Am Michelauer Mainwehr soll ein Vorzeigeobjekt in Sachen regionaler Energiegewinnung entstehen. Es gibt aber Gegner.
Vor ziemlich genau einem Jahr hat ein Bamberger Unternehmen ein Vorhaben öffentlich gemacht, am Michelauer Mainwehr ein Ökostromwerk zu errichten. Strom für 290 Haushalte soll es erzeugen, dabei dem sensiblen Umfeld und ökologischen Aspekten Rechnung tragen. Von Mai bis Juni 2015 dauerte die öffentliche Auslegungsfrist. Die Gemeinderäte signalisierten Unterstützung für das Vorhaben, Wasserwirtschaftsamt, Untere Naturschutzbehörde sowie die Fachberatung für Fischerei des Bezirks Oberfranken wurden von Anfang an in die Planung einbezogen. Das musste auch sein, schließlich befindet sich das über 100 Jahre alte Mainwehr in einem schützenswerten Lebensraum, einem FFH (Flora-Fauna-Habitat)-Gebiet.
Der Investor scheute die besondere Herausforderung nicht, die sich daraus ergeben sollten.
Petition im Internet
Noch im Sommer 2015 formulierte die Kreisgruppe des Bundes Naturschutz massive Bedenken gegen die angedachte Wasserkraftanlage. Das ganze Gebiet sei unbedingt zu schonen. Ein Eingriff hätte negative Auswirkungen auf vom Aussterben bedrohte Arten. Der energetische Nutzen sei im Vergleich zum ökologischen Schaden nicht vertretbar.
Zwischenzeitlich hat der Bund Naturschutz mit seinem Kreisvorsitzenden Anton Reinhardt eine Online-Petition initiiert (https://www.openpetition.de/petition/unterzeichner/kein-wasserkraftwerk-am-main-bei-michelau). Innerhalb von gut zwei Wochen trugen sich einige
Hundert Personen ein, 800 waren es gestern. Viele davon aus der Region, viele aber auch nicht. Bis zum 28. Juni kann man noch abstimmen. Auch seitens der Mainfischereigemeinschaft Lichtenfels, des Bayerischen Kanu-Verbandes, des Rudervereins Lichtenfels und des Landesbundes für Vogelschutz wird Ablehnung signalisiert. Zur Begründung werden mehrere Punkte angeführt: Verschlechterung der Flussdynamik und Durchgängigkeit, schwere Beeinträchtigungen von wichtigen Lebensraumfunktionen im FFH-Gebiet, Verlust der Floßgasse als Attraktion für den Kanusport, problematischer Fischabstieg, Schädigung und Tötung von Fischen sowie Zerstörung von Natur und Naherholungsgebiet. Auch eine Entwertung des alten Bauwerks wird genannt, das unter Denkmalschutz stehe. Dies zumindest entspricht nicht den Tatsachen: In der Bayerischen Denkmalliste findet sich kein Eintrag hierzu.
Zur Kritik Stellung genommen
Mit den anderen Kritikpunkten hat die Redaktion den Geschäftsführer der Wertschmied-Group konfrontiert. Norbert Böhm betont, die Firma fühle sich der Ökologie verbunden und haben den Namen Ökostromwerk nicht gewählt, um Augenwischerei zu betreiben. Schon im Vorfeld sei der Standort intensiv und kritisch geprüft worden. "Wir nehmen für uns in Anspruch, eines der ökologischsten Wasserkraftwerke am Obermain zu bauen." Das Unternehmen halte den Eingriff für vertretbar. Böhm betont, man werde keine Turbinen einsetzen, sondern Wasserkraftschnecken, die als fischfreundlicher gelten. Ob trotzdem Fische zu Schaden kommen werden und wie hoch der Anteil sei, wisse auch er nicht. Um dies zu ermitteln, werde es ein Monitoring geben. Er hoffe sogar, dass die Anlage mit ihrem 200 Meter langen Fischpass positiv auf den Bestand auswirken wird.
Und falls dennoch Schäden nachweisbar sein sollten, werde man diese selbstverständlich ersetzen. Er habe gehört, dass es im vergangenen Sommer wegen Trockenheit zu einem Fischesterben im Mühlbach gekommen sei. So etwas würde durch die ausgleichende Wirkung der Anlage nicht mehr vorkommen.
Der Geschäftsführer betont Gesprächsbereitschaft auch gegenüber Kritikern. Etwa den Ruderern wolle man gerne entgegenkommen, damit die Floßgasse zu gewissen Zeiten zu Übungszwecken genutzt werden kann. "Da muss man miteinander reden - unsere Tür steht offen. Ich sehe da Lösungswege."
Für dezentrale Energieerzeugung
Den Einwand, dass verhältnismäßig wenig Strom an dem Mainwehr erzeugt werden könne, betrachtet der Ingenieur differenziert. Die künftige Stromerzeugung werde eher dezentral sein.
Wasserkraft sei geeignet, Hohe Schwankungen in den Netzen, wie sie etwa bei Solar- und Windkraft vorliegen, auszugleichen und stabilisierend zu wirken. Auch dafür geben es Geld. "Der Blumenstrauß in der Energieversorgung wird bunt", betont Norbert Böhm. Es müsse viele kleine Beiträge geben - und einen wolle sein Unternehmen leisten.
Bei dem Erörterungstermin am Donnerstag, 23. Juni, im Lichtenfelser Landratsamt, will Böhm das Projekt nach der aktuellen Planung präsentieren. Er wisse, dass mit dem Betrieb des Wasserkraftwerks starke Auflagen verbunden sein würden, sagt er. "Die sind auch notwendig." Letztlich werde das Landratsamt die Entscheidung fällen.