124 Gegenstände der Töpferei Renner haben es ins Grassi-Museum für angewandte Kunst in Leipzig geschafft.
"Goldene Töpfe" hat Autorin Marlene Jochem ihr Buch genannt. Es widmet sich einzig und allein einem Thema: den Töpferwaren der Töpferei Renner - auf 128 Seiten in deutscher und in englischer Sprache. Und das Beste: Die Töpfer hatten keine Ahnung, dass ein Buch über sie geschrieben wird.
"Die Autorin hatte einmal bei uns angerufen und uns über unsere alte Keramik ausgefragt", erinnert sich Töpfer Friedrich Sommer noch haargenau. Doch das ist schon drei Jahre her. Dann habe man nichts mehr von der Autorin gehört. Friedrich Sommer hatte eigentlich gedacht, dass sie einen Artikel über Thurnau schreiben wollte - in einer Zeitung. Nicht mehr. Als jetzt das prächtige Buch - als Belegexemplar - ins Haus geflattert ist, sind Friedrich und Mechthild Sommer sowie Eva Potzel aus allen Wolken gefallen.
Denn das ganze Buch beleuchtet die Geschichte der Töpferei Renner.
Haus mit Tradition
Und die ist lang: Schon seit 1884 besteht sie. Otto Renner hatte das Haus von einem Besitzer namens Grassy gekauft. Dann übernahmen Fritz und Babette Renner die Töpferei, dann Helene und Herbert Sommer und jetzt führen Friedrich und Mechthild Sommer sowie Eva Potzel das Traditionshaus weiter.
Der Anlass für das Buch war eine noch größere Überraschung für die Thurnauer Töpferfamile: Das Grassi-Museum für angewandte Kunst in Leipzig hat die Sammlung Reimers übernommen. Und die besteht aus "124 Irdengefäßen, die in den 1950er- und 1960er-Jahren in der oberfränkischen Töpferei Renner entstanden sind", erklärt das Buch selbst.
Das Besondere an den Gefäßen ist, dass es sich um alltagstaugliche Gebrauchskeramik handelt, die sich an den harmonischen Gefäßkörpern der Vergangenheit orientiert. Mit den leuchtenden Glasuren seien die Töpferwaren aus Thurnau etwas Besonderes, schwärmt die Autorin. "Die Irdengefäße zeugen von langer Handwerkstradition gepaart mit gestalterischem Talent."
"Wir haben uns riesig über dieses Buch gefreut. Wir wussten auch nicht, dass die Sammlung Reimers jetzt an das Museum für angewandte Kunst gegeben worden ist", erklärt Friedrich Sommer. Dass Lotte Reimers die Töpferwaren aus Thurnau gesammelt hat, wusste er allerdings schon.
Lotte Reimers war selbst die "Grande Dame der Keramikkunst". Gemeinsam mit Jakob Wilhelm Hinder hat sie sich immer für den Erhalt der Handwerkskunst eingesetzt.
Waren von anno dazumal
Kurios an Buch und der Sammlung Reimers allerdings ist, dass die Töpferei Renner auch heute noch die Tonwaren aus guter alter Zeit herstellt und verkauft. Genau dieselben Tonsachen, wie sie im Museum für angewandte Kunst zu sehen sind. "Pfannen mit Deckel machen wir seltener", sagt Friedrich Sommer. Und auch bei den Ausmaßen der Stücke hat sich einiges geändert. So hat seine Frau noch einen Gänsebrater aus Ton als Dekoobjekt - das Meisterstück von Friedrich Sommer: 5,8 Kilo schwer und groß genug für eine Gans für zehn Personen.
"Aber leider passt dieser Bräter nicht mehr in moderne Öfen", sagt Mechthild Sommer lachend.
Doch kleinere Pfännchen ohne Deckel und vor allem die legendären "Rohrhafen" (geschwungene bauchige Krüge mit auffälligem Ausgießer) in Rohrform gibt es heute noch. Und sie sind beliebt wie eh und je. "Aber jeder Töpfer hat eine etwas andere Form", erklärt Eva Potzel und erkennt auf Anhieb ihre eigenen. Die ihres Vaters sind ein bisschen bauchiger.
Auch die "Erbsenschüsseln" gibt es noch im aktuellen Sortiment der Töpferei Renner. Das sind bauchige Gefäße, die sich hervorragend zum Herstellen von Mus eignen. "Wir nehmen sie immer zum Herstellen von Apfelmus. Man gibt einfach die gekochten Äpfel in die Gefäße, drückt sie durch - das Apfelmus wird dann nicht so fein", erklärt Eva Potzel. Im Fachbuch sind die Erbs- oder Apfelmusgefäße allerdings als Siebe tituliert.
"Man kann sie natürlich auch als Sieb benutzen. Manche Kunden seihen darin sogar ihre Nudeln ab. Die mögen die Gefäße gerne, weil man sie wegen der Henkel so gut anfassen kann und die Nudeln schön abschütteln kann."
Auch bei der Glasur hat sich in der Töpferei Renner bis heute nichts geändert. Es gibt sie noch die traditionellen mit Eisenoxid gefärbten Tonwaren, die jetzt im Museum zu sehen sind. "Aber es ist ein sehr schönes Gefühl, dass wir jetzt unser eigenes Buch haben. Und dass unsere Sachen jetzt im Museum für angewandte Kunst sind", freuen sich alle Mitglieder der Familie Renner über die Überraschung der etwas anderen Art.