Die Frist für Einwendungen gegen die vorläufigen Pläne für das neue Gewerbegebiet im Kulmbacher Ortsteil Melkendorf ist abgelaufen. 446 Gegner haben mit ihrer Unterschrift protestiert. Unter ihnen ist auch die Familie Mohr. Sie würde die Umsetzung des Vorhabens besonders hart treffen.
Es ist ein kleines Paradies, das sich die Familie Mohr in der Mangersreuther Straße geschaffen hat. Vor 18 Jahren haben Arnold und Margit Mohr das Anwesen gekauft, angetan von der ruhigen Lage in der freien Natur. Haus und Gelände bieten Platz für eine große Familie, die Kinder sind hier groß geworden, jetzt spielen die Enkel in dem schönen Garten mit den vielen selbst gepflanzten Bäumen.
"Wir wären umzingelt von Beton"
Doch mit der Idylle könnte es bald vorbei sein. Das Anwesen liegt mitten im geplanten neuen Gewerbegebiet Melkendorf. "Das war schon ein Schock, als wir Mitte Juni einen Brief von der Stadt bekamen. Da haben wir erstmals von den Plänen erfahren", sagt Arnold Mohr. Sollte die Planung so realisiert werden, würde das die Lebensqualität der Familie deutlich einschränken. "Wir wären dann umzingelt von Beton."
Am 1. Juli fand im Melkendorfer Sportheim eine Bürgerversammlung statt, bei der die Stadt erste Pläne öffentlich zur Diskussion stellte. Bis zum vergangenen Freitag hatten die Bürger Zeit, sich dazu zu äußern und Einwände und alternative Vorschläge vorzubringen.
Viele Kulmbacher haben davon Gebrauch gemacht. Es sind nicht nur Anwohner aus Melkendorf, die gegen die Pläne zu Felde ziehen, sondern auch Bürger aus dem Neubaugebiet Galgenberg, der Heinrich-Hoffmann-Straße und der Siedlung, die künftig statt ins Grüne auf Beton blicken werden, wenn das Gewerbegebiet wie geplant umgesetzt wird. Zahlreiche Einwände wurden vorgebracht, es gab aber auch zustimmende Äußerungen, so Tobias Günther von der Pressestelle der Stadt auf Nachfrage der BR.
Freilich überwiegen die Wortmeldungen der Gegner. So wurde im Rathaus eine Unterschriftenliste übergeben, unterzeichnet von 446 Bürgern, die die Ausweisung des Gewerbegebiets verhindern möchten. Weitere Listen sind noch im Umlauf. Dazu haben die Gegner ihre Argumente in einer Stellungnahme zusammengetragen.
Ein Stück Natur wird zerstört
Neben der gefürchteten Belästigung durch Lärm und Abgase ist es vor allem die Verschandelung der Landschaft, gegen die sich die Bürger wehren. "Es wird halt wieder einmal ein Stück wunderschöne Natur zerstört", sagt ein Anwohner, der namentlich nicht genannt werden möchte. "Für uns ist das bislang ein geschätztes Naherholungsgebiet. Außerdem haben wir Verantwortung für nachfolgende Generationen und dürfen nicht einfach alles zupflastern."
Die Fläche verkleinern?
Unterschrieben haben auf der Liste auch Margit und Arnold Mohr, die inzwischen einen Gesprächstermin im Rathaus hatten. "Wir haben schon den Eindruck, dass man dort Verständnis für unsere Situation hat und nach einer verträglichen Lösung sucht", sagt Margit Mohr. Der von Oberbürgermeister Henry Schramm kürzlich geäußerte Vorschlag, das Gewerbegebiet abzuspecken und einen Teil der Fläche aus der Planung herauszunehmen, würde die Situation etwas entschärfen. Wohnhaus und Garten der Familie sowie das Grundstück ihres Nachbarn und ein kleiner Grünstreifen neben dem Garten würden dann ausgeklammert.
Ob das reicht? Die Mohrs bezweifeln das und haben schon darüber nachgedacht, ihr Zuhause aufzugeben und wegzuziehen. "Das ist für uns eine schwierige Situation. Wir wissen nicht, was wir machen sollen, denn eigentlich möchten wir nicht weg." Er könne den Standpunkt der Stadt nachvollziehen, dass Gewerbeflächen nötig sind, sagt Mohr, aber vielleicht gebe es auch andere Möglichkeiten.
Die Stadtverwaltung wird sich in den nächsten Wochen intensiv mit den Einwänden beschäftigen. Diese betreffen laut Tobias Günther von der Pressestelle sowohl die Größe und die Art der Bebauung als auch Zweifel an der Notwendigkeit des Gewerbegebiets. "Die Stadt nimmt diese Einwände selbstverständlich sehr ernst. Sie werden ins gesetzliche Verfahren eingebracht, bewertet und anschließend dem Stadtrat vorgelegt, der sich in seiner nächsten Sitzung erneut mit dem Thema beschäftigen wird."