Der stinkende Bock hat in Oberfranken einen epischen Streit unter Nachbarn ausgelöst. Das Landratsamt sagt: Katrin Küfner kann in Pechgraben ihre Käserei betreiben. Den Bock in der Ziegenherde darf sie halten - aber unter Auflagen.
Darf ein Ziegenbock im Dorf gehalten werden, auch wenn er stinkt? Und wie dörflich muss das Dorf dafür sein? Darum dreht sich der "Ziegenstreit von Pechgraben". Die Entscheidung ist gefallen: Katrin Küfner und Astrid Gerstacker-Brunne dürfen sich mitten in Pechgraben den Traum von der Selbstständigkeit erfüllen. Das Landratsamt Kulmbach genehmigte nun - nach Prüfung der Sach- und Rechtslage - die beantragte Nutzungsänderung eines Teils der vorhandenen Scheune zum Ziegenstall sowie den Umbau zweier Räume im vorhandenen Wohnhaus zu Käserei und einem Dorfladen.
Vor allem um die Ziegenhaltung - genauer gesagt die Haltung eines Ziegenbocks - gibt es Streit mit Nachbarin Silvia Eichner. Die Landschaftsarchitektin fühlt sich belästigt vom Geruch des Bocks in der Herde, der in unmittelbarer Nähe zu ihrem Wohnhaus und Anwesen steht. Die Scheunen beider Nachbarinnen grenzen direkt aneinander; Katrin Küfner hat darin auf ihrer Seite die Ziegen untergebracht, dahinter besteht ein großer Auslauf.
Dagegen habe Silvia Eichner auch nichts einzuwenden, zumal sie selber ein paar eigene Ziegen hält, allerdings nur weibliche Tiere. Die Unternehmerin bat Katrin Küfner jedoch mehrfach, den Bock aufgrund des Gestanks weiter entfernt von ihrem Haus respektive ihrem Garten, der zugleich Ausstellungsfläche für ihr Gewerbe ist, unterzubringen. Der "Duft" störe sie nicht nur privat, sondern er sei berufsschädigend, etwa wenn sie Kunden auf ihrem Freigelände empfängt.
Gemeinderat hatte zugestimmt
Eine Einigung war bis dato aber nicht erzielt worden. Die Angelegenheit beschäftigt mittlerweile auch Rechtsanwälte. Unter anderem war dabei die Grundsatzfrage aufgeworfen worden, ob der dörfliche Charakter von Altpechgraben aufgrund der zunehmenden Wohnbebauung noch gegeben und damit eine Neu- oder Wiederzulassung eines landwirtschaftlichen Betriebs wie besagte Käserei zu erlauben sei. Hierzu sagt das Landratsamt: Ja. Zu diesem Ergebnis war übrigens schon der Gemeinderat im November 2018 gekommen und hatte das Ansinnen Katrin Küfners mehrheitlich genehmigt.
Maßgeblich dafür sei, so steht es jetzt in der Stellungnahme des Landratsamts, die bauplanungsrechtliche Einordnung des Bereichs Altpechgraben; dieser Teil wurde als "Gemengelage mit Tendenz zum Dorfgebiet" bewertet. Und weiter: "Hier waren insbesondere die ehemaligen landwirtschaftlichen Anwesen zu berücksichtigen, die nachwirken, weil sie ,anfällig' sind für eine Wiederaufnahme einer landwirtschaftlichen Nutzung. Hieraus resultiert, dass die vor handene Wohnbebauung weniger schutzbedürftig ist, als dies in einem Wohngebiet der Fall wäre. In diese Gemengelage fügt sich die geplante Ziegenhaltung ein."
Das Landratsamt gibt aber zu bedenken, dass dabei Maßgaben zu beachten sind, um einen "sachgerechten Ausgleich zwischen den vorhandenen und den beabsichtigten Nutzungen zu gewährleisten". Bei den zu prüfenden Faktoren ging es insbesondere um die Qualität der vorhandenen Nutzungen auf den benachbarten Grundstücken sowie die Hauptwindrichtungen. "Im Ergebnis entsteht hieraus vor allem die Notwendigkeit, dass die Freilauffläche für die Ziegen nur in bestimmten Abständen zu den östlich beziehungsweise westlich angrenzenden Grundstücken eingerichtet werden darf."
Leicht getrübte Freude
Ob das den als Ziegenstreit von Pechgraben in die Dorfgeschichte eingegangenen Nachbarschaftszwist tatsächlich beendet? Ja - und womöglich nein. Katrin Küfner ist prinzipiell froh, "dass unsere Käserei und der Hofladen anstandslos durchgegangen sind". Doch die Sache mit den Haltungsauflagen hat für sie ein "Gschmäckle". "In einem Vorbescheid des Landratsamts vom 22. März wurde uns mitgeteilt: Es passt alles bei uns, sowohl Abstands- als auch Umweltauflagen sind erfüllt. Wir könnten einfach alles so lassen. Da waren wir happy."