Aber der Staat hat doch Hilfen versprochen.
Dauenhauer: Von denen kommt nichts an. Null. All die Versprechen der Politik können Sie vergessen. Das ist alles gelogen.
Ertl: Das sehe ich ein bisschen anders. Land und Bund haben aus meiner Sicht schon viel getan, um überhaupt ein Gastro-Überleben in dieser Situation zu gewährleisten. Auf Dauer wird das aber nicht reichen. Die laufenden Staatshilfen sind nur kurzzeitige Überbrückungsmöglichkeiten.
Das Kurzarbeitergeld fließt, oder?
Dauenhauer: Schön wäre es. Ich habe etwa 40 Mitarbeiter und gleich am Anfang der Krise Kurzarbeit beantragt. Geflossen ist noch nichts. Auf Nachfrage heißt es, dass die Anträge vielleicht im Mai oder Juni bearbeitet werden. Das Monatsende April ist in Sicht. Fragen Sie mich mal, wie ich die Löhne ausbezahlen soll.
Ertl: Ich habe auch Kurzarbeitergeld beantragt und innerhalb einer Woche den Bescheid bekommen. Natürlich ist die Auszahlung Minimum einen Monat zeitverzögert. Aber das Entgegenkommen meiner Bank ist groß - ich glaube, das ist bei fast allen Banken so. Niemand möchte, dass die Betriebe über den Jordan gehen.
Herr Dauenhauer, gibt es also nicht doch eine Chance?
Dauenhauer: Überhaupt keine. Wir kommen alle aus dem Wintergeschäft. Da ist in Franken nicht viel Geld zu verdienen. Im Frühjahr läuft die Hauptsaison wieder an. Aber im Frühjahr kam Corona. Wir hatten schon Vorräte gekauft und Mitarbeiter eingestellt.
Ertl: Das stimmt. Viele gehen nach den einkommensschwachen Monaten Januar und Februar schon mit einem belasteten Girokonto in die Saison. Normalerweise wird das Konto dann durch die Frühjahrsbelebung, durch Hochzeiten, Konfirmationen und Kommunionen, ausgeglichen. Das fehlt heuer. Einige Betriebe haben gesagt: Wir schließen jetzt komplett, um zumindest alle Nebenkosten zu sparen. Andere sagen: Wir fahren die Außer-Haus-Lieferungen hoch, um wenigstens ein bisschen was zu verdienen.
Was machen Ihre Mitarbeiter zurzeit?
Dauenhauer: Sie haben nichts zu tun, aber dürfen nicht heim. Wir haben Mitarbeiter aus 15 Nationen hier, von Polen bis Marokko. Die versorgt unsere Tochter noch zusätzlich mit Essen. Wir können sie ja nicht hungern lassen.
Ertl: Dieses Problem habe ich de facto nicht. Ich habe nur Mitarbeiter aus der Region. In dieser Hinsicht muss ich schon sagen: Größere Betriebe mit mehr Mitarbeitern haben es jetzt viel schwerer als kleine.
Seit sechs Wochen sind Hotels und Gaststätten geschlossen. Mit wie viel Verlust rechnen Sie?
Dauenhauer: Das kann ich Ihnen ganz genau sagen. Ende April werden uns mehr als 200.000 Euro Umsatz fehlen. Wir haben alle Rücklagen längst aufgebraucht. Sogar das Sparbuch der Oma ist leer. Wir stehen an der Wand. Und so geht es fast allen Kollegen, mit denen ich gesprochen habe.
Ertl: Unser Verlust liegt bei zirka 98 Prozent. Etwa zwei Prozent des Umsatzes fange ich aktuell mit Geschäftsreisenden auf. Ich habe deshalb mit den Strom-, Gas- und Wasserversorgern gesprochen und mit ihnen vereinbart, dass ich weniger Abschläge zahle.
Was ist mit versprochenen Soforthilfen?
Dauenhauer: Die werden nach Betriebsgröße gestaffelt. Vom Land Bayern habe ich 15.000 Euro erhalten. Bei Umsatzverlusten von rund 200.000 Euro können Sie sich ausrechnen, was mir das bringt.
Ertl: Die 5.000 Euro Soforthilfe für Kleinbetriebe mit bis zu fünf Mitarbeitern waren innerhalb von einer Woche auf dem Konto. Der Bund hat die Soforthilfe nachträglich auf 9.000 Euro erhöht; die 4.000 Euro vom Bund fehlen noch, aber der Bescheid ist da, also wird das Geld auch kommen. Die Behörden haben natürlich aktuell unglaublich viel zu tun.
Dauenhauer: Vom Bund ist bei mir noch gar nichts angekommen. Auf Nachfrage heißt es bloß, die Mitarbeiter seien alle überlastet.
Aber es gibt doch Darlehen, die man beanspruchen kann.
Dauenhauer: Ja, aber da gibt es so viele Hindernisse, dass sie kaum ein Betrieb wirklich beantragen kann.
Welche Hindernisse?
Dauenhauer: Zum Beispiel muss man in den letzten drei oder vier Jahren rückwirkend einen Gewinn angeben können oder ein gutes Ergebnis im Dezember vorweisen oder, oder, oder...
Es hieß immer, dass die Hilfen unbürokratisch zu erlangen sind.
Dauenhauer: Von wegen. Die Politik hat uns sogar von hinten ins Kreuz getreten.
Das müssen Sie erklären.
Dauenhauer: Wir haben vor rund 20 Jahren eine Versicherung abgeschlossen. 18.000 Euro Prämie pro Jahr haben wir bezahlt. Die würde jetzt greifen. In den ersten zwei Wochen wurde uns auch pauschal von der Versicherung die Hälfte der vertraglich vereinbarten 3.900 Euro ausbezahlt. Dann kam Wirtschaftsminister Aiwanger und meinte, die Rechtslage sei zu unterschiedlich. Er wolle lieber eine pauschale Lösung für alle Betriebe.
Die Konsequenz?
Dauenhauer: Statt 3.900 Euro sollten wir jetzt zehn Prozent, also 390 Euro, erhalten. Und dann hat uns die Versicherung das Messer auf die Brust gesetzt. Wir sollen diesem bayerischen Kompromiss zustimmen und für alle Zukunft auf Leistungen in Zusammenhang mit Corona verzichten. Jetzt stehen wir als Almosen-Bettler da. Eine absolute Katastrophe.
Ertl: Das muss man erklären. Was die Betriebsschließungsversicherung angeht: Hier bieten das bayerische Wirtschaftsministerium und der DEHOGA Bayern zusammen mit den Versicherungen vielen Betrieben eine möglichst schnelle und unbürokratische Lösung an. Aufgrund der verschiedenen Versicherungsbedingungen kann man ja nicht generell sagen, ob jeder Betrieb ein Anrecht auf eine Entschädigung durch seine Versicherung hat. Die sogenannte "bayerische Lösung" stellt somit ein für die Versicherung einseitig verpflichtendes Angebot dar. Zur Zeit- , Kosten- und Nerveneinsparung können die Betriebe dieses Angebot annehmen. Es steht ihnen jedoch auch frei, darauf zu verzichten und etwaige Ansprüche gegen die Versicherungen durchzusetzen. Die Entscheidung kann auf Grundlage der Erfolgswahrscheinlichkeit und der zu erwartenden Entschädigung basieren. Entschädigungen, die auf Grund der bayerischen Lösung gezahlt werden, werden nicht auf die Soforthilfen und das Kurzarbeitergeld angerechnet.
Die Mehrwertsteuer wird nun ein Jahr lang auf sieben Prozent gesenkt.
Dauenhauer: Das fordern wir seit Jahren. Warum zahle ich für die Bratwurst in der Gaststätte 19 Prozent und an der Imbissbude sieben Prozent? Das war noch nie einleuchtend. In der Vergangenheit hätte uns das etwas gebracht.
Jetzt nicht mehr?
Dauenhauer: Ich sehe keine Zukunft für die Gastronomie. Viele Kollegen werden schließen müssen. Kaum jemand hat Rücklagen gebildet. Wie auch? Ertl: Natürlich ist es so, dass größere Betriebe in dieser Krise stärker belastet sind als kleinere. Je größer der Betrieb, desto höher die Fixkosten.
Sehen Sie irgendeine Lösung?
Dauenhauer: Wir müssten ganz schnell wieder in die normale Geschäftstätigkeit zurückkehren. Und das Kurzarbeitergeld und die Soforthilfen müssten jetzt bezahlt werden. Jetzt heißt: in dieser Woche. Das gilt auch für Kredite. Die müssen sofort zur Verfügung gestellt werden. Und zudem müsste ein Hilfsfonds für die Gastronomie zur Verfügung gestellt werden, der echt Hilfe bringt. Vielleicht kommen dann doch noch einige Betriebe über den Sommer.
Ertl: Ich sehe das auch so: Wir brauchen dringend weitere staatliche Hilfen, einen Rettungsfonds für Gastronomie, egal ob auf Länder- oder Bundesebene. Anders als im Einzelhandel oder beim Friseur ist bei uns die Krise nicht vorbei, sobald die Ausgangsbeschränkungen gelockert werden. Wir sind total abhängig von der Wirtschaft: Werden Unternehmen heuer überhaupt wieder Gäste einladen? Wird die normale Bevölkerung genug Geld haben, öfter Essen zu gehen oder - zumindest innerhalb des Landes - zu verreisen? Diese Faktoren sind jetzt noch nicht zu überblicken.
Ihr mittelfränkischer Kollege, DEHOGA-Geschäftsführer Gerhard Engelmann, fürchtet, dass ein Drittel aller Gastro-Betriebe schließen müssen. Wie sehen Sie das?
Ertl: Für mich ist diese Zahl derzeit nur eine Mutmaßung. Sicher ist, es wird für viele in den nächsten zwei, drei Wochen kritisch. Wir haben ja auch viele Unternehmen, die schon seit längerem mit dem Gedanken spielen, ihren Betrieb einzustellen. Und wenn zum bekannten Gasthaussterben nun auch noch eine längere Krise kommt, dann gute Nacht.
Das Coronavirus breitet sich nach wie vor auch in der Region Kulmbach aus: Die Lage im Überblick.
Die Gastronomie hat es ob Groß-oder Kleinbetrieb sehr schwer zu überleben, Außenstehende die in diesem Gewerbezweig nicht involviert sind, können da schwerlich mit reden. Denn viele Gäste sehen nur immer die Preise der versch. Gaststätten und sagen --oh ist das teuer , für 4 Gläser Bier bekomme ich einen ganzen Kasten -- KEINER versteht, das Gastwirte das Fassbier teurer bei der Brauerei einkauft, wie jeder Bürger den Kasten Bier im Supermarkt, geschweige von den dortigen Angeboten. Ein Gastwirt erhält kein SONDERANGEBOT von der Brauerei. Die Vorsteuer für Foodartikel beträgt 7% diese Vorsteuer erhält der Gastwirt sowie jeder Lebensmittelhändler, Imbissbudenbetreiber vom Finanzamt zurück -- jetzt kommt jedoch der Knackpunkt -- Jeder Lebensmittelhändler der sein Obst- und Gemüse nur von der Palette ins Regal legt, seine Wurst oder Fleisch in die Kühltheken, also wenig Arbeit damit hat, verkauft dies und braucht nun von diesem Umsatz wiederum nur 7% an das Finanzamt abführen, ebenso der Imbißbudenbetreiber !!! In der Gastronomie wird der Salat gewaschen und angerichtet, das Fleisch und Beilagen gebraten und serviert, es ist IMMER NOCH EIN LEBENSMITTEL; aber komischerweise muss nun der Gastwirt von diesem zubereiteten Essen, dass hier mit Energie- und Personalkosten bereits zusätzlich an Kosten belastet ist --- 19% Steuern abführen, wie gesagt es ist ja IMMER NOCH EIN LEBENSMITTEL und lt. Gesetz gilt regulär auf Lebensmittel eine MwSt. von 7% .Es müsste gleich sein ob ich den Salat im Lebensmittelregal verkaufe oder an einem Gast am Tisch !!! Hier sieht man dass es regulär unser Staat mit dem Steuergesetz nicht so genau nimmt und es so auslegt um möglichst viele Steuern ein zu nehmen. --- Kein Gastwirt hat immense Rücklagen, dass er seinen Betrieb über mehrere Monate ohne Einnahmen aufrecht erhalten kann, da keine hohen Gewinne erwirtschaftet werden um dies ab zu fangen
So knallhart es ist, auch das Geld vom Staat hat irgendwo ein Ende. Es kann nicht alles abgefangen werden.
Und selbst, wenn die Gastronomie wieder aufmachen darf - hängt es immer noch vom Kunden/Gast ab, ob dieser kommt und Geld da lässt. Ich persönlich würde kein Risiko eingehen, nur um mal schnell eben essen zu gehen.
Das Einzige, was jetzt diesem Land, nein, der ganzen Welt helfen könnte, wäre ein Impfstoff, ein wirksames Heilmittel. Ob der Staat nun für ein Jahr, oder für 20 Jahre den wirtschaftlichen Ruin von kleinen bis großen Betrieben abfangen kann, ist so unrelevant, so lange es keine Heilung gibt.
Nun ist er da, der 3. Weltkrieg - nur mit so einem Gegner hat die Menschheit nicht gerechnet. Der Biologie.
Der "arme" Herr Dauenhauer.
2 Hotels mit Gaststätte + 1 Cafe`sind in diesen Zeiten zwar nicht einfach über die Runden zu bringen,
aber wenn das so schwierig ist war der Betrieb schon vorher krank.
Bei 40 Angestellten aus 15 Nationen die wahrscheinlich nicht mehr als den Mindestlohn bekamen sollten doch schon Rücklagen vorhanden sein um Bankkredite zu bekommen ohne das Sparbuch der Oma zu plündern.
Oder ist es wie meistens, "wer am meisten jammert dem geht es gut"?
Ich frage mich sowieso woher das ganze Geld plötzlich kommt und wer die Schmitze irgendwann bezahlen soll.
Kann mir das mal einer erklären? Die Mehrwertsteuer ist für Gewerbetreibende ein sog. durchlaufender Posten. Sie wird einzig und allein vom Endverbraucher bezahlt. Wieso wollen die Gastronomen die Mehrwertsteuer auf die berühmte Currywurst absenken? Weil Sie den Preis Ihres Gerichts im Restaurant senken wollen um mehr Kunden anzulocken welche die Wurst ansonsten im Imbiß verzehren würden? Ich meine einzig und alleine aus dem Grund weil Sie ihre Gewinnmarge um eben diese Differenz erhöhen wollen denn die Preise auf der Speisekarte werden keinesfalls sinken. Schäbig nennt man das.
Ich denke das Problem ist, dass der Gastronom die Currywurst mit 7% Vorsteuer einkauft, den Umsatz beim Verkauf (im Restaurant) aber mit 19% versteuern muss...
Was bei ziemlich allen Lebensmitteln der Fall sein dürfte.