Viele Jahre hat die Stadt dem Fluss den Rücken zugekehrt. Nun wächst Nürnberg wieder ans Wasser und öffnet das Ufer der Pegnitz für seine Bürger.
Die Pegnitz wirkt seltsam entrückt. In Nürnberg hat man auf den Fluss bislang immer nur von oben geguckt. Von Brücken haben sie in der Frankenmetropole die idyllische Aussicht genossen. Von der Museumsbrücke auf das Heilig-Geist-Spital oder von der Fleischbrücke auf die Liebesinsel. Aber immer standen die Nürnberger über ihrem Fluss - sind nie richtig nah an die Lebensader in der Altstadt gekommen. Mit dem Projekt "Altstadt ans Wasser" soll sich das alles ändern.
Am Südufer der Insel Schütt beim Cinecittá-Kino ist diese Veränderung bereits zu sehen. Die Ufermauer wurde abgesenkt. Sitzstufen aus Sandstein laden in Augenhöhe mit dem Wasserspiegel zum Verweilen ein. Neue Bäume wurden gepflanzt, alter Wildwuchs ausgelichtet, ein paar Bänke für die Gemütlichkeit aufgestellt. Es gibt Treppen und einen barrierefreien Zugang.
Derzeit wird noch an einem Holzdeck gearbeitet, dass wie ein Steg über den Fluss ragen soll. Auf einer Gesamtfläche von knapp 2000 Quadratmeter wurde die 170 Meter lange Uferterrasse neu gestaltet. Mit relativ einfachen Mitteln. Die Wirkung ist dennoch enorm. Was früher abstoßend wirkte, zieht heute die Menschen an. Auch wenn das Pegnitzufer offiziell noch nicht einmal eröffnet worden ist.
Pegnitzufer: fast wie in Venedig
"Voll chillig", sagt Lena und lässt mit ihren Freunden in dieser Sommernacht die Seele am neuen Pegnitzufer baumeln. Der Trubel der Stadt wirkt weit weg. Auf der Wasseroberfläche tanzen die Lichter der Nacht. "Fast wie in Venedig", findet Fabia und die anderen nicken. Erst Ende August, wenn der Rasen robust gewachsen ist, soll die neue Oase eröffnet und der Bevölkerung offiziell übergeben werden.
Viele Nürnberger wollen freilich nicht mehr länger warten und endlich "ihrem" Fluss ganz nahe sein. Rund 350.000 Euro haben die Umbaumaßnahmen am Südufer der Insel Schütt gekostet. Davon haben knapp 200.000 Euro das Land und der Bund bezahlt. Das neue Pegnitzufer beim Cinecittá ist der Auftakt für das Projekt "Altstadt ans Wasser". Nach und nach will die Stadt die Flächen am Wasser aufwerten und den Fluss wieder näher zu den Menschen bringen.
Historisch betrachtet hatten die Nürnberger immer ein enges Verhältnis zu ihrem Fluss. Bis zum Zweiten Weltkrieg wurde in der Pegnitz noch gefischt. Kähne fuhren darauf herum. Die Insel Schütt war bei Kindern als Wasserspielplatz beliebt. Dort gab es auch das "Wildbad". Erst mit dem Wiederaufbau nach 1945 verschwand der Fluss aus Angst vor Überschwemmungen hinter hohen Sandsteinmauern. Das letzte Jahrhunderthochwasser erlebte die Frankenmetropole im Jahr 1909.
Sogar der Hauptmarkt stand damals unter Wasser.
Klimaanlage der Altstadt
Mit dem Projekt "Altstadt ans Wasser" verfolgt die Stadt freilich nicht nur ästhetische Ziele. Die Pegnitz ist auch die Klimaanlage in der Altstadt. An heißen Tagen ist die Temperatur am Wasser deutlich kühler. Um bis zu drei Grad beträgt der Temperaturunterschied zwischen Flussufer und Stadt. In lauen Sommernächten interessieren sich die Menschen für solche Fakten kaum. "Es ist einfach voll schön hier", finden die Freunde am Flussufer und schauen der Pegnitz auf Augenhöhe noch ein bisschen beim sanften Dahinfließen zu.
Die Pegnitz in der Nürnberger Altstadt Innerhalb der Altstadt, von der Steubenbrücke bis zur Hallertorbrücke, erstreckt sich die Pegnitz über eine Länge von 1,2 Kilometer. Damit nimmt der Fluss eine Fläche von über 50.000 Quadratmeter ein. Das entspricht drei Prozent der Altstadt. Aufgrund des Hochwasserschutzes gilt die Pegnitz als "erheblich verändert". Häufig wird das Flussbett von hohen Sandsteinmauern begrenzt. Niedrige Ufer sind mit Holz befestigt. Die Wasserqualität der Pegnitz ist besser als ihr Ruf.
Die Pegnitz wird als "sommerfrisches Fließgewässer mit guter Wasserqualität" eingestuft. Noch ist die Pegnitz zum Baden und Schwimmen nicht freigegeben. Die Pegnitz hat die Gewässergüteklasse II (mäßig belastet). Die Breite des Flussbetts schwankt zwischen 16 und 60 Meter. Bei Normalwasser liegt die Gewässertiefe zwischen 1 und 1,5 Meter. Das Flussbett ist sandig und schlammig. Die Pegnitz ist durch Schwebstoffe leicht getrübt. Im Fluss liegen vier Inseln. Drei Flusswehre regulieren den Wasserstand. Für Fische ist die Pegnitz flussaufwärts nicht durchlässig.