Einwendungen? Fehlanzeige
Bürgermeister Robert Bosch (CSU) erwartet sich "weitreichende Antworten" von Tennet. Noch bis zum 27. Dezember können Bürger gegen den Nordostbayernring Einwendungen vorbringen. "Bislang Fehlanzeige", wie es dazu aus der Mainleuser Verwaltung heißt. Dem Rathauschef zufolge ist es ruhig in der Gemeinde. Es habe bei der jüngsten Gemeindebeteiligung zum Thema lediglich eine Anregung gegeben, nach besagtem Marktleugaster Vorbild in Neuensorg zumindest einen Teil der Trasse unter die Erde zu legen.
Vor- und Nachteile abwägen
"Diese Variante hat Vor- und Nachteile, die es abzuwägen gilt", sagt Bosch. "Vorteil ist sicher: Man sieht von der Leitung nichts mehr, sprich die optische Beeinträchtigung fällt weg. Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass eine Erdverkabelung negative Auswirkungen auf den Boden hat. Womöglich sind die betroffenen Flächen - etwa für die Landwirtschaft - nicht mehr in der Weise nutzbar wie bisher. Ich persönlich empfände die Bodenvariante sogar als den größeren Eingriff in die Natur." Die elektromagnetischen Auswirkungen müssten Experten bewerten. Als große Chance beim Ersatzneubau sieht Bosch, "dass die Trasse weiter von der Wohnbebauung wegrückt".
Nichtsdestotrotz ist er der Ansicht: Die Aufgabe, Strom über weite Strecken durchs Land zu transportieren, sollte in öffentlicher Hand sein und nicht privatwirtschaftlich organisiert werden.
Von Grenzwerten und Gesundheitsgefahren
Mit Physik ist es so eine Sache - und mit physikalischen Einheiten erst recht. Wie schnell verschieben sich Werte, wenn man das Komma um eine Stelle verrückt? Darauf weist Ina-Isabella Haffke hin. "Es sind in der Debatte um den Ostbayernring leider aufseiten der Kritiker nicht immer korrekte Zahlen im Umlauf", sagt die Referentin für Bürgerbeteiligung beim Netzbetreiber Tennet.
Zunächst, so Haffke, gelte es zu unterscheiden zwischen den Grenzwerten für das elektrische und das magnetische Feld. "Beim elektrischen Feld liegt der Grenzwert bei 5 Kilovolt pro Meter, beim magnetischen Feld bei 100 Mikrotesla." Was ersteres angehe, so gebe es auch in der Bevölkerung die wenigsten Bedenken. "Das elektrische Feld lässt sich abschirmen. Bei der sogenannten magnetischen Flussdichte hingegen bestehen Befürchtungen in Sachen gesundheitlicher Belastung, denn das lässt sich nicht abschirmen." Solche elektromagnetischen Felder entstehen übrigens auch durch Handys oder Mikrowellengeräte.
Doch die 100 Mikrotesla seien lediglich ein hypothetischer Wert. "Sogar bei theoretisch maximaler Auslastung erreichen wir direkt unter der Leitung - gemessen wird ein Meter über dem Boden und unter dem Punkt, wo das Leiterseil am tiefsten durchhängt - etwa 40 Mikrotesla. In der Regel sind unsere Leitungen nur zu rund 60 Prozent ausgelastet. Das resultiert aus Sicherheitsvorgaben. Wenn ein Stromkreis ausfällt, muss der andere den Stromtransport mit übernehmen können. Eine volle Auslastung der Leitung erreichen wir nur an wenigen Tagen im Jahr."
Je weiter man sich von der Leitung entfernt, desto schwächer werde die Flussdichte, so Haffke weiter. "Zur Seite hin fällt das magnetische Feld rasch ab, so dass wir bei rund 150 Metern nur noch etwa 0,3 Mikrotesla erreichen - das ist eine geringere Stärke, als sie das natürliche Magnetfeld der Erde hat."
MRT belastet deutlich stärker
Sie dementierte Zahlen, die jüngst bei einer Protestaktion im Zuge des Besuches von CDU-Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier in Redwitz kursierten. Dort hatten Bürger aus Neuensorg, die nahe des Ersatzneubaus der geplanten Trasse ihre Häuser haben, bekundet, dass selbst bei einer Untersuchung im Magnetresonanz-Tomografen (MRT) die Strahlung mit 1,5 bis 3 Mikrotesla geringer sei als in unmittelbarer Nähe zur 380-kv-Leitung. Haffke widerspricht: "Beim MRT reden wir eben nicht von den genanten 3 Mikrotesla, sondern von 3 Tesla - also dem Faktor 1000 in Sachen Strahlenintensität."
Was Studien zu einer möglichen Gesundheitsgefährdung durch Trassen mit Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) angeht, so ist es Forschern im Tierversuch bislang nicht zweifelsfrei gelungen nachzuweisen, ob - und wenn ja wie - sich Stromleitungen schädlich auf den menschlichen Organismus auswirken könnten. Es gibt allerdings auch keinen Gegenbeweis, dass sie unschädlich sind. Ohne erkennbar eindeutige Ergebnisse hat sich die Weltgesundheitsorganisation WHO daher entschieden, niederfrequente elektromagnetische Felder als "möglicherweise krebserregend" einzustufen. Damit stehen sie auf einer Stufe mit dem Unkrautvernichter Glyphosat, mit Laserdruckern - und mit Kaffee.
Häufungen nicht belegbar
Was aber ist von Vorwürfen aus Neuensorg zu halten, wonach es dort unverhältnismäßig viele Fälle von Leukämie sowie Missbildungen bei Säuglingen gebe? Camelia Sancu, Leiterin des Gesundheitsamts, sagt: "Über solche Zunahmen sind wir nicht informiert." Das bestätigt auch Patrick Muzzolini, Obmann der Kinderärzte. "Wir bewegen uns auf kompliziertem Terrain. Es gibt keine gesicherten Daten zu möglichen Zusammenhängen." Angebliche Häufungen ließen sich statistisch schwer fassen und erlaubten nicht automatisch Rückschlüsse auf Ursache und Wirkung. Bei den genannten Erkrankungen sei es zudem fragwürdig, einen einzigen Faktor wie ein magnetisches Feld als ausschlaggebend zu werten.
Dürfen hier nur bestimmte Personen einen Kommentar abgeben?
Ich habe schon zwei geschrieben und keiner erscheint hier.
Anmerkung der Redaktion: Lieber Herr Hübner, Sie haben bisher einen Kommentar verfasst und der wurde freigeschalten. Bitte schauen Sie noch einmal nach.
Vielen Dank
Und dann gibt es die, die weder Mobilfunkmasten noch Windräder oder größere Stromleitungen haben wollen. Aber leider werden die nicht gefragt. Das muss man alles hinnehmen. Es wird ungemütlich hier in Schimmendorf.
Die einen wollen beste Mobilfunkversorgung, aber ja keinen Mobilfunkmast in der Nähe. Die einen wollen erneubare Energien, aber ja keine Windräder in der Nähe. Die einen wollen eine sichere Stromversorgung, aber ja keine Stromleitungen in der Nähe.
Der Netzbetreiber Tennet informiert sicher „völlig objektiv und uneigennützig“ derweil er ja keinerlei eigene Interessen verfolgt – oder irre ich mich da???? Oder sollten die elektromagnetischen Auswirkungen von unabhängigen Experten bewerten werden. Bei einer Veränderung der Leitung von mehr als 200 Metern müsste eine Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgen - da hat Tennet wohl was dagegen!!!!! - warum wohl?