Benedicta (geboren 1963) wuchs zusammen mit ihren Brüdern Clemens (geb. 1965), Sebastian (geb. 1967) und Hubertus (geb. 1971) in Frankreich auf, wo ihre Eltern, Klaus und Donata von Dungern (geb. von Lewinski, 1935-2015), den Gutshof bewirtschafteten. Nur in den Sommerferien kamen die Kinder nach Oberau zu den Großeltern. Weil es damals nur wenige Autobahnen gab, dauerte die Fahrt von Chérence an den Main rund 14 Stunden.
"Es wurde sehr schnell gebaut"
Das riesige Kieswerk erstreckte sich in den 1960ern rund um Schloss Oberau. "Es wurde sehr schnell gebaut", sagt Benedicta von Dungern. Ihr Bruder Hubertus ergänzt: "Der Kies wurde für den Autobahnbau gebraucht - man sagt: zwischen Würzburg und Nürnberg ist alles aus Oberauer Kies."
In einem Nebengebäude des Schlosses befand sich das Büro des Kieswerks. "Um Oberau herum muss ständig eine Staubwolke gewesen sein", erinnert sich Benedicta von Dungern. Für ihre Großeltern war dies "mit Sicherheit keine schöne Zeit". Die Kinder sahen das freilich anders. Für sie war die Kraterlandschaft, die durch den Kiesabbau entstanden war, ein riesiger Abenteuerspielplatz. "Wir nutzten jede Gelegenheit, um auszubüxen", sagt Benedicta. Die großen Muldenkipper-Lastwagen, die Kieshalden, riesige Sandhaufen und die Fördertürme beeindruckten die Kinder sehr. Sobald der Betrieb abends ruhte, begannen sie ihre Streifzüge. "Wir sind mit den Fahrrädern auf den Förderbändern gefahren" - obwohl das natürlich verboten war.
Endlos lange Güterzüge
Vom Staffelsteiner Bahnhof zweigte damals eine Bahntrasse ab, die zum Kieswerk führte. "Der Kies wurde sehr schnell gebraucht, musste schnell abtransportiert werden", erinnert sich die Baronesse. Zunächst geschah dies vor allem mit scheinbar endlosen Güterzügen, später verstärkt mit Lastwagen.
Nachdem die Kiesbänke ausgebeutet waren, verschwanden die Maschinen und Förderanlagen allmählich wieder. Als ihr Großvater Bernd 1977 starb, hatte ihr Vater Klaus das Gut Oberau bereits übernommen, aber es fehlte in Oberau jemand von der Familie. Baron Klaus setzte nacheinander mehrere Verwalter ein. "Sukzessive kaufte mein Vater die Flächen zurück", erzählt sie.
Eine Mondlandschaft renaturiert
Doch rund ums Schloss sah es trostlos aus. "Renaturierung kann man das nicht nennen", es galt, die Mondlandschaften zu beseitigen und etwas aus den "großen Pfützen" zu machen, wie sie die Seen nennt. Der Westsee hat 28 Hektar Wasseroberfläche, der Mittelsee 23 - ohne den angeschlossenen Riedsee, der später unter der Regie der Stadt Staffelstein entstanden ist.
"Wir wollten Oberau nach und nach zu einem Freizeitort machen", erinnert sich die Freifrau. Erst kamen die Camper und Segler, dann die Tagesgäste. "Ein Verwalter konnte diese Umgestaltung aber nicht schultern, das musste ein Familienmitglied in die Hand nehmen was unser Großvater Bernd so mutig begann."
Also zog Benedicta von Dungern 1988/89 aus Frankreich nach Franken. In Oberau wollte sie jedoch nicht für immer bleiben, sie hatte andere Pläne, wollte Veterinärmedizin studieren. "Aus der Übergangslösung wurde eine Dauerlösung", resümiert sie. 1994 begann sie damit, das 1872 erbaute Schloss zu sanieren: "Leerstand ist für solche Häuser Gift." 1976 wurde das Dach des nicht unter Denkmalschutz stehenden Herrenhauses neu gedeckt. Es folgten der Einbau von Wasserleitungen und Heizung, neuen Doppelfenstern und vielem anderen. Ein großes Projekt für den so kleinen Betrieb.
Schloss wurde zu einem Juwel
"Das Haus hat viel Ausstrahlung, es ist ein Juwel geworden", beschreibt sie das Schloss, das mit Möbeln und Bildern der Familie von Dungern ausgestaltet ist. Fünf Zimmer und einige Ferienwohnungen bietet Benedicta von Dungern für Urlaubsgäste an - und natürlich die Festsäle. Das Schloss in dem großen, naturbelassenen Park kann für Familienfeiern gemietet werden.
"Die letzte Fläche kaufte ich Mitte der 90er-Jahre zurück", fährt sie fort, so dass nun die kompletten Grundstücke des Gutes Oberau wieder in Familienbesitz sind. Weil diese Grundstücke zu jener Zeit weder Wald noch Wiese gewesen sind, waren sie als "Unland" gewidmet.
In der Tat: Wären im weiteren Umfeld des Schlosses heute nicht noch einige wenige Relikte der Kiesindustrie, käme kaum einer auf die Idee, dass sich hier einmal eines der größten Kieswerke Europas befunden hat. Irgendwo im Auwald findet sich, wenn man sucht, die Betonplatte der Fahrzeugwaage. Die letzten Eisenbahngleise verschwanden vor wenigen Jahren. Nur auf Luftbildern ist der ehemalige Gleiskörper bei genauem Hinsehen noch schemenhaft zu erkennen.