Ob es die Kirchenoberen sind, das Leben im Pfarrhaus, maßlose Übertreibungen oder kleine, wohldosierte Grenzüberschreitungen: Roppelt kennt kaum ein Tabu, baut Spannung bei den Zuhörern auf - die sich nach einer wohlgesetzten Pointe dann in Gelächter entlädt.
Es sind etliche Stunden, die Roppelt in die Formulierung seiner Predigt investiert. Die Stoffsammlung? "In meinem Schreibtisch gibt es eine Schublade, in die ausschließlich Zettel mit Ideen für die Faschingspredigt kommen.
Und irgendwann nachts, zwischen elf und halb drei, bei einem guten Glas Rotwein - da kommt dann schon der Geistesblitz."
In diesem Jahr werden die Gläubigen der Pfarreien Unsere Liebe Frau und St. Hedwig freilich auf die Faschingspredigt ihres Pfarrers verzichten müssen. Der ist an den Faschingstagen auf Studienreise in Israel.
Heiter soll es im Gottesdienst am Faschingssamstag dennoch werden: Kaplan Christian Montag reimt dem Vernehmen nach schon.
Humor in der Kirche: War Jesus ein fröhlicher Mensch?
Hat Jesus gelacht? War er ein fröhlicher Mensch, der gerne gefeiert, gegessen und getrunken hat?
"Aber natürlich!" sagen übereinstimmend Wolfgang Oertel, Pfarrer in der evangelischen Gemeinde St. Oswald in Untersteinach, und sein katholischer Amtsbruder Hans Roppelt aus Kulmbach. "Wäre Jesus ein muffeliger Mensch gewesen, wäre er bei der Hochzeit von Kana (Joh 2, 1-12) gar nicht eingeladen worden", meint Roppelt. Und Oertel ergänzt, dass es Jesus gewesen sei, der bei jenem Fest dafür gesorgt habe, dass es reichlich Wein gibt - "und zwar den besten".
Dass Jesus laut gelacht hat, ist in der Bibel nicht überliefert. Aber Hans Roppelt zitiert Stellen, die - freiwillig oder nicht - voller Komik stecken: "Wenn im Matthäus-Evangelium die Rede davon ist, dass ein Blinder einen Blinden führt und beide fallen in die Grube - das hat schon was von Comedy."
Das Osterlachen
Deswegen darf Humor auch in der Kirche und im Gottesdienst seinen Platz haben, sagt der Dekan und verweist auf den seit dem späten Mittelalter belegten Brauch des "risus paschalis", des Osterlachens: Am Ostertag erzählt der Pfarrer von der Kanzel eine heitere Geschichte. Das Gelächter der Gemeinde symbolisiert den Sieg über den Tod, der regelrecht ausgelacht wird.
Der Brauch wird in vielen Kirchengemeinden noch oder wieder gepflegt. Auch in Untersteinach, wo Pfarrer Oertel seine Gemeinde einmal mit einem nicht ganz astreinen Witz irritierte. Damals gab es Vorwürfe. Heute kann er darüber schmunzeln.
Überhaupt gibt es vieles, worüber Oertel lachen kann - auch in der Kirche. "Glauben ist eine fröhliche Sache. Glauben ist nicht spießig und auch nicht bierernst", meint er.
Die bisweilen einschüchternde Schwere und Ernsthaftigkeit, die über Jahrhunderte hinweg in den Gotteshäusern die Regel war, hat, so meint Wolfgang Oertel, mit dem Gottesbild unserer Vorfahren zu tun: "Da ging es um den sündigen Menschen und den strafenden Gott."
Eine neue Pfarrersgeneration
Heute habe sich das zum Glück geändert. Heiterkeit, Lachen und Humor hätten durchaus ihren Platz im Gottesdienst. Das liege wohl auch daran, dass mittlerweile eine Generation von Pfarrern herangewachsen sei, die von der Gemeinde nicht mehr als unnahbar erlebt werde.
Nahbar: Das will auch Wolfgang Oertel sein. Er trifft sich mit Mitgliedern seiner Gemeinde beim Volleyball oder im Wirtshaus, pflegt einen eher lässigen Umgang mit den Kindern der Jungschar und den Konfirmanden - die ihn dennoch oder gerade deshalb respektieren.
Gereimte Predigten gibt es bisweilen auch in Untersteinach: zum Fasching, aber auch zur Kerwa. Wenn im "Fledermausgottesdienst" Lieder erklingen, hat die der Pfarrer schon mal selbst komponiert. Und die Handpuppe "Ossiwaldi" hat schon mehr als einmal für Stimmung gesorgt.
Lachen und Glauben: Das geht für Wolfgang Oertel auf jeden Fall zusammen. "Und ich wünsche mir, dass jeder Gottesdienstbesucher bei meiner Predigt wenigstens einmal lacht oder schmunzelt."