Die Verhandlung wegen versuchten Totschlags in einer Weismainer Flüchtlingsunterkunft zieht sich in die Länge.
Er hatte nicht die Absicht zu töten, er wollte seinen Mitbewohner und dessen Gäste nur Angst machen. Dennoch hatte das Ereignis vom Juli letzten Jahres in der Asylbewerberunterkunft in Weismain ein Nachspiel vor der großen Jugendkammer am Landgericht in Coburg. Einen 20-Jährigen Asylbewerber aus dem Iran wird versuchter Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vorgeworfen.
Auslöser des Streits war eine Feier, die sein Mitbewohner zusammen mit weiteren Landsleuten in dem gemeinsamen Zimmer veranstaltete. Bei der Feier wurde Bier getrunken und zur Musik getanzt. Kurz bevor der 20-Jährige das gemeinsame Zimmer betrat, hatte er seinen Mitbewohner eine Nachricht per Handy zukommen lassen mit der Aufforderung, die Feier zu beenden, sonst würde er kommen und alles mit einem Holzknüppel zerschlagen.
Eigentlich habe er sich mit seinen Zimmergenossen gut verstanden, erklärte der Beschuldigte. Nur wenn sein Zimmergenosse Besuch hatte, "dann war ich nicht mehr Herr im eigenen Haus", übersetzte der Dolmetscher. Als der 20-Jährige schließlich sein Zimmer mit der Aufforderung betrat, die Feier zu beenden, entwickelte sich eine handgreifliche Auseinandersetzung, in deren Verlauf er seinen Zimmergenossen mit einem Klappmesser am Daumen verletzte.
Schwierige Aufgabe fürs Gericht
Das Gericht unter Vorsitz von Richter Christoph Gillot hatte die schwierige Aufgabe Licht ins Dunkel der Geschehnisse zu bringen. Zum Messer will der 20-Jährige erst in seinem Zimmer gegriffen haben. Dagegen sagten seine fünf als Zeugen auftretenden Landsleute bei der ersten Vernehmung durch die Polizei aus, dass er bereits mit einem Messer in der Hand den Raum betreten habe, dabei aggressiv aufgetreten sei und die Drohung "verlasst mein Zimmer, sonst bring ich Euch um" ausgestoßen hatte.
Anders bei der Vernehmung am Mittwoch. "Er war ein guter Mensch, er hat mich respektiert. Als Zimmergenossen waren wir wie Brüder", zitierte der Übersetzer seinen Mitbewohner, einen 34-Jährigen Iraner, der sich in Widersprüche verwickelte. Ob das Wort "umbringen" gefallen sei, daran konnte er sich nicht mehr so genau erinnern. Den Messerangriff seines Mitbewohners will er mit einem beherzten Griff an dessen Handgelenk abgewehrt und ihn anschließend aus dem Zimmer gebracht haben.
Für das Gericht stellte sich die zentrale Frage, was passiert wäre, wenn der Zimmergenosse den Angriff nicht abgewehrt hätte, ob es Stichbewegungen gab und wenn ja aus welcher Richtung? Was Staatsanwalt Christian Pfab im Verlauf der neunstündigen Verhandlung mehr als einmal verwunderte, war, dass die Aussagen aller Zeugen während der Verhandlung deutlich von den Erstaussagen bei der Polizei abwichen und dass sich mancher bereits nach wenigen Monaten nicht mehr an die Details des Geschehens erinnerte. "Die Erlebnisse haben für Flüchtlinge im Heim eine andere Bedeutung, als für andere Menschen", rechtfertigte sich ein 29-jähriger Student. Weitere Zeugen gaben für ihr mangelndes Erinnerungsvermögen persönliche Probleme oder die Einnahme von Medikamenten ein. Auch wurde die Frage laut, ob es sich bei den ersten Zeugenvernehmungen möglicherweise um einen Übersetzungsfehler handeln könnte. Eine im Vorfeld der Verhandlung getroffene Absprache verneinten die Zeugen. Eine mögliche Erklärung für die oft unkonkreten Angaben gab der iranische Übersetzer. "Iraner reden oft um den heißen Brei herum." Dass es auf eine konkrete Frage keine konkrete Antwort gibt, sei ein Grundmodus der iranischen Sprache. Wenig zur Aufklärung trugen auch die beiden weiblichen Zeuginnen bei, die sich ebenfalls auf Gedächtnislücken beriefen. Seine hochschwangere Verlobte beschrieb den 20-Jährigen als ruhig und kinderlieb. Von seinen Drogenkonsum will sie nichts mitbekommen haben.
Weil er Schwierigkeiten im Iran hatte, schickte ihn einer seiner neun Onkel väterlicherseits nach Deutschland, wo er bei Öffnung der Grenzen ankam. Seine Kindheit war geprägt von der Scheidung der Eltern, vom Drogenkonsum des Vaters und seiner Onkel sowie von der Gewalt der erwachsenen Familienmitglieder untereinander und als "Erziehungsmittel" auch den Kindern gegenüber.
Unreife Persönlichkeit
Obwohl er kaum zur Schule ging, erhielt er von einem Onkel ein Zeugnis mit Noten ausgestellt. Mit zehn Jahren hat er dann die Schule verlassen, um anschließend sieben Tage in der Woche bei seinen Onkel als Hilfsarbeiter zu arbeiten. In der Kindheit im Iran begann auch sein Drogenkonsum und die bis heute anhaltenden psychischen Probleme, die letztlich auch in Selbstverletzungen und in Selbstmordversuchen mündeten. Laut dem Gutachten der Jugendgerichtshilfe handelt es sich bei den 20-Jährigen um eine unreife Persönlichkeit mit Reiferückständen, die aufgrund der mangelnden Bereitschaft, die deutsche Sprache zu lernen, nicht aufholbar seien.
In seinen Gutachten sprach Dr. Christoph Mattern von einer Borderline-Störung und einer hirnorganischen Schädigung, die er aufgrund von Sprachdefiziten als kaum therapierbar bezeichnete. Am heutigen Freitag wird die Verhandlung in Coburg mit der Vernehmung weiterer Zeugen fortgesetzt.
"dann war ich nicht mehr Herr im eigenen Haus"...dem sollte man erst mal erklären was ihm gehört und was nicht
Warum wird sowas verrhandelt ??? sofort abschieben !!!