Ein Deutscher erlebt nach seinem Urlaub in Österreich eine böse Überraschung: Er soll 345 Euro Strafe zahlen wegen Besitzstörung. Und das ist kein Einzelfall. Ist es wirklich verboten, auf einem fremden Grundstück zu wenden?
Vor allem im Urlaub passiert das schnell: Man verfährt sich und muss wenden. Doch das kann teuer werden, wie ein Autofahrer aus Baden-Württemberg erfahren musste. Laut einem Bericht des SWR war der Mann in Kitzbühel, Österreich, unterwegs, als er versehentlich in eine Sackgasse fuhr. Er wollte wenden - dabei ragte jedoch kurze Zeit der hintere Teil seines Autos in eine private Einfahrt. Dort war ein Schild mit der Aufschrift "Hier nicht wenden" angebracht.
Bei seiner Rückkehr aus dem Urlaub erhielt er deswegen prompt Post vom Anwalt. Das Wendemanöver wurde als unbefugtes Befahren des Grundstücks gewertet. "Dies ist generell eine Störung des ruhigen Besitzes meines Mandanten", stand in dem Schreiben. Eine solche Besitzstörung sei verboten.
345 Euro Strafe: Autofahrer erlebt böse Überraschung nach Wendemanöver
Als Beweis wurden zudem Fotos einer Überwachungskamera angefügt. Der Anwalt forderte 345 Euro, sonst folge eine Klage, die noch höhere Kosten nach sich ziehen werde. Doch wie genau stört ein Wendemanöver die Grundstücksbesitzer? Die Begründung des Anwalts Jan Bröcker gegenüber dem SWR klingt fragwürdig.
Die Pflasterung der Einfahrt sei nicht ausgelegt für "die ständigen und regelmäßigen Wendemanöver unbefugter Dritter". Es werde dadurch deutlich mehr beansprucht, als wenn nur berechtigte Fahrzeuge den Hof befahren. "Durch die erhöhte Beanspruchung unterliegt die Pflasterung einer erhöhten Belastung, die insbesondere bei Wendemanövern noch einmal stark zunimmt", so Bröcker. Wirklich deutlich sei die Grenze zwischen öffentlicher Straße und der Einfahrt allerdings nicht, wie Reporter vor Ort feststellten. In der Pflasterung war kaum ein Unterschied auszumachen.
Dennoch ist es kein Einzelfall - nicht nur auf Österreich bezogen. Schon mehrfach wurden Geldforderungen wegen Fahrmanövern an diesem speziellen Grundstück in Kitzbühel verschickt. Auch in der lokalen Presse wurde das zum Thema. Dabei äußerte sich der Bürgermeister der Stadt, Klaus Winkler, kritisch. Er sprach von "Abkassiererei" und einem "extrem unanständigen" Vorgehen der Eigentümer. Die Stadt hatte wohl bereits vorgeschlagen, das Problem mit Pollern an der Grundstücksgrenze zu lösen. Die Grundstücksbesitzer haben dagegen jedoch erfolgreich geklagt.
Wenden auf Privatgrundstück: Droht mir eine Klage?
Was also tun bei einem Anwaltsschreiben wegen Besitzstörung? Der Urlauber aus Baden-Württemberg hat sich entschlossen, der Zahlungsaufforderung nicht nachzukommen. Es ist aber noch unklar, ob es deshalb auch wirklich zur Klage kommt. Der Anwalt Horst Wendling aus Kitzbühel hält das für unwahrscheinlich, bisher habe es keine Klagen gegeben. Sollte der Fall vor Gericht kommen, sehe er aber gute Chancen, dass der Autofahrer gewinnt.
Das ist in Österreich aber nicht garantiert. Grundsätzlich kommt es dort häufiger zu Klagen wegen Besitzstörung als in Deutschland. Laut eines Juristen des Verkehrsclubs ÖAMTC würden die Richter in vielen Fällten zugunsten der Grundbesitzer entscheiden. Wer nicht zahlt, geht also ein gewisses Risiko ein.