Sebastian Müller ist mehrfach behindert. Am Kulmbacher Bahnhof aussteigen kann er nicht. Der 30-Jährige fordert den barrierefreien Umbau.
Sebastian Müller aus Untersteinach ist mehrfach behindert. Er arbeitet als Sozialpädagoge in Regensburg, verbringt die Wochenenden aber in seiner Heimatgemeinde. Der 30-Jährige, der auf den Rollstuhl angewiesen ist, fährt mit dem Zug bis Bayreuth, wird dort von seiner Mutter mit dem Auto abgeholt. "Am Bayreuther Bahnhof gibt es Hublifte, die wir Rollstuhlfahrer benötigen, um Treppen beim Ein- oder Ausstieg in einen Regionalexpress zu überwinden", sagt der junge Mann.
Kein Hublift
Als Sebastian Müller jetzt erfahren hat, dass der Bahnhof in Untersteinach mit einem Aufzug barrierefrei gestaltet wird, hat er sich gefreut. Müller befürchtet aber, dass sich die Situation nur geringfügig verbessern wird, sollte dort kein Hublift zur Verfügung stehen. Und der wird definitiv nicht kommen, wie die Deutsche Bahn mitteilt.
Das Problem geht Sebastian Müller zufolge weiter: Könnte man bei den Zügen der Eisenbahngesellschaft Agilis zwar über eine mitgeführte Rampe bequem in Untersteinach einsteigen, komme man aber in Kulmbach nicht aus dem Zug, "da der dortige Bahnhof nicht barrierefrei ist".
Das "Bayern-Paket 2019"
Auf den Kulmbacher Bahnhof richtet sich sein Blick. Müller hofft, dass Kulmbach zu den Bahnhöfen gehört, die in das "Bayern-Paket 2019" aufgenommen werden - ein Paket, das bis Jahresende geschnürt wird und in das die Stationen kommen, die rollstuhlgerecht ausgebaut werden sollen. Details dazu werden Ministerpräsident Seehofer und DB-Chef Grube am 18. Juli bekanntgeben.
Warum hält Zug nicht auf Gleis 1?
In Kulmbach könnte man allerdings, so Sebastian Müller, auch ohne viel Geld eine erhebliche Verbesserung für Menschen mit Mobilitätseinschränkung erreichen - "in dem man die Agilis-Züge auf Gleis 1 halten lässt, von dem man direkt, ohne Treppen, den Bahnhof verlassen kann". Der Zugang in die Agilis-Züge wäre möglich, "da diese über einen ebenerdigen Einstieg verfügen und für die Überbrückung der Bahnsteigkante eine Rampe im Zug mitführen, die bei Bedarf vom Zugpersonal am Zug angelegt werden kann". Die Bahn komme dem Wunsch nicht nach, weil sie den Kulmbacher Bahnhof nicht als barrierefrei einstufe und sich durch die Umleitung der Agilis-Züge auf Gleis 1 die Fahrzeit um zwei Minuten verlängern würde, sagt Müller.
Dass sich tatsächlich eine Zeitverzögerung ergäbe, weil die Züge, die auf Gleis 1 fahren, andere Gleise kreuzen müssten, stellt dazu ein Bahnsprecher fest. Er erteilt diesem Denkmodell eine Absage, verweist aber darauf, dass Kulmbach tatsächlich ein Kandidat für das "Bayern Paket 2019" ist.
Nicht nur Behinderte profitieren
Dass die Stadt seit Jahren die Barrierefreiheit fordert, stellt OB Herny Schramm (CSU) fest. Schramm hat jetzt noch einmal das Gespräch mit Günther Pichler von der DB gesucht und auch in einem Brief an Innenminister Joachim Herrmann (CSU) dafür dafür geworben, dass Kulmbach in den Investitionsplänen berücksichtigt wird. Von der Barrierefreiheit profitieren würden nach seinen Worten nicht nur Behinderte, sondern auch Mütter mit Kinderwagen oder auch Fahrradtouristen. Schramm hält den barrierefreien Ausbau des Bahnhofs für notwendig, zumal Kulmbach auch eine der Modellkommunen im Projekt "Bayern barrierefrei 2023" ist.
Positives Signal
In Kulmbach wird dem Oberbürgermeister zufolge viel Geld in das Umfeld des Bahnhofs investiert. Zig Millionen Euro fließen oder sind nach seinen Worten in das Spinnerei-Areal, das Post-Gebäude und in die Sparkassen-Hauptstelle geflossen. Der Bahnhof dürfe da als "Eingangstor zur Stadt" nicht vernachlässigt werden, betont Schramm, der aus dem Gespräch mit der Bahn Hoffnung geschöpft hat.