Das Leben wie einen Fluß meistern

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Die Gruppe bildete für das gemeinsame Gebet ein großes Floß aus einzelnen Kanus. Foto: Markus Häggberg
Die Gruppe bildete für das gemeinsame Gebet ein großes Floß aus einzelnen Kanus. Foto: Markus Häggberg

Zu einer Kanu-Wallfahrt hatte Pfarrer Helmuth Bautz auf den Main eingeladen. Für die Teilnehmer war es eine besondere Art, Spiritualität zu erfahren.

Wer hier sein Paddel in den Main eintaucht, kann es stromabwärts bis nach Viereth bringen. Aber wird er dann meditiert haben? Dass Kanufahren Möglichkeiten zu Besinnlichkeiten bieten könnte, schwebte der Bad Staffelsteiner Kur- und Urlauberseeelsorge vor. Am Samstag sollte der Weg das Ziel sein - der Wasserweg.

"Das Leben ist wie ein großer Fluss", meint Pfarrer Helmuth Bautz und findet, man solle sich von ihm tragen lassen. Und ihm fiel noch etwas auf, nämlich dass Jesus gerne Berge und Gewässer aufsuchte. Was also lässt sich dort an Spiritualität finden? Die Antwort darauf sollten rund 20 Teilnehmer für sich selbst finden, individuell Perspektivwechsel vornehmend, Vergleiche ziehend bis zur Endstation Ebensfeld.

Einer der Flusswanderer ist Reiner Mager aus Fürth. Nicht zum ersten Mal ist er dabei und nun sitzt er während einer Verschnaufpause unter den Akazien an der Haltestelle Nedensdorf.
Ein kleines Buffet ist aufgebaut, denn das Paddeln und die Stromschnellen verlangen dem Teilnehmer auf Dauer etwas ab. Es sei "die Kombination daraus, etwas in der Natur zu machen, was mit der Familie zu machen und auf das zu hören, was der Pfarrer sagt", erklärt er den Reiz, der für ihn vom Angebot einer Kanu-Erlebnistour im Flussparadies Obermain ausgeht.
Die Strecke von Hausen bis hierher hat er genutzt, um sich gedanklich einem Zitat Bautz' zu widmen: "Das Leben ist wie ein großer Fluss", will meinen, man wird durch die Zeiten und Umstände getragen, gerät in Stromschnellen, muss selbst steuern, darf sich aber auch treiben und tragen lassen. Gerade Letzteres, so Bautz, sollte bedacht werden.

Joachim Wegner ist tätig für die Evangelische Kirche. Die Boote, die er über seinen Kanu-Verleih stellte, nennt man Kanadier, leicht zu bedienen und aus strapazierfähigem Kunststoff. Indianer des nördlichen Amerika haben ursprünglich die abgerundeten Formen des Bugs und des Hecks ersonnen. So besonders die Boote, so besonders auch der Main, der nach Wegners Worten größte deutsche Fluss, der entlang einer Ost-West-Achse fließt. Wo, wenn nicht hier, kann ein Perspektivwechsel zum Leben und überhaupt gelingen?


Zur Gemeinschaft wachsen

Entlang der Senke des Mains, nur kurze Spannen über der Wasseroberfläche, verabschiedet sich die Zivilisation, indem sie aus dem Blick gerät. Jetzt ist man selbst Indianer, Suchender, Nachsinnender, bemerkt das amazonasgleiche Wurzelwerk der nur halb im Wasser stehenden Bäume, das Schimmern des Wassers und der darauf liegenden Teppiche aus Pflanzen. Womit die heimische Natur hier Ähnlichkeit hat, ist Urwald.

Drei Mann bzw. Frauen sitzen in einem Boot, müssen zu einer Fahrgemeinschaft wachsen, Fürsorge zeigen, Stromschnellen ausweichen. Erst hinter Viereth wäre für einen Privatpaddler mit derlei Schluss, würde er doch dann auf internationale Wasserwege geraten. Wer einen Perspektivwechsel auf die Heimat vornehmen möchte, fährt hier richtig. Selbst die ob ihrer gelb-blauen Farbe gescholtenen Brücken bei Wiesen wirken von unterhalb schön.

Gemeinsam gebetet und gesungen wurde auch, dann beispielsweise, als sich die Kanus auf dem See in Wiesen zu einem Floß formten. Auch das war ein Programmpunkt des Kanuwanderns. Nach etwas über vier Stunden war das Wandern vorbei. Wer etwas zu sich erfahren hat, tat dies höchst individuell.