums des Innern und für Heimat deutliche Worte bei Gewalt gegen Frauen findet, ist bei dem Thema Gewalt gegen Männer nichts zu finden. 

Anders auf der Seite Bayern gegen Gewalt. Dort finden Betroffene Rat und Hilfe, außerdem sind dort Kontaktmöglichkeiten angegeben. Auch auf den Seiten der lag-jungenundmänner-bayern, den Seiten der iska sowie der AWO sind Hilfsangebote zu finden. Dort finden auch Menschen, die in ihrem Umfeld Gewalt gegen Männer beobachten, Ansprechpartner. Aktuell existieren 12 Männerschutzwohnungen mit 43 Plätzen in Deutschland. Hier findest du alle Adressen und auch weitere Adressen, wo du Rat und Hilfe bekommen kannst. 

Was ist zu tun, wenn du befürchtest, dass jemand in deinem Umfeld Opfer von häuslicher Gewalt geworden ist? Es gilt das Gleiche, was auch bei Gewalt gegen Frauen gilt. Bring dich nicht selber in Gefahr. Versuche, so viel wie möglich herauszufinden. Melde dich bei der Polizei oder einer der Kontaktadressen. Dort sagt man dir, was du tun kannst. 

Hilfe für Männer:

  • Hilfetelefon Gewalt an Männern: 0180 1239900 
  • Polizeinotruf: 110
  • Opfertelefon Weißer Ring: 116006 

Fazit

Während es immer mehr Hilfsangebote für Frauen gibt, die Gewalt erfahren müssen, und das Thema in der Öffentlichkeit immer mehr an Beachtung gewinnt, so ist das Thema Gewalt gegen Männer scheinbar immer noch ein Tabuthema. Die Aufarbeitung und Hilfestellung gehen nur langsam und nicht flächendeckend vor sich. Oft scheitert es an überholten Klischees und veralteten Vorstellungen, dass Männer um Hilfe bitten und sie auch erhalten. Hier sollte mehr Aufklärungsarbeit erfolgen. 

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