Frühmorgens die Natur erkunden

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Ja wo sind sie denn? Die Teilnehmer, beinahe jeder mit einem Fernstecher in der Hand, suchten in den Morgenstunden nahe der Therme nach Vögeln. Foto: Markus Häggberg
Ja wo sind sie denn? Die Teilnehmer, beinahe jeder mit einem Fernstecher in der Hand, suchten in den Morgenstunden nahe der Therme nach Vögeln.  Foto: Markus Häggberg

Ein interessierte Gruppe machte sich frühmorgens unter der Führung von Wolfgang Hüttner auf, heimische Vogelarten zu hören und zu sehen.

Samstagmorgen nahe der Therme, kurz nach 6 Uhr: Drrrrr, drrrrr, drrrr. Wenig später wieder: Drrrr, drrrr, drrrr. Menschen heben ihre Ferngläser, legen sie an die Augen und suchen dem Geräusch optisch auf die Spur zu kommen. Was es ist, kann Wolfgang Hüttner (69) nur allzu gut sagen. Nur wo es ist, das bleibt noch für Momente die Frage. Drrrr, drrrr, drrrr - "Das ist ein Grünfink", erklärt der Wanderführer Hüttner, und wie er das so sagt, schwingt etwas von der Absicht mit, auch die übrigen zehn Personen für diese Wahrheit begeistern zu wollen. Aber das muss der Bad Staffelsteiner nicht unbedingt tun, denn er hat es mit gut ausgerüsteten Wanderteilnehmern zu tun, versierten sogar. Die erste und heuer vorletzte Vogelwanderung der Kurverwaltung hatte nur einen kleinen Haken: Wolken, Tropfen, Regen.


Es liegt ein Reiz in den derzeitigen frühen Morgenstunden: die Einbettung des Erwachens einzelner Tage im Rahmen der gesamten Natur. Aber die gesamte Natur ist nun gerade nicht Hauptthema, es sind die Vögel. Wobei ein Wolfgang Hüttner, langjähriger Wanderführer und bewährt in vielen Biotop- und Nistkasteneinsätzen, nicht ohne Hinweise auch auf besonders geformte Pflanzen am Wegesrand umhin kommt. Aber was er als "Wahnsinn" empfindet, ist der Umstand, dass er schon vor zwei Wochen junge Amseln gesehen hat. Die Natur ist im Wandel, die Vogelwelt mit ihr. Denn aus Ziehern werden Teilzieher, ziehen also nicht mehr gänzlich in die Ferne, sondern nur noch in die Halbdistanz. Weil die Winter hierzulande milder wurden und es ein Afrika zum Überwintern nicht mehr unbedingt braucht. Der Gartenrotschwanz ist so ein Teilzieher geworden, Länge 14 cm, Flügelspannweite 22 cm.

Der Weg soll um Therme und großen See führen. Das Dunkel der Wolken wird sichtbar, aber die Gruppe bleibt beieinander. Der Lichtenfelser Robert Hönninger gehört dazu: auch er mit Fernglas bewehrt, auch er nicht erstmalig dabei und von den Lenzen her irgendwo in der Nähe des zu vermutenden Teilnehmerdurchschnittsalters von rund 70. "Ich finde das toll", so der Lichtenfelser zu den seit rund zehn Jahren angebotenen Wanderungen. Von Berufs wegen schrecken ihn die frühen Aufstehzeiten nicht, der Mann war Bäcker.


Starten, wenn es noch ruhig ist

Der zeitige Start der Touren, so Hüttner, müsse sein. Denn: "Um diese Zeit ist es noch ziemlich ruhig, später dann kommen die Jogger und die Hunde, und die Autos fahren hier rum." Gegen 6.10 Uhr passiert der Tross einen umgeknickten Baumstamm, offensichtlich von einem Biber erlegt. Es ist die Lauter, die hier fließt und von Kopfweiden gesäumt wird. Zerklüftet wirkende Bäume, bestens für Vogelnistplätze geeignet. Dabei kommt das Gespräch auch auf die Wasseramsel, die über keine Schwimmhäute verfügt und ihre Nahrung trotzdem unter Wasser sucht. Hüttners Arme breiten sich aus, um eine Strecke zu beschreiben, an der ein guter Bestand verbürgt sei: sechs Paare in Nistkästen von der Therme bis zur Ellner-Mühle. Wenig später, es geht gegen 6.30 Uhr, gelingt Wolfgang Hüttner ein Satz von loriot`schem Charme. Ein Vogel sitzt hinter schon dichtem Blattwerk verborgen und Hüttner meint: "Der Vogel ist unscheinbar." Dann ist eine Nachtigall zu hören. 13 Gesänge habe sie drauf, erklärt Hüttner und beginnt einen akustischen Flirt mit ihr. Es ist hell geworden. Und vernieselt. Die Gruppe entschließt sich zu einem abkürzenden Rundgang und löst sich dann auf. Doch, so Hüttner, das Interesse an der Natur sei schon noch da. Aber das ließe sich eher bei Kindergartenkindern beobachten. Ihm persönlich machen die Gänge durch die Natur noch sehr viel Spaß, auch weil er die Touren durch vorheriges Abgehen vorbereiten muss und sich freue, "wenn sich die Leute freuen". "So lange ich noch laufen kann, möchte ich das machen", sagt er. Aber einen Nachfolger gibt es derzeit ohnehin nicht. Kurz nach 7 Uhr: Der Regen wird stärker, die Gruppe geht auseinander.