Kulmbacher Grüne warnt vor Fracking

3 Min
Dagmar Keis-Lechner bei der Gartenarbeit Foto: Jochen Nützel
Dagmar Keis-Lechner bei der Gartenarbeit Foto: Jochen Nützel

Fracking? In Oberfranken? Dagmar Keis-Lechner (50) nickt. Die Grünen-Politikerin aus Kulmbach mit Kölner Wurzeln warnt vor den Folgen der umstrittenen Methode zur Förderung von Gas und Öl mittels Chemie.

Die Online-Petition hat schon über 53 000 Unterstützer gefunden. Es geht gegen Fracking - jene umstrittene Fördermethode, bei der Öl und Gas mittels hohem Druck und einem Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien aus tieferen Gesteinsschichten gepresst werden. "Es gibt eine Erkundungslizenz für ein Terrain vor der Haustür - da schrillen bei mir alle Alarmglocken", sagt Dagmar Keis-Lechner. Die Kulmbacher Grünen-Politikerin ist eine von zwei Sprecherinnen der Weidener Bürgerinitiative "Abgefrackt".

Im Gespräch mit der Bayerischen Rundschau warnt sie vor dem Negativ-Beispiel USA, wo Fracking als die scheinbare Lösung aller Versorgungsprobleme postuliert wird.

Frau Keis-Lechner, Sie hegen große Befürchtungen gegen die Fördermethode des Fracking.
Welche sind das?

Dagmar Keis-Lechner: In erster Linie das Versprechen, wir hätten nun für alle Zeit unsere Energieversorgung gelöst. Mit der scheinbaren Unabhängigkeit von ausländischen Importen kaufen wir uns eine enorme Zerstörung unserer Landschaft, Flora und Fauna ein und gefährden unser höchstes Gut: sauberes Trinkwasser. Neben künstlichen Erdbeben, eine Folgeerscheinung des Frackings, wird eine enorme Logistik notwendig, so dass durch die Belastung mit Schwerverkehr unsere Infrastruktur zusätzlich verschlissen wird.
Und wenn, wie Experten und Erfahrungen aus den USA zeigen, die Förderung nur einen überschaubaren Zeitraum hält was sie verspricht, bleibt uns das kontaminierte Abwasser teuer zu entsorgen und die Folgen, der unkontrollierten Gasaustritte bei der Förderung als Erbe übrig. Würden diese negativen externen Effekte in der Kostenkalkulation auftauchen, wäre Fracking jetzt schon unrentabel.

In der Oberpfalz hat ein britisches Unternehmen namens Rose Petroleum eine Untersuchungslizenz für in Gesteinsschichten gebundenes Erdgas erhalten. Das Erkundungsgebiet lappt bei Neudrossenfeld auch in den Landkreis Kulmbach hinein. Wie waren die Reaktionen der Bürger?
Einzelne Mitmenschen haben geschockt reagiert. Auch Leute, die nicht unbedingt der ökologischen Bewegung zuzuschreiben sind. Die Massen hat es noch nicht bewegt, wohl deshalb, weil beschwichtigend nur von der "Erkundung" die Rede ist. Aber man sollte sich hier nicht täuschen lassen: Erkunden ohne ein potenzielles Geschäft im Auge zu haben, das macht kein Konzern.

Es läuft derzeit eine Online-Petition gegen Fracking. Welche Erfolgsaussichten räumen Sie einem juristischen Verfahren ein vor dem Hintergrund, dass es hier auch um große Wirtschaftsinteressen geht?
Unsere Online-Petition wurde begleitet von der Übergabe an den Petitionsausschuss des Bayerischen Landtags, der sich nach der Sommerpause damit befassen wird. Möglicherweise wird sie an den Bundespetitionsausschuss weitergeleitet, da sich unsere Forderungen auf Änderungen im Bergrecht beziehen. Unsere Aussichten, gegen wirtschaftliche Interessen zu gewinnen, wird neben juristischen Überlegungen wohl nur verstärkt mit der protestierenden Bevölkerung und dem so erhöhten politischen Druck zu erreichen sein.
Sie sind eine Sprecherin des Anti-Fracking-Aktionsbündnisses. Worum handelt es sich bei diesem Bündnis? Wer macht mit?
Wir sind ein überparteiliches Bündnis. Bislang haben sich neben den Parteien wie Grüne, Linke, ÖDP, SPD und Freien Wähler auch Verbände und Kirchen angeschlossen. Eine genaue Auflistung finden sich auf der Homepage www.abgefrackt.de.

Länder wie die USA machen sich von ausländischen Energielieferanten unabhängiger, indem sie eigene Bodenschätze durch Fracking fördern. Wäre das nicht auch ein gangbarer Weg für Bayern und die Bundesrepublik - zumal manche Rohstoff exportierende Staaten politisch eher instabil sind?
Die USA hoffen, mit Fracking den "amerikanische Traum" wiederzubeleben, was aber auf Dauer nicht zu schaffen ist. Sinkende Fördermengen pro Bohrloch versucht man schon jetzt durch immer mehr Bohrungen zu kompensieren. Irgendwann rechnet sich das nicht mehr. Man kann es nicht oft genug betonen: Dauerhafte Versorgungssicherheit und aktiver Klimaschutz sind - wenn überhaupt - nur mit erneuerbaren Energien zu schaffen.

Welchen Weg halten Sie beim Thema Energie für den gangbarsten? Lassen sich wirtschaftliche Partikularinteressen und Versorgungssicherheit überhaupt vereinbaren?
Neben einem schnelleren Umstieg auf erneuerbare Energien müssen Potenziale bei Energieeffizienz und -einsparung gehoben werden. Eine gut ausgestattete Forschung- und Entwicklungsarbeit ist vonnöten, damit Erzeugung, Verteilung und Speicherung reibungslos laufen. Einen dringenden Handlungsbedarf sehe ich im Dialog mit den Bürgern und der Wirtschaft. Wir haben eine Menge vor uns, denn nicht nur Strom, sondern Öl und Gas muss erneuerbar werden. Wenn wir die Umstellung -aus welchen wirtschaftlichen oder politischen Interessen auch immer - verhindern, werden wir es teuer bezahlen müssen - auch mit unserer Versorgungssicherheit.

Wie halten Sie es selber mit dem Energiesparen?
Das eigene Verhalten zu ändern, ist bekanntlich schwer - da mache auch ich keine Ausnahme, bemühe mich aber, meine Eigenenergiebilanz weiter zu verbessern. So nutze ich speziell für längere Distanzen die Bahn, gehe zu Fuß oder nehme das Rad. Unser Haus wird Schritt für Schritt energetisch optimiert, bei Neuanschaffungen schauen wir auf Verbrauchswerte. Mit Eigenanbau und regionalem Einkauf schaffen wir ebenfalls, Transporte zu vermeiden und fossile Rohstoffe zu sparen.

An den Samstagen im August und September veröffentlichen wir Sommer-Interviews zu aktuellen Themen mit bekannten Persönlichkeiten aus Stadt und Landkreis. Am 9. August sprechen wir mit Silke Eber, Trainerin der deutschen Faustball-Nationalmannschaft.