Die Feuerwehr Nürnberg bereitet sich auf den Ernstfall vor: In einer großen Übung wurde die Rettung von Passagieren aus einer brennenden U-Bahn trainiert.
Um 17.40 Uhr geht der Notruf ein. Eine brennender U-Bahn kommt kurz vor der Einfahrt zum Bahnhof "Nordwestring" zum Stehen. Zahlreiche Passagiere sind in der brennenden Bahn eingeschlossen. Der starke Rauch in dem Tunnel macht ein Entkommen unmöglich. Die Brandmeldeanlagen in der automatischen Bahn haben die Feuerwehr verständigt. Mit Blaulicht eilen die Rettungskräfte heran. Von zweiten Seiten will die Berufsfeuerwehr den brennenden Zug im Tunnel erreichen, um die gefangenen Fahrgäste zu befreien.
"Die Situation stellt einen Extremfall dar, der aber dennoch nicht ganz ausgeschlossen werden kann", sagt Thomas Schertel von der Berufsfeuerwehr Nürnberg.
Normalerweise sei mit einem Feuer in der Größe in einer U-Bahn nicht zu rechnen, sagt Schertel. "Aber bei einer Übung brauchen wir eine gewisse Belastung, um zu sehen, was klappt gut, was müsse noch besser laufen", erklärt Schertel während im Hintergrund die ersten Männer mit Atemschutzmasken vor dem Gesicht und Taschenlampen in den Händen hinab in den U-Bahnhof stürmen.
Zusammenarbeit muss im Schlaf funktionieren
Rauch bläst den Rettungskräften entgegen. Die Stimmung am Bahnsteig ist gespenstisch. Die brennende U-Bahn steht rund 200 Meter von der Haltestelle entfernt auf den Gleisen. Damit sich die Rettungsmannschaften nicht selbst gefährden, muss der Strom, der die Bahn antreibt, abgestellt werden. Hier muss das Zusammenwirken zwischen Bahn und Feuerwehr wie im Schlaf funktionieren.
Über einen schmalen Gang gelangen die ersten Einsatzkräfte dann zielstrebig zu den Verletzten. Tragen werden gebracht, um die Schwerverletzten, die nicht mehr auf den eigenen Beinen stehen können, aus dem Tunnel zu bergen.
Derweil bereitet Bastian Richter außerhalb der Röhre einen Gleiswagen für den Einsatz vor. Den wollen die Männer von der Feuerwehr unter im Schacht auf die Gleise setzen, um mit schwerem Gerät an die brennende Bahn zu gelangen. Die Truppe von Martin Wohlfromm hat sich in der Zwischenzeit auf das Ausrollen der Schläuche gekümmert. Ein anderer Einsatzzug nähert sich derweil über einen Notausgang dem brennenden Zug von der entgegengesetzten Seite. Mit einem gigantischen Ventilator versucht die Feuerwehr, den dicken Rauch aus dem Tunnel zu blasen.
Die Einsatzkräfte sind angespannt. Die Männer schwitzen unter ihren Masken.
Auf die leichte Schulter nimmt die Übung niemand in der Truppe. Nur die "Verletzten" wirken seltsam fröhlich beim Verlassen der Unfallstelle in der dunklen Röhre. 13 Statisten nehmen an der Einsatzübung mit dem Horrorszenario rund um den neuen U-Bahnhof "Nordwestring" beim Klinikum Nürnberg-Nord teil. "Wir machen regelmäßig Schulungen mit der Feuerwehr, damit wir für den Ernstfall bestens vorbereitet sind", erklärt Michael Sharp von den städtischen Verkehrsbetrieben VAG. Lange muss der erfahrene Fachmann nachdenken, bis er sich an einen halbwegs vergleichbaren Vorfall aus der Praxis zurück erinnern kann. "Das muss so vor über 20 Jahren gewesen. Da hatten wir mal einen defekten U-Bahnwaggon, der auf dem Weg in die Reparaturwerkstatt das Qualmen angefangen hat", erzählt Sharp und betont, dass Personen damals nicht in der Bahn gesessen seien. Trotzdem müsse der Ernstfall immer wieder trainiert werden, um im unmöglichen Fall der Fälle schnell helfen zu können.
Der U-Bahnhof "Nordwestring" ist noch nicht in Betrieb und eignet sich daher als Übungsterrain hervorragend. Gleichzeitig sind die Übungen in dem neuen Streckenabschnitt auf der verlängerten Linie U3 zwischen dem Friedrich-Ebert-Platz und der neuen Endhaltestelle beim Nordklinikum am Nordwestring vorgeschrieben. Vor dem Hintergrund der Terrorgefahr und Anschlägen auf U-Bahnen wie zuletzt in Sankt Petersburg scheinen dieses Einsatzübungen noch wichtiger denn je zu sein.
Der absolute Extremfall
Szenario Eine brennende U-Bahn kommt noch im Tunnel kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof aufgrund eines technischen Defekts zum Stehen.
Problem Es kommt zu einer starken Verrauchung des Tunnels, wodurch sich die Passagiere nicht selbst retten können.
Hinweis Die automatische U-Bahn der Linie U3 in Richtung Nordwestring sind mit modernen Brandmeldeanlagen ausgestattet. Die fahrerlose U-Bahn fährt laut VAG auch bei einer Brandmeldung noch zum nächsten Bahnhof, damit die Fahrgäste besser gerettet und der Brand schneller gelöscht werden.
Extremfall Die Übung gleicht einem Extremfall. In den Tunneln und Zügen der U-Bahnen wird auf Brandschutz besonderes Augenmerk gelegt.