Zu viel Kunststoff im Biomüll

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Es landet zu viel Plastik im Biomüll. Selbst kompostierbare Kunststofftüten sind in vielen Fällen nicht ideal.
Es landet zu viel Plastik im Biomüll. Selbst kompostierbare Kunststofftüten sind in vielen Fällen nicht ideal.
Martin Kreklau

Eine neue Bioabfallverordnung soll die Umwelt vor dem Eintrag von Mikroplastik schützen, doch die Umsetzung bereitet Probleme. Die Zeche könnte am Ende der Verbraucher zahlen.

Im Bundesrat wurde unlängst eine Novelle der Bioabfallverordnung verabschiedet. Das Ziel: Der Eintrag von Mikroplastik in den Verwertungskreislauf und damit in die Umwelt soll reduziert werden. "Die Idee ist löblich, aber da hat man auf dem halben Weg aufgehört zu denken", sagt Heiko Gunsenheimer, Betreiber der Kompostieranlage Eichner im Kulmbacher Stadtteil Katschenreuth.

Die Novelle sieht neue Grenzwerte für den Plastikanteil im Biomüll vor. Gunsenheimers Schwierigkeit: Nicht der Verbraucher ist am Ende für die Einhaltung verantwortlich, sondern der Verwerter. Er muss sich also mit einem Problem befassen, dessen Auslöser er nicht beeinflussen kann.

Als einer der ersten Landkreise dabei

Detlef Zenk ist Leiter des Fachbereiches Abfallberatung und Deponiebetrieb am Landratsamt Kulmbach. Er erklärt, dass die Biotonne einerseits eingeführt wurde, um die Restmüllmenge zu reduzieren, andererseits um die Wertstoffe aus dem Biomüll etwa zu Kompost oder Biogas weiterverarbeiten zu können. Der Landkreis Kulmbach sei schon seit 1994 dabei - und damit als einer der ersten Landkreise in Bayern. "Damals sind 30 Freiwillige von Tür zu Tür gegangen und haben über die Verwendung der Biotonne aufgeklärt", sagt Zenk. "Dadurch hatten wir zu Beginn eine sehr hohe Qualität." Qualität heißt in diesem Fall, dass zunächst wirklich nur das in der Biotonne landete, was auch hineingehört. Doch mit der Zeit habe die Disziplin nachgelassen - und der Landkreis habe sie trotz Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit bislang nicht wieder entscheidend steigern können. "Von 700 Mülltonnen bleiben etwa 20 stehen", sagt Zenk. Das liege nicht nur an Plastik, sondern auch an Metall, Glas und anderen sogenannten Störstoffen, die im Biomüll landen.

Nach der neuen Verordnung ist der Verwerter, also in diesem Fall Heiko Gunsenheimer, dafür verantwortlich, zu prüfen, wie hoch der Fremdstoff-Anteil im Biomüll ist. Übersteigt dieser die zulässigen Grenzwerte, müsste Gunsenheimer den Müll abweisen. Der Landkreis Kulmbach wäre dann für die weitere Entsorgung verantwortlich. Der verunreinigte Bioabfall käme als Restmüll in die Müllverbrennungsanlage - das verteuere laut Gunsenheimer zum einen die Entsorgung und zum anderen gingen wertvolle Rohstoffe verloren. Weder Zenk noch Gunsenheimer können sich vorstellen, wie so eine Prüfung vor der Leerung der Biotonnen aussehen könnte. Man bräuchte einen Plastik-Detektor - doch den gibt es nicht. Eine andere Option wäre laut Zenk, dass die Tonnen bereits bei der Abholung genauer untersucht würden. Doch das erhöhe den Personalaufwand und mache einen zusätzlichen Schutz der Mitarbeiter notwendig, da das häufige Einatmen von Abfall-Dämpfen gesundheitsschädlich sein könne.

Der Bürger ist in der Pflicht

Die Lösung liegt auf der Hand: "Der Bürger müsste besser mitmachen", sagt Gunsenheimer. Würde der Biomüll wie vorgesehen in der Tonne landen, gäbe es kein Problem. Allerdings mache es die Industrie dem Verbraucher nicht gerade einfach: "Da werden Plastiktüten als Öko-Müllbeutel gekennzeichnet, weil sie beispielsweise aus recyceltem Material hergestellt sind. Für den Verbraucher ist das dann nicht immer eindeutig von einem kompostierbaren Beutel zu unterscheiden", sagt Gunsenheimer. Ähnliches gelte für kompostierbares Geschirr: Dieses sei in seiner Erscheinung kaum von Plastik-Geschirr zu unterscheiden.

Hinzu kommt, dass kompostierbare Kunststoffe viel länger brauchen, um zu verrotten. In Katschenreuth sei das kein Problem, da der Biowertstoff hier sechs bis acht Monate liegt, bis er zu Kompost wird. In großen industriellen Anlagen seien es zum Teil nur zwei bis maximal drei Monate. Dann behindern die Tüten den Kompostier-Prozess, weshalb sie mancherorts, etwa im Nachbarlandkreis Bamberg, bereits verboten sind. In Kulmbach bleiben die Beutel aber zunächst erlaubt, wenngleich sich das laut Zenk schnell ändern könne.

In Sachen saubere Mülltrennung sagt er: "Wir versuchen, die Menschen mit Information zu erreichen. Aber vielen ist es egal. Es geht leider oft nur über Kontrolle und Strafe." Er setze darauf, dass Industrie und Wissenschaft den kompostierbaren Kunststoff schnell weiterentwickeln. Er verbindet damit die Hoffnung, dass am Ende weniger normales Plastik in den Biotonnen landet.

Für den Verbraucher hat die neue Verordnung zunächst keine Auswirkungen, denn die Müllgebühren sind für die kommenden drei Jahre festgelegt. So lange gilt auch eine Übergangsphase, in der die neue Verordnung noch nicht ganz so streng umgesetzt wird. Doch schon jetzt steigen die Kontrollen, die Biotonne bleibt immer öfter stehen. Sollten sich der Aufwand und die Kosten für den Entsorger und den Verwerter erhöhen, dann steigen über kurz oder lang die Müllgebühren. Und diese Zeche zahlt am Ende der Verbraucher - aber er hat es quasi selbst in der Hand.