600 Jahre Lichtenfelser Scharfschützengesellschaft

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Die meiste Zeit für die Chronik wendete Peter Hoja am Esszimmertisch auf. Hier fand die Sichtung des "Rohmaterials" statt. Foto: Markus Häggberg
Die meiste Zeit für die Chronik wendete Peter Hoja am Esszimmertisch auf. Hier fand die Sichtung des "Rohmaterials" statt.  Foto: Markus Häggberg

Peter Hoja hat durch seine Arbeit für die Lichtenfelser Scharfschützengesellschaft einen Beitrag zur Geschichtsforschung geliefert. Sein Anspruch war es, ein wichtiges Nachschlagewerk für die nächsten Jahrzehnte zu erstellen.

Vereinschroniken wirken oft unantastbar. Altvordere und ihre Zeit sind dort verewigt und gleichzeitig entschwunden zwischen Papier und Buchdeckeln, überzogen mit einer Patina aus Gilb und Sütterlin. Die Chronik der Königlich-privilegierten Scharfschützengesellschaft stammt aus dem Jahr 1960, Peter Hojas Geburtsjahr.

"Die Stunden habe ich nicht gezählt", umreißt Hoja seinen Aufwand für die neue Chronik der Scharfschützen. Es sei ihm auch nicht wichtig gewesen, dies kleinkrämerisch zu tun. Aber gut zwei Jahre lang war er mit dem Thema befasst, hauptsächlich an den Wochenenden und an freien Tagen. Selbst gewählte Auferlegung, könnte man sagen, denn es geschah ja auf Hojas eigene Anregung, denn die Schützen feiern heuer ihr 600-jähriges Bestehen.

Der Schützenbruder Hoja ist gelernter Kaufmann. Das ist der Broterwerb, der Beruf. Daneben aber existieren noch Funktionen und Leidenschaften.
Zum Beispiel die eine, Schriftführer der Scharfschützen zu sein, zum Beispiel diese andere, in einer Unterabteilung in die Rolle von Westernschützen zu schlüpfen. Als Westerner beweist er, dass er gerne in Geschichte abtaucht, als Schriftführer ist er zuständig für die Führung und Verwaltung der Mitgliederlisten, die An- und Abmeldungen im Verein, für die Protokolle und für die Presseberichte.

Privatarchiv ist gewachsen

Mit der Zeit wuchs auf diese Weise bei Peter Hoja selbst ein kleines Privatarchiv zur Geschichte der Königlich-privilegierten Scharfschützen heran. Überhaupt wollte er so professionell wie möglich herangehen. "Der Anspruch an mich und das Werk war, eine Chronik zu schaffen, die für die nächsten Jahrzehnte ein wichtiges Nachschlagewerk bleibt."

"Die Hauptquellen sind die Chroniken von 1960 und die kurze Fassung von 1985. Somit waren die Jahre bis 1985 eigentlich abgedeckt", erklärt Hoja. Aber wie fängt man eine Chronik an?

In einem Gespräch mit Stadtarchivarin Christine Wittenbauer und Bezirksheimatpfleger Günter Dippold kam die Quellenlage zur Sprache. Dippold und Wittenbauer versicherten die Glaubwürdigkeit und Ernsthaftigkeit der zur Verfügung stehenden Aufzeichnungen. Die wurden von Heinrich Meyer gemacht, einem ehemaligen Stadtarchivar, der "für perfekte Arbeit bekannt" ist, erklärt Hoja. Eine gute Basis, schon darum, weil weitere Quellen nur schwer hätten aufgetan werden können. Es würde der Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen gleichen, sagt Hoja.

Und doch konnte er mit Ruth Müller und Rudolf Großmann auf zwei Zeitzeugen zurückgreifen, die das Gesellschaftsleben ab der Zeit des Zweiten Weltkriegs in Erinnerung hatten. "Weiterhin sind im Stadtarchiv Lichtenfels sämtliche noch vorhandenen Unterlagen der Schützengesellschaft archiviert, dies betrifft Bände mit Protokollen, Zeitungsberichten, Briefen... diese wurden von mir auch in mehreren ganztägigen Sitzungen ausgewertet", sagt Hoja, der zudem die Zeitungsarchive durchforstete.

Trainierende Schützen vor 1413?

Trotzdem war die Quellenlage nicht immer einfach. So habe Hoja festgestellt, dass sich die Gründungsurkunde von 1413, die auch in Berichten der Stadt Lichtenfels aufgeführt wird, an einem unbekannten Lagerort befindet. Über diesen Umstand gestolpert, tendiert Hoja mittlerweile zu der Annahme, dass es trainierende Schützen in Lichtenfels schon vor 1413 gegeben haben muss. Eine Schlussfolgerung: "Die Stadt war (1231) befestigt mit Holzpalisaden, Mauern, oder ähnlichem, d. h. aber auch, wenn eine Stadt eine Befestigung hat, macht diese nur Sinn, wenn eine Verteidigung stattfinden kann. Das heißt aber doch auch, dass dann jemand geschossen haben muss." Des Schriftführers Theorie mündet in den Gedanken, dass, wenn jemand schießt, er auch treffen sollte. Dazu bedarf es der Übung, die irgendwo stattgefunden haben muss.

Entnervt sei er auch ab und an gewesen, gesteht der 53-jährige Lichtenfelser. "Vor allem, wenn ich auf die Mithilfe von anderen angewiesen war, und von dort nichts kam." Zugesagte Bilder und Berichte seien bei ihm mit Verspätung eingetroffen, was seine innere Stimme habe sagen lassen: Für wen machst du das eigentlich?
Versöhnt mit dem Ergebnis scheint er aber doch. Auch wenn einzelne Puzzleteile gefehlt hätten, habe es sich Schritt für Schritt zu einem Gesamtbild zusammengefügt. Zeitaufwendig war es, das Chronikschreiben. Aber es beantwortete ihm nicht nur Fragen, es warf auch welche auf: Hoja fragt sich, wo und ob es in Haushalten Dokumente zu Fragen um die Stadtverteidigung gibt. Es liest sich so, als wolle ihm nicht in den Kopf, dass vor 1413 keine organisierten Schützen in Lichtenfels gelebt haben sollen.