Seminar mit sinnlichen Eindrücken

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Beatriz Pérez Pardo schnuppert am Espartogras, das in ihrer Heimat Spanien wächst. Foto: Popp
Beatriz Pérez Pardo schnuppert am Espartogras, das in ihrer Heimat Spanien wächst.  Foto: Popp
Bei Monika Nickel-Stein (hinten, Mitte) erlernen Teilnehmer die Spiraltechnik. Foto: Popp
Bei Monika Nickel-Stein (hinten, Mitte) erlernen Teilnehmer die Spiraltechnik.  Foto: Popp
 
Monika Engelhardt (links) erklärt, worauf es beim Flechten des Bodens für einen ovalen Korb ankommt. Foto: Popp
Monika Engelhardt (links) erklärt, worauf es beim Flechten des Bodens für einen ovalen Korb ankommt. Foto: Popp
 
Am Weidenhobel werden millimeterschmale Schienen für feine Flechtarbeiten vorbereitet. Foto: Popp
Am Weidenhobel werden millimeterschmale Schienen für feine Flechtarbeiten vorbereitet. Foto: Popp
 
Arbeiten am Boden für einen ovalen Korb Foto: Popp
Arbeiten am Boden für einen ovalen Korb Foto: Popp
 
Carlos Fontales ist aus Spanien nach Lichtenfels gekommen, um die traditionelle Technik des Flechtens mit diesem Material - zum Beispiel in der Herstellung von Schuhen - weiterzugeben. Foto: Popp
Carlos Fontales ist aus Spanien nach Lichtenfels gekommen, um die traditionelle Technik des Flechtens mit diesem Material - zum Beispiel in der Herstellung von Schuhen - weiterzugeben.  Foto: Popp
 
Hier wird die Sohle für den Schuh vorbereitet. Foto: Popp
Hier wird die Sohle für den Schuh vorbereitet. Foto: Popp
 
Nina-Regina Nötzelmann liebt transparente Flechtobjekte aus Weidenschienen. Im Kurs zeigt sie, wie daraus eine ausgefallene Lampe entstehen kann. Foto: Popp
Nina-Regina Nötzelmann liebt transparente Flechtobjekte aus Weidenschienen. Im Kurs zeigt sie, wie daraus eine ausgefallene Lampe entstehen kann. Foto: Popp
 

In der Staatlichen Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung wird auch in den Ferien kreativ gearbeitet.

Trockene, warme Füße sind eine wichtige Voraussetzung, um sich wohl zu fühlen. Wer einmal Schuhe aus Bast oder Stroh getragen, kann sich bestimmt noch an dieses angenehme Gefühl erinnern. Wie bequem sie sind, ist freilich von der Form und Machart abhängig. Aber kalte Füße dürfte man darin nicht haben. Ötzi, der Mann aus der Jungsteinzeit, trug übrigens mit Heu gefüllte Schuhe, die mit einem Geflecht aus Grasschnüren zusammengehalten wurden. Je nach dem, wer sich wo ans Werk gemacht hat, wurden Bast, Stroh, Binsen, Schilf oder bestimmte Gräser, die in der Nähe wuchsen, verwendet, um nützliche Alltagsgegenstände - oder eben auch Schuhe - herzustellen. Im Mittelmeerraum und speziell in Spanien dient das Esparto- oder Halfagras als traditionelles Flechtmaterial. Carlos Fontales, der sich intensiv mit der Erkundung und Weitergabe typischer Flechttechniken seines Heimatlandes beschäftigt, ist aufgefallen, dass das Interesse aus anderen europäischen Ländern daran in den letzten Jahren gestiegen ist. Die Einladung zur Sommerakademie nach Lichtenfels hatte er deshalb gerne angenommen.

Die für jedermann offene Seminarreihe, die in der Ferienzeit an der staatlichen Schule stattfinden, erfreut sich großer Beliebtheit. Die Initiatorinnen und Leiterinnen Henny Riedl und Monika Nickel-Stein sind immer bestrebt, Dozenten zu gewinnen, die spezielle Techniken in wenigen Tagen vermitteln können.


Anfänger und Fortgeschrittene

Teilnehmer sind Anfänger genauso wie versierte Flechter, die sich etwas Neues aneignen möchten, heuer insgesamt rund 60 an der Zahl. Etwas mehr als die Hälfte ist nicht zum ersten Mal dabei. Dietmar Kühlmorgen zum Beispiel hat sich extra Urlaub genommen, um seine Fertigkeiten zu erweitern. Das Flechten mit Esparto interessiert ihn. Zuhause in Leverkusen wächst das zwar nicht, aber am Rand stehender Gewässer oder in feuchten Waldgebieten fänden sich bestimmt vergleichbare Gräser, die man dazu hernehmen könnte. Der Hobby-Flechter ist an der Uni Bonn als Chemotechniker beschäftigt. Bei der Sommerakademie näht er zum ersten Mal geflochtene Zöpfe aus trockenem und etwas breitgeklopftem Gras so zusammen, dass ungefähr die Länge und Form seiner Fußsohlen herauskommt.

Beatriz Pérez Pardo hat so etwas wie ein Heimspiel. Sie kennt das Material nämlich aus ihrer spanischen Heimat. Sie weiß auch, wie es riecht: ein wenig nach Dung, denn bevor Esparto weiterverarbeitet wird, wird ein Fermentierungsprozess eingeleitet. Dünne Stängel oder Gräser, 40 Tage in Wasser eingelegt, verströmen bald einen jaucheartigen Geruch. Nach dem Trocknen ist das nur noch schwach wahrnehmbar. Beatriz, die seit acht Jahren in Erlangen lebt, liebt die Natur und handwerkliches Arbeiten. Es ist ein Ausgleich zu ihrer beruflichen Tätigkeit als Ingenieurin. Sie würde gerne noch mehr an der Flechterschule in Lichtenfels lernen. Dass in diesem Jahr ein Landsmann hier einen Kurs gibt, hatte sie durch Zufall erfahren.

Mehr Anmeldungen hatte es allerdings für den Workshop mit Monika Engelhardt gegeben. Der Lehrsaal, in dem sie zeigt, wie man einen ovalen Korb macht, ist gut gefüllt. Die Flechterin aus dem mittelfränkischen Roth ist zum zweiten Mal bei der Sommerakademie dabei und damit zurück an der Schule, an der sie selbst von 1995 bis '98 ihre Ausbildung absolviert hatte. Außerdem ist sie auch Heilerziehungspflegerin und verbindet häufiger den pädagogischen mit dem handwerklichen Beruf.

Wer bei Monika Nickel-Stein eine Einweisung in das Spiralgeflecht gebucht hat, hat schnellere Erfolgserlebnisse. Schon am ersten Vormittag halten die Teilnehmer erste kleinere Objekte aus ungeschälter Weide in den Händen.


Weidenschienen herstellen

Ein paar Zimmer weiter brauchen die Sommerschüler an diesem ersten Tag besonders viel Geduld, denn der ist allein der Materialvorbereitung vorbehalten. Nina-Regina Nötzelmann, Flechtwerkgestalterin aus Michelau-Neuensee, erklärt den Umgang mit dem Weidenhobel. Es gilt, aus geschälten Weidenruten möglichst gleichmäßig dünne, zarte, schmale Streifen zu schneiden. Erst am zweiten Kurstag wird dann die gestalterische Komponente im Mittelpunkt stehen - mit dem Ziel, eine moderne Leuchte zu formen.

Bis Sonntag wird an der Berufsfachschule die Ferienzeit zur Arbeits- und Entdeckerzeit mit weiteren Dozenten und handwerklichen Fertigkeiten. Einige Teilnehmer, da ist sich Henny Riedl sicher, werden sich auch diesmal gleich wieder die Termine fürs nächste Jahr notieren. Um bei ihrer Urlaubsplanung die Sommerakademie 2017 einkalkulieren zu können...