Ein Marktplatz voller Schnäppchen

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Damenräder führen die Riege der Drahtesel an, die zur versteigerung vor dem Rathaus aufgestellt sind. Fotos: Andreas Welz
Damenräder führen die Riege der Drahtesel an, die zur versteigerung vor dem Rathaus aufgestellt sind. Fotos: Andreas Welz
"Zum Ersten, zum Zweiten, Zum Dritten" - Marliese Trütschel leitet die Auktion auf dem Marktplatz.
"Zum Ersten, zum Zweiten, Zum Dritten" - Marliese Trütschel leitet die Auktion auf dem Marktplatz.
 
Andreas Voelckel hat für seinen Sohn Markus ein Mountainbike ersteigert.
Andreas Voelckel hat für seinen Sohn Markus ein Mountainbike ersteigert.
 

Ein buntes Völkchen hatte sich am Mittwoch eingefunden, als die Stadt jene Fundsachen versteigerte, die von ihren Eigentümern nicht abgeholt wurden. Mancher Bieter konnte bereits mit den ersten Weihnachtsgeschenken nach Hause gehen.

Dass fast jede Ware hierzulande nach dem Hau-drauf-Prinzip verhökert werden kann, haben wir den alten Römern zu verdanken. Die führten die Auktion offiziell als Handelsform ein, sie verscherbelten die Güter allerdings nicht unter dem Hammer, sondern unter dem Speer.

Seit damals sind ein paar hundert Jahre vergangen. Aber dass so mancher Käufer ein echtes Schnäppchen machen kann, das soll es heutzutage auch noch geben. Zum Beispiel am Mittwoch, vor dem Haupteingang des Lichtenfelser Rathauses.

Das kultivierte Feilschen auf dem Marktplatz lockte ein paar Dutzend Aktionäre an. "Fünf Euro zum Ersten, zehn zum Zweiten und zum Dritten", dann schlägt Marliese Trütschel vom Fundbüro den Gummihammer auf das Pult, und ein älterer Herr ist stolzer Besitzer eines Mountainbikes. "Nicht für mich, sondern für den Enkel", sagt er fast entschuldigend.



Wie auf Omas Speicher

Vor dem großen Korb neben dem Rathaus sieht es fast aus wie auf Omas Speicher: es stapeln sich allerhand Kisten unter dem langen Tisch. Kleidungsstücke und Bündel von Regenschirmen sind hier gelagert; daneben ist ein Kleiderständer zu sehen, der unter seiner Last fast zusammenbricht.

Vorn, neben dem Pult, lagern die Pretiosen: Eheringe, Silberkettchen mit Kreuz, goldfarbene Armreife, Fingerringe mit Steinen. So richtig echt sind sie wohl nicht, denn mehr als fünf Euro pro Stück sind sie den Bietern nicht wert.

Und schon hallt es wieder über den Platz: "Ein Damenfahrrad in Schwarz und Lila, anfangsgebot fünf Euro!" Man überbietet sich gegenseitig, und der Preis klettert auf 55 Euro - an diesem Tag ist das ein Spitzenergebnis. Nur das Pocket-Bike bringt fünf Euro mehr.

"Die Gegenstände werden beim Schützenfest, im Hallenbad, in den Bussen, an Haltestellen, auf Parkbänken oder in der Stadthalle vergessen", erklärt Hauptamtsleiter Manfred Diller. Ein halbes Jahr werden sie im Bauhof aufbewahrt, falls der rechtmäßige Besitzer seinen Anspruch geltend macht. Dann aber werden sie versteigert.


Nur magerer Gewinn für die Stadt

Was bei der Auktion nicht ersteigert wird, das muss entsorgt werden. Die Ausbeute der Versteigerung sei eher gering, sagt Diller. "Im letzten Jahr kamen 1067 Euro zusammen." Das Geld komme in die Stadtkasse. Spielekonsolen, Geldbeutel, Taschen, Handys, Kuscheltiere, Mützen, Akkuschrauber und Musikinstrumente haben einst, als sie noch neu waren, einmal das Zigfache gekostet.

Gerade hat Gerhard Huberth aus Schney eine elfenbeinfarbene Jacke mit gelbem T-Shirt für drei Euro ersteigert. Er kommt seit 15 Jahre regelmäßig hierher. Seine Begehrlichkeit gilt Fahrrädern, Mopeds, Kleidungsstücken für Wind und Wetter und Handys. "Das meiste verschenk' ich", sagt er und hat schon ein Fahrrad ausgespäht. Ihm macht ein wenig der Nervenkitzel Spaß, das Mitbieten und die Frage, wie weit er mitzugehen bereit ist.

Ein Herr aus Grundfeld zieht ein Bündel Geldscheine aus der Tasche, um zu bezahlen: das erste Schnäppchen, das er an diesem Tag macht, ist ein Schmuckstück. Doch dann geht's munter weiter. "Das Fest" stehe schließlich bald vor der Tür, sagt er, und dafür brauche man eben Geschenke. Gern komme er deshalb zu dieser Auktion, um möglichst rechtzeitig die ersten Weihnachtsgeschenke einzukaufen.

Andreas Voelckel hat inzwischen für seinen Sohn Markus ein Mountainbike ersteigert. "Er studiert Chemie in Würzburg, und dort werden viele Fahrräder geklaut", sagt der Arzt. Er denke oft an seine eigene Studienzeit zurück, als er auch mit dem Drahtesel zur Uni geradelt sei.

Der Himmel ist verhangen, Regen droht, doch das Team des Fundbüros ist vorbereitet. Zur Not kann man sich in die Lobby des Rathauses zurückziehen. Eine Mitarbeiterin des Bürgerbüros erinnert sich, dass einmal sogar ein rotes Auto auf dem Marktplatz versteigert wurde.