Die Streichung von 370 Arbeitsplätzen bei Siemens wollen die Mitarbeiter keineswegs kampflos hinnehmen
Die Produktion von Niederspannungsmotoren will Siemens komplett am Standort in Bad Neustadt dicht machen. Inklusive Entwicklung und einiger Nebenabteilungen. Insgesamt sind 370 Arbeitsplätze betroffen. Ein schwerer Schlag für den Industriestandort Bad Neustadt. Am Tag nach Bekanntwerden der geplanten Stellenstreichungen formierten sich Siemens-Mitarbeiter beider Werke zu einer Demonstration. Etwa 1500 Menschen machten gemeinsam mit der IG-Metall und dem Landrat klar, dass sie diese Unternehmensentscheidung keineswegs kampflos hinnehmen werden.Rund 500 Mitarbeiter des Siemens-Werkes in der Siemensstraße traten vor die Tore des Unternehmens, um gegen den geplanten Stellenabbau zu protestieren. Hinzu kamen weitere 1000 Mitarbeiter nach einem Fußmarsch vom Standort in Brendlorenzen - der nicht von dem geplanten Stellenabbau betroffen ist - um gemeinsam mit dem Arbeitskollegen gegen die Streichungen zu protestieren.
Der geplante Wegfall der Produktionslinie betrifft jene Elektromotoren, die seit einigen Jahren auch in Tschechien gebaut werden. Siemens begründet diesen Schritt mit einer zurückgehenden Nachfrage nach den Motoren durch schrumpfende Aufträge vor allem aus der Rohstoffindustrie. Für die Siemens-Mitarbeiter am Standort Bad Neustadt ist diese Entscheidung jedoch kaum nachzuvollziehen.
In den vergangenen Jahren sind etliche Stellen neu entstanden, erst vor wenigen Wochen wurde von Seiten der Unternehmensleitung den Mitarbeitern hohe qualitative Arbeit und ein Innovationsfreudigkeit beschieden.
IG-Metall Betriebsbetreuer Thomas Höhn fand deutliche Worte bezüglich des Stellenabbaus: "Das ist eine Riesensauerei", schimpfte er.
"Es sind die immer gleichen Instrumente: Stellenabbau ist das einzige, was diesem Unternehmen einfällt!"
Am Vorabend der ersten Bad Neustädter Demonstration gegen die Stellenstreichungen hatte das Unternehmen verkündet, rund 1600 Stellen an verschiedenen Standorten in Bayern zu streichen. Davon 370 in Bad Neustadt.
Kampf um die Arbeitsplätze
Der Betriebsratsvorsitzende Bernhard Omert sprach von einer "Pseudoargumentation" des Unternehmens und akzeptierte die Gründe für den geplanten Stellenabbau in keiner Weise. "Wenn es nötig ist, werden wir gemeinsam für den Erhalt dieser Arbeitsplätze kämpfen", sagte Omert. Vor allem die Begründung der Unternehmensleitung, das vorhandenes Wissen an andere Standorte transferiert werden müsse, stieß Bernhard Omert sauer auf.
"Die Gier bestimmt das Handeln im Unternehmen!"
"Ein verantwortungsvolles Management macht so etwas nicht", sagte Thomas Höhn zu den 1500 Teilnehmern an der Demonstration, die mit Trillerpfeifen ihre Forderungen nach Erhalt der Arbeitsplätze unterstrichen. Höhn forderte alle Siemens-Mitarbeiter auf, die Entscheidung für den Stellenabbau nicht als "Naturgesetz" zu betrachten, sondern als eine Basis, auf der man verhandeln kann. "Siemens ist auf dem Weg, immer mehr Arbeitsplätze in Deutschland zu streichen", sagte Höhn.
Erfolgreicher Protest
"Das Ganze jetzt widerstandslos hinzunehmen, wäre grundfalsch", betonte Landrat Thomas Habermann und erinnerte an den erfolgreichen Protest der Siemens-Mitarbeiter im Jahre 2010, als 800 Arbeitsplätze auf der Streichliste des Unternehmens standen.
So schnell wie möglich will sich Habermann mit Ministerpräsident Horst Seehofer und Wirtschaftsministerin Ilse Aigner über den Stellenabbau in der Kreisstadt besprechen.
"Jetzt geht der Protest gegen die Streichungen erst richtig los", sagte Habermann. Gekommen waren zu der Demonstration auch der stellvertretende Landrat Josef Demar, Bürgermeister Bruno Altrichter und der Leiter der Stabsstelle für Kreisentwicklung, Dr. Jörg Geier.
Laut Bernhard Omert soll nun aus dem Betriebsrat eine Verhandlungsgruppe gegründet werden. Diese wird sich mit Betriebsräten anderer Standorte verbünden, um gemeinsam gegen die Stellenstreichungen zu kämpfen. Erste Verhandlungen kündigte Omert für Ende März an.