Um in ihr Winterquartier zu gelangen, musste eine große Schafherde einen weiten und teils engen Weg auf sich nehmen: Schäfer Thomas Gackstatter lotste seine Tiere direkt durch die Nürnberger Innenstadt. Das lockte viele Zuschauer an.
Update vom 19.11.2023, 17 Uhr: Schäfer erklärt, was es mit tierischem Umzug auf sich hat
Mit lautem Blöken und von zahlreichen Schaulustigen begleitet sind heute rund 600 Schafe durch die Nürnberger Innenstadt gezogen. Schäfer Thomas Gackstatter erklärte, was es mit dem tierischen Spektakel auf sich hatte: Die Tiere wurden auf die Winterweide getrieben und mussten dafür aber erst die Stadt durchqueren. Unter anderem trabten die Schafe, auch begleitet von Hirtenhunden, über die Wörther Wiesen und am Wörther See vorbei über den Hauptmarkt, wo bereits einige Buden für den Christkindlesmarkt aufgebaut sind. Anschließend ging es auch durch das Hallertor in Richtung Fürth.
Etliche Schaulustige hatten sich entlang der Strecke versammelt, um Fotos und Videoaufnahmen von den Schafen zu machen. Obwohl Thomas Gackstatter die Route jährlich mit seinen Tieren läuft, ist der Umzug jedes Mal aufs Neue ein sehr spezieller Arbeitstag: "Ich sage immer: Wenn man Tiere hat, ist jeder Tag nicht gleich." Die Tradition wird in dieser Form aber nicht mehr häufig praktiziert - die Wanderschäferei steht sogar auf der Liste des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO. "Das ist schon etwas Besonderes", sagt auch Gackstatter im Gespräch mit News5.
Der Umzug sei reibungslos verlaufen und auch das Feedback von außen sei zu fast hundert Prozent positiv ausgefallen. Christina Maier war eine der vielen Zuschauerinnen und hat sich sogar beim Frühstücken extra beeilt, um den Start gegen 8 Uhr nicht zu verpassen. "Das ist ja auch nur noch selten, dass man heutzutage so viele Tiere sieht. Und wie sie durch die Stadt laufen zu ihrem Winterquartier, das hat uns sehr interessiert", sagte sie im News5-Interview. Tatsächlich habe sie noch mehr Tiere erwartet, doch beim Grasen auf der Wörther Wiese konnte sich die Herde auch gut verteilen. "Ich denke, wenn es dann durch die engen Gassen geht, schaut das schon dicht gedrängt aus."
Originalmeldung vom 19.11.2023, 7 Uhr: 600 Schafe ziehen durch Nürnberg - das ist ihre Route
600 Schafe ziehen am Sonntag (19. November 2023) mitten durch die Nürnberger Innenstadt, bestätigt die Stadt auf ihrer Webseite. Schäfer Thomas Gackstatter überquert dabei mit seiner Herde am Vormittag auch den Hauptmarkt, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet.
Jedes Jahr im November macht er sich laut dpa-Informationen mit seinen Tieren auf diese Weise auf den Weg zu den Winterweiden westlich von Nürnberg. Im Sommer grast die Herde auf verschiedenen Wiesen im Stadtgebiet. Der Schafszug startet gegen 8 Uhr im Pegnitztal Ost, zieht dann durch das Pegnitztal zur Wöhrder Wiese, über die Insel Schütt und wird gegen 10 Uhr auf dem Hauptmarkt sein, informiert die Stadt Nürnberg.
Stadt Nürnberg erklärt: Das steckt hinter dem tierischen Umzug
Schafe als Landschaftspfleger in der Stadt - in Nürnberg sei das ganz selbstverständlich, erläutert Gisa Treiber vom Umweltreferat gegenüber der dpa. Neben Gackstatter seien dort noch weitere Schäferinnen und Schäfer mit ihren Herden unterwegs, um in Naturschutzgebieten und auf unzugänglichen Flächen wie auf steilen Deponie-Hängen das Gras abzufressen. Dabei blieben Büsche und Sträucher stehen, sodass ein besonderes Biotop entstehe. "Das ist wertvoll für die Biodiversität", sagte Treiber.
Im Nürnberger Osten wird Gackstatters Herde in der warmen Jahreszeit regelmäßig zur Attraktion für Kinder und Familien in einem Wohngebiet. Auch auf den Wiesen an der Pegnitz gehört sie für Spaziergänger und Radfahrer inzwischen zum Landschaftsbild, so die Deutsche Presse-Agentur.
Für die Wanderschäfer sei die Arbeit mitunter aber auch eine Herausforderung - dann, wenn sie große Straßen überqueren müssten, um von einer Weide auf die andere zu kommen, so Treiber. Meist sind sie deshalb am frühen Morgen und am Wochenende unterwegs - von ihrer Route zeugen später dann nur noch die Hinterlassenschaften der Schafe auf der Straße, berichtet die dpa.
"Pflanzen und Tiere profitieren": Schafe als Landschaftspfleger
Auch andere Kommunen wie Augsburg und Ulm in Deutschland setzen nach Angaben des Deutschen Verbands für Landschaftspflege auf Schafe. "Die Beweidung mit Schafen ist nicht nur der günstigste Weg, eine Fläche offenzuhalten, auch viele Pflanzen und Tiere profitieren von den ökologischen Nebeneffekten. So transportieren Schafe Samen und Kleinlebewesen von einem Ort zum nächsten, durch ihren Tritt entstehen offene Bodenstellen, auf denen lichtkeimende Pflanzen gedeihen können", wird Sprecher Leonhard Stobernack zitiert.