Letzte Mieterin ärgert die Kulmbacher Städtebau

3 Min
Der Wohnblock Petzmannsberg 27: Die Wohnungen sind leergeräumt. Nur eine Mieterin wehrt sich. Foto: Alexander Hartmann
Der Wohnblock Petzmannsberg 27: Die Wohnungen sind leergeräumt. Nur eine Mieterin wehrt sich. Foto: Alexander Hartmann

Die Städtebau möchte einen 60er-Jahre-Wohnblock in Petzmannsberg abreißen und einen Ersatzneubau errichten. Während alle anderen Mietparteien längst ausgezogen sind, will eine Bewohnerin ihre Wohnung nicht verlassen. Sie wehrt sich auch juristisch.

Der 60er-Jahre-Wohnblock in Petzmannsberg bietet ein Bild der Tristesse: Der ockerfarbene Putz ist an vielen Stellen abgeblättert, neben der Haustür befinden sich Namensschilder, die kaum noch zu lesen sind. Der Blick durch die Fenster geht ins Leere. Die Wohnungen sind ausgeräumt, nur drei Fenster werden noch durch Vorhänge "verziert". Dort wohnt die letzte Mieterin des Mehrfamilienhauses Petzmannsberg 27, das die Städtebau schon seit langem abreißen will, um einen Ersatzneubau zu schaffen.

Die Pläne liegen in der Schublade

Errichtet werden sollen 13 Wohnungen unterschiedlichster Größe, von der kleinen Zwei-Zimer- bis hin zur Sechs-Zimmer- Wohnung. Es ist ein soziales Wohnungsbauprojekt, das im Rahmen des Kommunalen Wohnungsbauförderprogramms realisiert werden soll. Bei Gesamtkosten in Höhe von etwa 3,85 Millionen Euro würden 30 Prozent durch ein Förderprogramm getragen, 60 Prozent mittels eines zinsgünstigen Darlehens durch die Bayern Labo gedeckt. Bei zehn Prozent würde der Eigenanteil der Stadt liegen, wie Städtebau-Geschäftsführer Bernd Ohnemüller mitteilt.

Pläne in der Schublade

Die Pläne liegen längst in der Schublade, der Spatenstich ist aber noch nicht in Sicht. Denn nur fünf der sechs Parteien, die zuletzt in dem abgewohnten Komplex zuhause waren, haben 2018 das Angebot angenommen, in andere Wohnungen der Städtebau umzuziehen. Eine Mieterin wehrt sich hartnäckig. Man habe ihr Geld angeboten, mehrfach eine neue Wohnung, man hätte ihr sogar beim Umzug geholfen, hat Oberbürgermeister Henry Schramm (CSU) bei der Podiumsdiskussion der vier OB-Kandidaten erklärt, zu der die Bayerische Rundschau und Radio Plassenburg geladen hatten. Alle Versuche, sie dazu zu bewegen, das Haus zu verlassen, seien gescheitert. Die Bewohnerin gehe juristisch "von einer Instanz zur nächsten", so der OB.

Die Frau war nicht zu erreichen

Wir hätten die Frau gerne dazu befragt, haben sie trotz mehrmaliger Versuche aber nicht erreicht. Warum sie sich gegen den Umzug wehrt? Bei der Frage rätselt auch eine früheren Nachbarin, die das Haus Petzmannberg 27 im Dezember 2018 verlassen hat. "Schweren Herzens", wie sie betont. "Es war nicht leicht. Ich habe dort ja 57 Jahre gewohnt", sagt die 86-Jährige, die weiß, dass die Bausubstanz marode ist. Die Rentnerin lebt jetzt innenstadtnah, muss für die nun "schönere Wohnung" aber die doppelte Miete zahlen. "Das fällt mir nicht leicht, weil ich doch nur eine kleine Rente habe", sagt die Kulmbacherin, der es aber nie in den Sinn gekommen wäre, der Städtebau die Stirn zu bieten. "Warum das die letzte Mieterin macht, weiß ich nicht. Sie würde ja wie ich eine Wohnung bekommen", stellt die 86-Jährige fest, die dankbar ist, dass ihr die Stadt beim Umzug geholfen hat.

Die meisten Mieter wollen zurück

Dass ein Großteil der Mieter nach der Wiederherstellung des Gebäudes in das Haus Petzmannsberg 27 zurückkehren will, sagt Städtebau-Geschäftsführer Bernd Ohnemüller. Wie er ausführt, hofft die Städtebau, auch wenn die rechtliche Klärung läuft, dass es doch noch zur einvernehmlichen Lösung mit der letzten Mieterin kommt.

Das sagt der Jurist

Ob die Frau daran aber überhaupt Interesse hat? Eine einvernehmliche Lösung zu finden, sei nicht immer leicht, sagt der Kulmbacher Anwalt Kai-Michael Meins, den wir zur rechtlichen Lage befragt haben. Es sei mitunter ein schwieriges Unterfangen, eine Mieterin aus einer Wohnung herauszubekommen. "Mieter besitzen einen weitreichenden Kündigungsschutz", erklärt Meins, der auch Vorsitzender des Haus- und Grundbesitzervereins Kulmbach ist.

Die "Verwertungskündigung"

Kündigen könne der Eigentümer, wenn er Eigenbedarf anmeldet oder der Mieter gegen Pflichten verstößt, etwa zwei Monatsmieten nicht bezahlt. Es gebe auch die Möglichkeit einer sogenannten Verwertungskündigung, "wenn der Besitzer bei einer Fortsetzung des bestehenden Mietverhältnisses an einer angemessenen Verwertung des Gebäudes gehindert und erhebliche Nachteile erleiden würde". Auf diese Kündigungsform werde wohl ein Vermieter setzen, der - wie die Städtebau - ein sehr sanierungsbedürftiges oder auch marodes Gebäude durch einen Neubau ersetzen will.

"Das geht oft über Jahre"

Die Kündigung durchzubringen, gestalte sich schwierig, wenn sich der Mieter wehre und mit Härtefallgründen gegen die Kündigung Widerspruch einlege. Ein Härtefallgrund könne sein, "wenn der Mieter angibt, aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Umzug in der Lage zu sein". Im Zuge der gerichtlichen Klärung würde oft ein Sachverständiger eingeschaltet, der ein Gutachten über den Gesundheitszustand erstellt. Meins: "Der juristische Streit, der bis hin zur Räumungsklage geht, kann sich über Jahre hinziehen."

Welche Gründe die letzte Mieterin in Petzmannsberg anführt, wissen wir nicht. Offen ist nach wie vor die Frage, ob und wann die letzten Vorhänge im Haus mit der Nummer 27 abgenommen werden.