Über 150 Beschäftigten droht berufliches Aus

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Ein Bußgeld sowie ein Betretungs- und Beschäftigungsverbot drohen Beschäftigten im Gesundheitswesen, die nicht geimpft sind.
Ein Bußgeld sowie ein Betretungs- und Beschäftigungsverbot drohen Beschäftigten im Gesundheitswesen, die nicht geimpft sind.
Symbolbild: Ronald Rinklef
Oliver Hempfling, Jurist am Landratsamt.
Oliver Hempfling, Jurist am Landratsamt.
Werner Reißaus/Archiv

Seit März gilt die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Wer nicht geimpft ist, muss mit einem Beschäftigungs- und Betretungsverbot rechnen. Es sind Einzelfallentscheidungen, wie Jurist Oliver Hempfling vom Kulmbacher Landratsamt betont.

Seit Mitte März gilt die einrichtungsbezogene Impfpflicht im Gesundheitswesen. Im Landkreis Kulmbach wurden 206 Frauen und Männer von ihren Arbeitgebern - Klinikum, Senioren- und Pflegeheime, Arzt- oder auch Physiotherapie-Praxen - der Kreisverwaltungsbehörde als ungeimpft gemeldet. Vielen von ihnen drohen ein Bußgeld sowie ein Beschäftigungs- und Betretungsverbot, wie Oliver Hempfling, Jurist am Landratsamt, im Interview erläutert. Bei 50 Personen ist die Gefahr inzwischen aber zumindest vorübergehend schon wieder gebannt.

Herr Hempfling, der 15. März war der Stichtag. Bis dahin mussten Arbeitgeber die Beschäftigten melden, die keinen Impf- oder Genesenennachweis beziehungsweise ein Attest vorgelegt haben, mit dem sie dokumentieren, dass sie aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden können. Die Daten von wie vielen Beschäftigten wurden Ihnen übermittelt?

Uns wurden 206 Mitarbeiter gemeldet. 50 davon sind aus dem Verfahren zumindest befristet oder teilweise sogar ganz herausgefallen, weil sie sich nach dem Stichtag infiziert haben und danach für drei Monate den Gesenenstatus besitzen, krankheitsbedingt derzeit nicht tätig oder zwischenzeitlich vollständig geimpft sind.

Wie läuft das Prozedere ab?

Wir haben alle zunächst zu einem Beratungsgespräch eingeladen, das mit Ärzten im Impfzentrum geführt wird. Dabei hat sich gezeigt, dass die Meinungen relativ gefestigt sind, sich kaum einer davon überzeugen lässt, sich doch noch impfen zu lassen.

Wer sich nicht impfen lässt, dem droht ein Bußgeld.

Das stimmt. Die Nichtvorlage des entsprechenden Nachweises über die Impfung, die Genesung oder einer Kontraindikation gilt als Verstoß gegen die im Infektionsschutzgesetz des Bundes festgelegte Verpflichtung und ist bußgeldbewährt. Der nächste Schritt ist für uns nun, die ersten Bußgeldverfahren in die Wege zu leiten. Diese beginnen mit der erneuten Aufforderung, einen entsprechenden Nachweis vorzulegen. Erfolgt dies nicht, folgt dann als zweiter Schritt, wie in jedem Bußgeldverfahren, eine Anhörung des beziehungsweise der Betroffenen.

Wie hoch ist das mögliche Bußgeld?

Der Maximalbetrag liegt bei 2500 Euro. Wie hoch das Bußgeld ist, kann man aber nicht pauschal sagen, weil es immer einer Einzelfallentscheidung ist. Bei der Festlegung der Höhe spielt beispielsweise auch die Frage eine Rolle, ob jemand das Beratungsgespräch besucht hat oder nicht.  

Nicht nur der Bußgeldbescheid, auch ein Beschäftigungs- und Betretungsverbot kann verhängt werden.

Das ist die letzte Stufe. Ob ein Beschäftigungs- und Betretungsverbot ausgesprochen wird, ist eine schwierige Ermessensentscheidung. Das geht nicht im Hauruckverfahren. Da müssen viele Aspekte beleuchtet werden, auch die Frage, ob bei einem Ausfall des oder der Mitarbeiter die Versorgungssicherheit einer Einrichtung noch gewährleistet wäre. Jeder einzelne Fall, jede einzelne Person und mit ihr jede einzelne Einrichtung müssen gesondert betrachtet werden.

Muss der Betroffene sofort den Arbeitsplatz verlassen, wenn ein Beschäftigungs- und Betretungsverbot ausgesprochen wird? Oder gibt es da eine Übergangsfrist?

Der Betroffene kann den Klageweg beschreiten. Er kann Klage beim Verwaltungsgericht einlegen, wenn die abgewiesen wird, die Entscheidung vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München prüfen lassen. Von Gesetzes wegen gilt ein Sofortvollzug. Beantragt jemand aber einen einstweiligen Rechtsschutz, wird der Vollzug ausgesetzt. Der Mitarbeiter kann dann bis zur endgültigen Entscheidung weiter arbeiten.

Die von den Arbeitgebern gemeldeten Personen, die sich nach dem Imkrafttreten der Regelung Mitte März infiziert haben, genießen bis Mitte des Jahres den Genesenenstatus. Das Verfahren gegen sie wird damit frühestens im Sommer wieder anrollen. Paragraf 20a des Infektionsschutzgesetzes, der die Impfpflicht beinhaltet, läuft aber Ende 2022 aus. Kann es sein, dass dieser Personenkreis, auch wenn er nicht geimpft ist, aufgrund der Dauer des Verfahrens um ein Beschäftigungs- und Betretungsverbot herumkommt?

Wir müssen grundsätzlich abwarten, wie sich die Corona-Lage gerade im Herbst entwickelt, welchen Weg die Politik vorgeben wird. Vielleicht kommt nach der einrichtungsbezogenen ja doch noch die allgemeine Impfpflicht. Es kann sein, dass wir Ende des Jahres merken, dass wir uns die Arbeit hätten sparen können, wenn die einrichtungsbezogene Impfpflicht auslaufen sollte.

Wir sind als Vollzugsbehörde aber an das geltende Recht und Gesetz gebunden. Wir wollen die jetzt von uns geforderten Entscheidungen mit Augenmaß treffen, versuchen uns dabei auch in die Lage der Betroffenen zu versetzen. Wir verstehen natürlich ein Stück weit den Altenpfleger, der geimpft sein muss, während der Bewohner des Seniorenheims, um den er sich kümmert, ungeimpft sein kann.