Zwangsverrentung ab 2027? Wen das betreffen könnte und was es bedeutet

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Werden Bürgergeldbezieher ab 2027 gezwungen, früher in Rente zu gehen? Warum die Zwangsverrentung wieder eingeführt werden könnte.

Ab 2027 könnte die Zwangsverrentung für Beziehende von Bürgergeld wieder eingeführt werden. Bis zum 31. Dezember 2026 greift noch eine Schutzregelung, die vor Zwangsverrentungen bewahrt. Was nach Ablauf dieser Frist passiert, ist noch offen. Wir beleuchten, was Zwangsverrentung bedeutet und welche gesetzlichen Vorlagen dieser Regelung zugrunde liegen, sowie was Bürgergeld-Empfänger tun können, wenn es zum Ernstfall kommt. 

Rechtliche Grundlagen

Die Möglichkeit einer Rückkehr zur Zwangsverrentung liegt in der aktuellen Befristung der bisherigen Schutzregelung im Rahmen des Bürgergeldes. Mit der Einführung des Bürgergelds 2023 wurde im Gesetz, genauer gesagt im Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs, im § 12a SGB II, eine Regel formuliert, die bis zum 31. Dezember 2026 gilt. Diese sieht vor, dass Leistungsberechtigte nicht verpflichtet sind, eine vorzeitige Altersrente zu beantragen. 

Der Kern der Zwangsverrentung liegt im Grundprinzip des Sozialrechts. Denn Bürgergeld ist nachrangig. Das bedeutet, bevor das Jobcenter Bürgergeld zahlt, müssen alle anderen möglichen Einnahmequellen, also vorrangige Leistungen, ausgeschöpft werden. Dazu zählen unter anderem die Altersrente, die Erwerbsminderungsrente, das Wohngeld, das Kindergeld, der Unterhaltsvorschuss und viele andere mehr. Das heißt: Das zuständige Jobcenter könnte wieder fordern, dass Bürgergeld-Bezieher, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, eine Altersrente beantragen, und zwar auch dann, wenn sie das gar nicht wollen. 

Eine dauerhafte Abschaffung der Zwangsverrentung ist gesetzlich nicht vorgesehen, vielmehr wurde eine zeitliche Ausnahme geschaffen. Diese Regelung wird aktuell als Moratorium interpretiert, was bedeutet, dass juristisch gesehen eine bestimmte Regelung aufgeschoben ist. Läuft diese Befristung aus, kann das Instrument der Zwangsverrentung wieder greifen. Planmäßig wird das ab dem 1. Januar 2027 der Fall sein. 

Auswirkungen auf Bürgergeld-Beziehende

Würde die Zwangsverrentung ab 2027 wiederkommen, wären insbesondere Bürgergeld-Empfänger im Alter ab 63 Jahren betroffen, sobald sie die formalen Voraussetzungen für einen Rentenbezug erfüllen. Konkret wären das die Mindestversicherungsjahre in der Rentenversicherung und das Erreichen eines bestimmten Mindestalters. 

Bei einer Zwangsverrentung drohen den Betroffenen erhebliche finanzielle Nachteile. Bei einer vorzeitigen Altersrente fallen Abschläge an. Das sind in der Regel 0,3 Prozent pro Monat bei vorzeitigem Renteneintritt. Wer also vier Jahre früher in Rente gegangen ist, bekommt bis zu 14,4 Prozent weniger Rente, und das sogar lebenslang. 

Diese Aussicht bedeutet für viele Bürgergeld-Bezieher einen erhöhten Druck. Ihre ohnehin schon schwierige wirtschaftliche Lage könnte sich weiter verschärfen. Besonders Geringverdiener, Menschen mit lückenhaften Lebensläufen bzw. Erwerbsbiografien oder langzeitarbeitslose ältere Menschen sind gefährdet, unter dieser Regelung zu leiden. Sie riskieren, im Alter trotz Rentenbezug auf Grundsicherung angewiesen zu sein. Damit würden sie aus einem Grundsicherungssystem in das nächste fallen. 

Praktische Tipps: So können Betroffene reagieren

Wenn du demnächst 63 Jahre alt wirst oder diese Altersgrenze bereits erreicht hast, solltest du prüfen, ob du die notwendigen Versicherungsjahre erfüllst. Nur dann kann eine Zwangsverrentung vom Jobcenter verlangt werden. Gleichzeitig lohnt es sich, den Rentenbescheid bzw. die eigene Rentenhistorie zu prüfen. Wann hast du gearbeitet und wann warst du im Bürgergeldbezug? Prüfe auch, ob Zeiten im Bürgergeldbezug als Versicherungszeiten zählen, zum Beispiel, weil du als Minijobber gearbeitet hast.

Das Gesetz sieht Ausnahmen vor, bei denen eine Zwangsverrentung unzumutbar sein kann. Diese sind etwa bei bestehender Beschäftigung, bei einer Aussicht auf eine neue Arbeit oder wenn die vorzeitige Rente zu gravierenden finanziellen Einbußen führt. Dann greift die sogenannte Unbilligkeitsverordnung. Das kann ein Ansatzpunkt sein, um sich gegen eine Zwangsverrentung zu wehren. 

Gegen eine Zwangsverrentung gibt es auch Rechtsmittel, die du anwenden kannst. Wenn du eine Aufforderung vom Jobcenter erhältst, solltest du nicht vorschnell zustimmen. Widerspruch einzulegen und dir Hilfe bei einer Beratungsstelle oder einem Sozialverband zu holen, kann sinnvoll sein. Auch ein Antrag auf Erwerbsminderungsrente oder eine Berufstätigkeit mit sozialversicherungspflichtigem Job können Schutz vor einer Zwangsverrentung bieten. 

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