Aus Ärger über einen Mitarbeiter des Ordnungsamts wurde ein Kulmbacher auf der Rathaustreppe rabiat. Das Gericht stellte das Verfahren ein.
Weil er einen Mitarbeiter des Ordnungsamts beleidigt und tätlich angegriffen hatte, musste sich gestern ein 43-jähriger Mann aus Kulmbach vor dem Amtsgericht verantworten. Das Verfahren wurde nach Anhörung mehrerer Zeugen allerdings eingestellt, weil der Angeklagte erst im November wegen einer anderen Sache zu einer sechsmonatigen Haftstrafe verurteilt worden war.
Aus der JVA vorgeführt
Die wegen des Übergriffs auf den Mitarbeiter des Ordnungsamtes zu erwartende Straße falle im Hinblick auf das mittlerweile rechtskräftige Urteil nicht ins Gewicht, sagte Richterin Sieglinde Tettmann zur Begründung. Der 43-Jährige sitzt außerdem derzeit eine Haftstrafe in anderer Sache ab und wurde dazu eigens aus der JVA Hof vorgeführt.
Kurios mutet der Fall trotzdem an. Der 43-jährige saß mit seiner Freundin und einem weiteren Bekannten am Nachmittag des 20. Mai 2016 auf der Rathaustreppe. Da kam der Mitarbeiter des Ordnungsamts vorbei und machte ein Foto von der Gruppe. Zur Beweissicherung, so erklärte der Mann später. In der Vergangenheit sei immer wieder Alkohol auf der Rathaustreppe konsumiert worden, später hätten leere Flaschen und Unmengen an Zigarettenstummel herumgelegen.
Wasser statt Wodka
Doch weder er noch seine Freundin oder sein Begleiter hätten Alkohol getrunken, erklärte der Beschuldigte vor Gericht. Er habe ein Mineralwasser mit Apfelgeschmack in der Hand gehabt und nicht etwa Wodka, erinnerte sich der Mann noch ganz genau. Er habe den städtischen Mitarbeiter deshalb zur Rede stellen wollen, aber keine Auskunft erhalten. Stinksauer habe er dann das Wort "Missgeburt" in sich hinein genuschelt. Da sei ihm der Mitarbeiter nachgegangen, habe die Kamera vor ihm hochgehalten und wollte erneut fotografieren. "Der hat mir den Fotoapparat quasi ins Gesicht gehalten", sagte der Angeklagte. Zwei bis drei Mal habe er ihn gebeten, dies zu lassen, dann habe er ihm die Kamera aus der Hand geschlagen.
Zwar sei der Apparat mit voller Wucht auf den Boden geknallt und in tausend Teile zerbrochen, auf den Unterarm geschlagen habe er den Stadtbeschäftigten allerdings nicht. Zu Boden sei der Mann auch nicht gegangen. "Er ist höchstens kurz mal getaumelt, das war alles", so der Angeklagte.
Eine ganz andere Version präsentierte der damalige Mitarbeiter des Amtes vor Gericht. Er habe die Anordnung gehabt, Falschparker zu ahnden und gegen Verunreinigungen in der Innenstadt vorzugehen.
Deshalb habe er auch das Foto von der Gruppe gemacht, worauf der Angeklagte ziemlich aggressiv geworden sei. Nachdem sich der Angeklagte geweigert hatte, seine Ausweispapiere zu zeigen, habe der ihm die Kamera aus der Hand geschlagen. Auch von einem Faustschlag gegen seinen Unterarm und einem Bodycheck gegen die Schulter war die Rede.
Im Krankenhaus sei anschließend eine Prellung festgestellt worden, er habe einen Druckverband erhalten und sei drei Tage arbeitsunfähig gewesen.
Eine Provokation?
Verteidiger Alexander Schmidtgall bezeichnete das Vorgehen des städtischen Mitarbeiters als Provokation. Es beweise doch gar nichts und sei zudem auch völlig irrelevant, wenn aus der Ferne Personen geknipst würden.
"Die Sache ist völlig unnötig eskaliert", sagte der Verteidiger. Nachdem auch mehrere Zeugen nichts Neues zur Wahrheitsfindung beitragen konnten, kam Richterin Tettmann mit dem Vertreter der Staatsanwaltschaft und Verteidiger Alexander Schmidtgall überein, das Verfahren einzustellen. Die Rechnung für die Kamera und den dreitägigen Verdienstausfall ihres Mitarbeiters geschickt. Der Angeklagte wird wohl nicht drum herum kommen, das Geld zu bezahlen.