Milchspeise im Gotteshaus? Für Laien klingt das seltsam, für die Spezialisten ist das ganz normal, sagt Pfarrerin Marie-Luise Matt-Fröhlich. Insgesamt 960 000 Euro kostet die Sanierung der Martinskirche in Harsdorf.
Marie-Luise Matt Fröhlich zeigt an die Decke über ihr. "Da ist Quark drin", sagt sie ganz selbstverständlich - und lächelt dabei, wohlwissend, dass es für den Laien etwas seltsam klingt. Quark? Ganz normaler Speisequark? Ja, Quark. Das haben ihr die Restauratoren erklärt, die dem barocken Kirchenschiff der Martinskirche wieder zu neuem Glanz verhelfen. Auf der Hose der evangelischen Pfarrerin haben die Arbeiten an der Stuckdecke auch schon Spuren hinterlassen. Pfarrerin Matt-Fröhlich klopft sich den Staub von der Jeans und lacht, das gefalle ihr, Baustellen sind doch was Interessantes! Sie baut mit ihrem Mann gerade selbst privat ein Haus in Harsdorf - und pendelt momentan zwischen zwei Baustellen.
Vor 50 Jahren zuletzt saniert Aber mit echtem Speisequark wird nur hier auf der Kirchenbaustelle hantiert. So hat man im 18. Jahrhundert gearbeitet und so arbeiten deshalb auch die Restauratoren. In den vergangenen Wochen haben die Spezialisten kleine Löcher in die Decke der Kirche gebohrt, um das Milchprodukt zwischen die Schilfmatten in der alten Decke und dem Putz zu spritzen. Wie ein Bäcker einen Windbeutel befüllt. "Der Quark hat die Eigenschaft, dass er die Feuchtigkeit des Raums aufnimmt, und dann auch wieder abgibt", sagt Matt Fröhlich. Doch Füllung ist nicht gleich Füllung, sie besteht aus einem Gemisch von Kalk und Quark. So verarbeitet, dass er den Ansprüchen einer Kirche Baujahr 1765 genügt.
Im vergangenen Jahr hat die Sanierung der Martinskirche begonnen. Die Zeit sei reif gewesen, sagt die Pfarrerin. Sie konnte in den Aufzeichnungen nachlesen, wann das letzte Mal saniert wurde. In der Turmkugel unter dem Gebälk, wo bei jeder Restaurierung des Turms Schriftstücke für die Nachwelt aufbewahrt werden, stand: 1907 und 1963 - nun also 2012/2013. "Ungefähr alle 50 Jahre muss etwas gemacht werden", sagt Matt-Fröhlich.
Die Decken haben schon Bäuche geschlagen, da die Schilfmatten, die an die Holzkonstruktion unter dem Stuck befestigt waren, sich lösten. Und auch der Stuhl des Turmdachs musste erneuert werden. Balken wurden teilweise ersetzt. Manche davon waren innen durch Feuchtigkeit richtig angegriffen. Matt-Fröhlich hat ein Stück eines solchen Holzes in der Garage stehen. Und es wird deutlich: Außen hui - innen pfui. Anschließend wurde das Dach gedeckt. Erst vor ein paar Wochen ist der Turm vom Gerüst befreit worden.
Und mittendrin war immer Marie-Lusie Matt-Fröhlich. Sie hat insgesamt sicher 1500 Bilder gemacht, sagt sie. Solche Baustellen faszinieren die Pfarrerin einfach.
Mit leichter zeitlicher Verzögerung hatte im August vergangenen Jahres das begonnen, was an einem Vogel lag, der im Kirchturm nistet: "Der letzte Mauersegler musste weg sein, erst dann konnten wir mit dem Schieferdach anfangen", sagt Matt-Fröhlich. Doch der Mauersegler wollte vom Kirchturm einfach nicht weichen. Mit dreiwöchiger Verspätung konnten die Arbeiten dann erst beginnen. Das Gerüst des Kirchenturms sollte eigentlich schon vor Weihnachten weg, aber wegen der Vögel hat sich alles ins neue Jahr gezogen.
Die Zifferblätter am Kirchturm wurden auch erneuert. Die Kosten dafür hat die Gemeinde Harsdorf übernommen. Ansonsten muss den größten Teil der rund 960 000 Euro Sanierungskosten die Kirchengemeinde selbst tragen. Ein Drittel davon übernimmt die Landeskirche in München, auch die Oberfrankenstiftung und die Landesstiftung schießen etwas bei - trotzdem bleibt noch ein Batzen hängen. "Die Kirchengemeinde muss zirka 150 000 Euro schultern", sagt Matt-Fröhlich. Und da das Darlehen für das Gemeindehaus, das 2000 saniert wurde, so gut wie abbezahlt ist, könne man ein neues Darlehen für die Kirchensanierung aufnehmen. Das werde maximal 15 Jahre laufen, da es ein paar Spender gebe und eine Haussammlung einige tausend Euro erbracht haben.
Was mit den Türen machen? Das Dach ist also saniert. Der Quark ist in der Decke. Das Gerüst in der Kirche wird abgebaut. Elektrokabel wurden gezogen, die Bankheizung soll auch erneuert werden. Demnächst kommen wieder die Restauratoren und werden die Stuckdecken mit einer leichten Farbe versehen. So wie es früher mal war. Das Einzige, bei dem man sich noch nicht ganz einig sei, betreffe die Türen der Kirche, sagt Marie-Luise Matt-Fröhlich. Die beiden Holzportale haben unter dem Wettereinfluss gelitten. Es werde jetzt beraten, ob man nicht Metalltüren mit Gläsern einsetze. Doch das sei aus Denkmalschutzgründen nicht so einfach, erklärt die Pfarrerin. In einer barocken Kirche kommt das Licht schließlich vom "Himmel", von oben. Licht von der Seite verändere das Gesamtbild. Und ob das geht, muss noch besprochen werden.
Was auf jeden Fall gehen soll, ist die Wiedereröffnung des Gotteshauses: "Am Kirchweihsonntag wollen wir wieder in die Kirche", sagt Marie-Luise Matt-Fröhlich. Bei solchen Vorhaben wisse man zwar nie, ob es nicht doch noch irgendwelche Verzögerungen gebe - aber den Termin Ende Oktober hat die Pfarrerin fest im Blick. Bis dahin findet der Gottesdienst weiterhin im Gemeindehaus statt. Und die Pfarrerin wird noch viele Bilder mehr von ihrer Baustelle machen.