Zum ersten Mal eröffnete eine Kulmbacher Band die Open-Air-Reihe auf der Plassenburg: Die Hip-Hopper von Flowzirkel gaben den Anheizer für die bayerischen Rap-Titanen von Dicht & Ergreifend.
"Versteht's ihr iberhapts boarisch?" - die Frage war angesichts des Gastspiels von Dicht & Ergreifend in Franken durchaus gerechtfertigt. Und das Kulmbacher Publikum lieferte auch einstimmig eine Antwort: "Nein!" Das war aber auch letztlich wurscht, denn Lef Dutti (Fabian Frischmann), George Urkwell (Michael Huber) und DJ Spliff (Markus Hinkelmann) lieferten mit ihrer Crew zum Auftakt der Open-Air-Konzertreihe auf der Plassenburg eine intensive, mitreißende Show ab. Die Musik stand im Vordergrund, Textsicherheit durften die Niederbayern bei ihrem Publikum nur in Teilen voraussetzen.
Baggypants und Vans-Schuhe
Schon bevor die ersten Bässe aus den Boxen wummerten, war für den Laien vor Ort schnell klar, dass das Plassenburg-Open-Air heuer mit einem Hip-Hop-Konzert eröffnet wird. Spätestens bei der Garderobe der rund 500 Gäste konnte man stutzig werden: Dickies-Shirts, Baggypants, Vans-Schuhe - und wer keine Cap aufhatte, war irgendwie schlecht angezogen. Alterstechnisch war das Publikum sehr heterogen - der Großteil Ü30, aber ein paar Pubertäre und ein paar Graumelierte waren auch dabei.
Dass das erste Konzert bei weitem nicht ausverkauft war, tat der Stimmung an diesem "saugeilen Dienstag", wie es Michael Huber ausdrückte, keinen Abbruch. Allerdings mussten sich die "Dichtis" ordentlich strecken, bis sie das Kulmbacher Publikum zum Mitmachen bewegen konnten, dass sich über weite Teile des abends in fränkischer Zurückhaltung übte. Erst gegen Ende des Konzerts wurden die Gäste merklich lockerer. Spätestens dann, als die Band von der Hauptbühne verschwunden war und auf einem ausrangierten BMW nebst Straßenlaterne herumturnten - gemäß dem Motto der Tour "Hirncabrio", das sich wohl nicht jedem ganz erschlossen hat.
Vielleicht auch der Band selbst nicht, wie man dem Pressetext entnehmen kann: "Die ,Hirncabrio Tour' setzt auf profane Erhabenheit. Bei chronischem Neuronen-Rotz und Synapsen-Stau biegt man unangeschnallt im Hirncabrio nicht ins ,Brain Wash', sondern ins ,Car Wash'. Topless. Rein ins Archaische, rein in die Extase, rein in den Festivalschlamm. Zurück zum Primatenstatus. Back to Kolbenfresser. Eine Pauschalreise, um für zwei Stunden wieder ein Mensch zu sein. Oder eben ein Affe." Aha?
Übersetzt bedeutet das: richtig guter Hip-Hop in baierischer Mundart, clevere Texte (wenn man sie denn versteht) und Beats, die mehr an die Bronx erinnern, den Stadtteil von New York City, der gemeinhin als die Wiege des Hip-Hops bezeichnet wird, als an Niederbayern. Ein würdiger Opener für die diesjährige Konzertreihe auf der Plassenburg.
Doch der eigentliche Star des Abends war die Vorband "Flowzirkel" - denn zum ersten Mal seit Bestehen des Plassenburg-Open-Airs durfte eine Band aus Kulmbach das Festival eröffnen. Und den Jungs war anzumerken, dass es für sie ein "Heimspiel" war, wie sie auch sagten. Bei der Aussicht auf Rap-Musik aus der fränkischen Provinz mag manch einer zunächst noch die Nase gerümpft haben, doch die Jungs räumten schnell mit allen Vorurteilen auf. Mit einer beeindruckenden Bühnenpräsenz, fast schon routiniert wie die ganz Großen, bereiteten sie das Publikum mental auf den Hauptact vor.
Und nicht nur das: So viel sich die Hip-Hopper auf der Bühne bewegten, so viel bewegte sich auch in ihren Texten - mal tiefgründig und nachdenklich, mal einfach und eingängig. Aber immer mit einem klasse Sound. Diese Crew aus Kulmbach sollten Fans der Szene auf dem Zettel haben.