Untersteinach: Glückliche Wende im Fall Mamo

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Abschied von Untersteinach: Ismael Mamo (Zweiter von links) zieht zu Verwandten in den Raum Köln. Für die Unterstützung in den zurückliegenden Monaten ist er (von links) Heiner Beyer, Pfarrer Wolfgang Oertel, seinem Freund Manhal Keshfa und allen Spendern sehr dankbar. Foto: Matthias Beetz
Abschied von Untersteinach: Ismael Mamo (Zweiter von links) zieht zu Verwandten in den Raum Köln. Für die Unterstützung in den zurückliegenden Monaten ist er (von links) Heiner Beyer, Pfarrer Wolfgang Oertel, seinem Freund Manhal Keshfa und allen Spendern sehr dankbar. Foto: Matthias Beetz
Serhat Mamo Foto: privat
Serhat Mamo Foto: privat
 

Erlösende Nachricht für Ismael Mamo: Der Syrer, der bis Donnerstag in Untersteinach wohnte, bekommt einen Sondertermin im Generalkonsulat in Istanbul. Dann kann endlich auch sein schwer kranker Sohn nach Deutschland kommen.

Es sind sensationelle Neuigkeiten, die Ismael Mamo am Freitag auf seinem Weg zu seinem neuen Wohnort in der Nähe von Bonn erreichten: Der syrische Flüchtling, der viele Monate in Untersteinach lebte, kann am 18. August mit seiner in der Türkei zurückgebliebenen Familie das deutsche Generalkonsulat in Istanbul aufsuchen und dort die Familienzusammenführung in Deutschland beantragen. Damit hat eine lange Ungewissheit endlich ein Ende - und sein schwer kranker Sohn Serhat kann wieder Hoffnung haben, von seinem Nierenleiden geheilt zu werden.

Noch am Donnerstag musste Ismael Mamo davon ausgehen, dass er erst im Februar 2016 sein Anliegen vortragen kann. Niedergeschlagen war er aus Istanbul zurückgekehrt, wo er für einige Tage seine Familie besucht hatte.
Im Konsulat hatte man ihm diesen für ihn unfassbar späten Termin genannt.

Ein Frage von Tagen

Am Freitag dann die völlig überraschende Wende: Andrea Boujjia von der Kulmbacher Migrationsberatung der Caritas bekam vom Auswärtigen Amt die Nachricht, dass für die Familie Mamo ein Sondertermin im deutschen Generalkonsulat vereinbart wurde. Schon am 18. August kann in Istanbul die Familienzusammenführung beantragt werden. Und dann wird es nach ihrer Erfahrung nur wenige Tage dauern, bis sich die Familie auf den Weg machen kann.

Andrea Boujjia hatte schon vor Monaten Kontakt mit dem auswärtigen Amt aufgenommen und dort die Lage der Familie dargelegt - inklusive der gesundheitlichen Situation des zwölfjährigen Serhat.

Für zahlreiche Untersteinacher war es zu Beginn des Jahres keine Frage gewesen, dass sie helfen. Insgesamt 2865 Euro spendeten sie, damit der Junge dringend benötigte Medikamente bekommen kann. Medikamente, die rund 200 Euro im Monat kosten und für die keine Krankenversicherung aufkommt. Zu diesem Zeitpunkt musste sein Vater von 319 Euro im Monat leben.

Die evangelische Kirchengemeinde hatte eigens ein Spendenkonto geöffnet. Heiner Beyer, der sich um die ausschließlich männlichen Asylbewerber in Untersteinach kümmert, organisierte den Geldtransfer privat, um enorme Bearbeitungsgebühren zu vermeiden.

Sieben Operationen erfolglos

Nach sieben Operationen wegen eines Nierenleidens in Syrien ist der Junge noch immer nicht geheilt. "Es geht ihm nicht gut. Er bekommt nur Medizin gegen die Schmerzen", sagt sein Vater Ismael, der monatelang jeden Euro sparte, um die Familie wenigstens einige Tage in Istanbul besuchen zu können. Nach der Rückkehr am Donnerstag war sichtlich deprimiert. Mamo fand nur schwer Worte. Inzwischen ist auch seine Ehefrau erkrankt: Diabetes.

Der 45-Jährige hat schon vor Jahren seinen Job als Mitarbeiter der syrischen Eisenbahn in Aleppo verloren. Dann schlug er sich als Taxifahrer durch. Und als der Terror losbrach, flüchtete die Familie in ihr Heimatdorf an der syrisch-türkischen Grenze. Dort sollte sich der Vater an bewaffneten Auseinandersetzungen beteiligen. Am Ende stand die schwere Entscheidung, für das Wohl der Familie und vor allem von Serhat in die Türkei zu fliehen. Ismael Mamo stellte in Deutschland Asylantrag, kam daraufhin nach Oberfranken.

Dass es in Istanbul allen gut gehen würde, kann Ismael Mamo nicht behaupten. Zwei seiner drei Kinder schlagen sich mit Gelegenheitsjobs durch, um Lebensmittel und eine kleine Zwei-Zimmer-Wohnung bezahlen zu können. Schule? Nicht daran zu denken. Auch die Krankenhausbesuche von Serhat sind streng reglementiert. Anweisung der türkischen Regierung. "Ich kann einfach nicht verstehen, dass das alles so lange dauert", hatte Mamo noch am Donnerstag verzweifelt geklagt.

Isabella Burger von der Ausländerbehörde im Landratsamt sieht sogar eine Möglichkeit, das anstehende Verfahren nochmals zu verkürzen: Wenn Ismael Mamo eine sogenannte deutsche Vorabzustimmung zur Familienzusammenführung vorlegt. Und die kann er nach bereits erfolgter Bewilligung des Asylantrags bekommen.

Umzug zu Verwandten

Am Freitag hat der 45-Jährige Untersteinach schweren Herzens verlassen. "Ich habe hier sehr viel Unterstützung bekommen", sagt er dankbar. Nun aber beginnt die Orientierung im Behördendschungel für ihn von Neuem - bei Verwandten in der Nähe von Bonn. Dass er auf baldige Familienzusammenführung hoffen darf, macht für ihn natürlich vieles leichter.

Wolfgang Oertel wird sicherstellen, dass die für Medikamente notwendigen 200 Euro Serhat weiterhin erreichen. Von den 2865 Euro sind noch gut 1300 Euro übrig. Oertel hat sich bereits mit der Kirchengemeinde am neuen Wohnort von Ismael Mamo in Verbindung gesetzt, um alles Notwendige zu veranlassen.

Und er wird das Spendenkonto für die Asylbewerber in Untersteinach nicht schließen, sondern weiter Geld sammeln. "Es ist tragisch. Die große Politik blickt auf die Gesamtsituation. Aber wenn man örtlich Kontakt mit Einzelschicksalen hat, dann brennt das auf der Seele. Man hat das Gefühl der Hilflosigkeit", hatte er noch am Donnerstag gesagt.

Am Freitag dann auch beim Pfarrer Freude pur: "Das ist gigantisch, einfach unbeschreiblich. Das ist die beste Nachricht, die Ismael erreichen kann."

Heiner Beyer, dem der Pfarrer "rührende Fürsorge in der Flüchtlingsarbeit" bescheinigt, forderte beim Abschied am Donnerstag, dass endlich Bewegung in den Behörden-Apparat kommt: "Dieser Fall verlangt äußerste Humanität", hatte er gesagt. Und die hat die Familie Momo nun tatsächlich erfahren dürfen.