Tierheimhunde: Gassigehen ist in Nürnberg "in"

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Das Tierheim in Nürnberg kann sich von freiwilligen Hundefreunden am Wochenende kaum retten. Unter der Woche werden ehrenamtliche Gassigeher noch gesucht. Foto: Nikolas Pelke
Das Tierheim in Nürnberg kann sich von freiwilligen Hundefreunden am Wochenende kaum retten. Unter der Woche werden ehrenamtliche Gassigeher noch gesucht. Foto: Nikolas Pelke

Das Tierheim in Nürnberg kann sich von freiwilligen Hundefreunden am Wochenende kaum retten. Unter der Woche werden ehrenamtliche Gassigeher noch gesucht.

Wer sich keinen eigenen Hund in der Stadt anschaffen kann, der bewirbt sich immer häufiger im Tierheim Nürnberg als ehrenamtlicher Gassigeher. "Immer mehr Menschen wollen Gassi gehen mit unseren Hunden aus dem Tierheim. Am Wochenende sind wir momentan total ausgebucht", berichtet Tanja Schnabel, Leiterin des Nürnberger Tierheims.

Die hohe Nachfrage erklärt sie sich so: "Viele wollen einen Hund haben, können sich in der Stadt aber keinen eigenen Vierbeiner halten." Unter der Woche seien freiwillige Gassigeher derzeit freilich noch händeringend gesucht. "Werktags können viele Gassigeher aufgrund der Arbeit nicht kommen." Auch für "Problemfälle auf vier Pfoten" seien Gassigeher mit robuster Statur und guten Hundekenntnissen im Tierheim in Nürnberg immer gefragt. Apropos Wauwau-Knowhow: Wer die Hunde aus dem Tierheim in seiner Freizeit an die Leine nehmen will, der muss vorher ein zweistündiges, kostenloses Training bei Hundetrainerin Corina Fundel absolvieren.

Pünktlich um zehn Uhr beginnt die Hundetrainerin beim "Gassigeh-Kurs" damit, den Tierfreunden "reinen Wein" einzuschenken. Tierheimhunde seien keine Schoßhunde, ruft die Tiertrainerin den rund 30 Teilnehmern des vorgeschriebenen Vorbereitungskurses an diesem Montagmorgen zu. Immer bläut die Hundetrainerin den Gassigehern ein, dass die Tiere keine "Privathunde" seien. "Unsere Hunde können ihre schwierige Vorgeschichte nicht erzählen", warnt Fundel. Die menschlichen Ex-Halter würden obendrein nicht "immer die ganze Wahrheit" erzählen, warum sie ihre Vierbeiner im Tierheim abgeben. 60 Hunde würden derzeit in Nürnberg auf ein neues Herrchen oder Frauchen warten. Rund die Hälfte der Tiere seien mit besonderer Vorsicht zu genießen, sagt Tierheimleiterin Schnabel. Gerade deshalb sei der Kurs für neue Gassigeher wichtig.

Derweil führt Hundetrainerin Corina Fundel den vierjährigen Jimmy an der Leine in den Kreis der Kursteilnehmer. Wie ein Kampfhund schaut der Rüde nicht aus. Trotzdem muss Jimmy einen Maulkorb tragen. Nicht zu unrecht, wie sich schnell zeigen wird. Die Trainerin bittet einen Freiwilligen nach vorne. Unerschrocken geht Kursteilnehmerin Sonja mit einem zutraulichen Lächeln auf den mittelgroßen Hund zu. Zunächst wedelt Jimmy freudig mit dem Schwanz. Doch kurze Zeit später schlägt die Freude in Aggression um. Hätte er nicht den Maulkorb getragen, würde die mutige Sonja jetzt mit Sicherheit schon "Aua" geschrien haben.

Die eigenen Hundekenntnisse zu überschätzen, das sei die größte Gefahr im Tierheim, warnt die erfahrene Trainerin. Erst kürzlich hätte ein Pinscher einer Gassigeherin "aus Frust" eine "faustgroße Fleischwunde" verpasst. Dass es soweit komme, sei selbstverständlich die Ausnahme. Doch generell müssten die Tierfreunde bei Heimhunden mehr Vorsicht walten lassen. Wenn die Gassigeher einen Vierbeiner rund um das Tierheim ausführen, seien Radler, Jogger und andere Hunde ein potenzielle Gefahrenquelle für brenzlige Situationen. In dem zweistündigen Seminar hat die Tiertrainerin die Gassigeher mit vielen praktischen Tipps auf alle denkbaren wie undenkbaren Szenarios vorbereitet. Als Gedankenstütze gibt es die Regeln für Gassigeher zum Nachlesen. Bereit liegen tun auch die Mitgliedsanträge für das Tierheim, die jährlich ab zehn Euro zu haben ist. Die Mitgliedschaft sei aus versicherungstechnischen Gründen laut Tierheimleiterin Schnabel die Voraussetzung für alle Gassigeher.

Nach dem zweistündigen Kurs gehen die Mitgliedsanträge weg wie warme Semmeln. "Ich lasse mich von dem kleinen Vorfall nicht abschrecken", sagt Sonja und unterzeichnet den Mitgliedsantrag. Weil ihr Vermieter keine Hunde in der Wohnung erlaube, sei sie - wie viele andere - auf die Idee mit dem ehrenamtlichen Gassigehen im Tierheim Nürnberg gekommen.


Ehrenamtliches Gassigehen im Tierheimhund

Vorbereitungskurs: Die Teilnahme an dem zweistündigen, kostenlosen Kurs ist Voraussetzung, um mit dem Hunden aus Heim eine Gassirunde drehen zu dürfen.
Zeiten: Das Tierheim Nürnberg sucht besonders unter der Woche (Dienstag und Donnerstag von 10 bis 12 Uhr, sowie Mittwoch und Freitag von 14 bis 16 Uhr) noch freiwillige Gassigeher
Vermittlung: Rund 60 Hunde warten in Nürnberg derzeit auf ein neues Herrchen oder Frauchen. Die aktuellen Heimhunde finden Sie hier: www.tierheim-nuernberg.de/tierheim/vermittlung/vermittlunghunde.html.