Die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) hat ihre Mitglieder am Mittwoch ab 14 Uhr in den Ausstand geschickt. In Kulmbach hielten sich die Auswirkungen in Grenzen. Schüler, die noch Nachmittagsunterricht hatten, mussten spät auf Busse ausweichen.
KBS 850 Lichtenfels - Neuenmarkt-Wirsberg - Bayreuth/Hof (das KBS steht für Kursbuchstrecke): Die Nummer 850 taucht auf der Homepage der Deutschen Bahn AG auf. Sie ist das Kürzel für eine der Strecken, mit denen gestern ab 14 Uhr bis heute, 4 Uhr, wegen des Streiks der Lokführer mit Beeinträchtigungen gerechnet werden musste. Bis 14 Uhr war gestern eigentlich alles wie immer: Schüler wie Pendler erreichten ihre Züge, die auch fuhren (manche verspätet) - der Streik der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) hatte sich bis dahin, wenn überhaupt, vor allem im Fernverkehr ausgewirkt.
Auf den Bahnsteigen des Kulmbacher Bahnhofs herrscht gegen 13.30 Uhr überschaubares Treiben. Der erste Schwung an Schülern, deren Unterricht vor kurzem geendet hat, ist bereits planmäßig mit dem Zug heimgekommen. Marie Petterich sitzt noch auf einer der Bänke und tippt in ihr Smartphone. Die 16-Jährige aus Burgkunstadt wartet auf den Regionalexpress, der um 13.36 Uhr einfahren soll. "Ich hoffe, er kommt", sagt die junge Frau lächelnd, die die Fachoberschule in Kulmbach besucht. Derweil läuft auf einer Informationstafel über ihrem Kopf in Endlosschleife die Meldung durch, dass es im Laufe der nächsten Stunden wegen des Streikaufrufs zu Einschränkungen kommen könne.
Die 16-Jährige hat an diesem Tag sogar Glück: "Drei Mal pro Woche habe ich nachmittags noch Kurse - heute nicht." Allerdings trifft es manchen Mitschüler, der noch bis 16 Uhr in der FOS Unterricht hat. "Die werden wohl irgendwann hoffen müssen, später einen Bus zu erwischen", sagt Marie Petterich.
Sie selber kam am Morgen mit einer halben Stunde Verspätung zum Unterricht. "Der Regionalexpress nach Hof ist zunächst planmäßig um 7.06 Uhr losgefahren, dann aber schon nach kurzer Zeit stehen geblieben und hat für 20 Minuten gehalten. Zur Begrün dung hieß es, auf der Strecke sei eine Störung gab."
Technische Störung Bahn-Pressesprecher Franz Lindemaier, zuständig auch für Nordbayern, bestätigt, dass die Verzögerung nichts mit dem Lokführerstreik zu tun hatte. "Wir hatten am Morgen eine technische Störung bei Marktredwitz." Dennoch wurden Bahnkunden schon morgens auch mit den Auswirkungen des Ausstandes konfrontiert. "Im Fernverkehr gab es für die Region Einschränkungen, aber die Beförderung der Schüler lief auf jeden Falls bis zum frühen Nachmittag relativ problemlos", sagt Lindemaier und ergänzt: "Die GDL hat natürlich mit der Wahl des Streikbeginns um 14 Uhr in Kauf genommen, dass Schüler mit Nachmittagsunterricht womöglich mit längeren Wartezeiten rechnen müssen."
Wenn Lokführer relativ kurzfristig in den Ausstand treten, dann ist es laut Lindemaier auch für die Deutsche Bahn schwer, kurzfristig Ersatzbusse zu akquirieren. "Die Busunternehmen müssen ja ihrerseits erst außerplanmäßig Fahrzeuge und Fahrer herbeiziehen, das geht oftmals erst mit einer oder mehreren Stunden Verspätung."
Das Kulmbacher Landratsamt hat für die Zeit des Streiks keine zusätzlichen Maßnahmen ergriffen, wie Sachgebietsleiter Achim Geyer aus dem Landratsamt mitteilte. "Was die Beförderung der Schüler angeht, so sind für die Schiene die Deutsche Bahn und für den Buspendel der Omnibusverkehr Franken unsere Ansprechpartner. Für den Fall eines Streiks bei der Bahn würde also in allererster Linie unser öffentlicher Nahverkehrsträger OVF entsprechende Alternativen prüfen." Bei der OVF-Niederlassung in Bayreuth hieß es gestern auf Anfrage, die Buslinien würden wie gehabt verkehren, zusätzliche Omnibusse jedoch nicht eingesetzt.
Achim Geyer sieht in dem Lokführerausstand eine Ausnahmesituation. "Die ist für eine Behörde so nicht planbar, genauso wie ein plötzlicher Wintereinbruch oder eine unerwartet aufgetretene Unterbrechung auf einer der Bahnstrecken, auf denen Schüler aus dem Kreis fahren. Die Erfahrung aber zeigt, dass sich in solchen Fällen die Eltern entsprechend organisieren und ihre Kinder abholen." Sollte sich abzeichnen, dass Mitarbeiter der Bahn in einen längerfristigen Streik treten, dann sei das Landratsamt bestrebt, die Bürger mit einem zusätzlichen Transportangebot zu unterstützen - "soweit uns dies rechtlich möglich ist", schränkt Achim Geyer ein.
Agilis-Team streikt nicht Auch beim Privatbahnunternehmen Agilis gibt es Mitarbeiter, die bei der GDL organisiert sind. "Aber unsere Angestellten streiken nicht", sagt Pressesprecher Michael Rieger. Die Agilis-Züge seien also nicht direkt betroffen - dennoch wollte Rieger Verzögerungen nicht gänzlich ausschließen. "An neuralgischen Punkten auf manchen Strecken kann es im Streikfall schon mal etwas haken."