IHK will Energiezentrum in Kulmbach

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Der Präsident der Industrie- und Handelskammer für Oberfranken, Heribert Trunk (rechts), und sein Vize Michael Möschel, der dem Kulmbacher IHK-Gremium vorsteht, ziehen eine positive Bilanz des ersten Jahres ihrer gemeinsamen Amtszeit. Foto: Alexander Müller
Der Präsident der Industrie- und Handelskammer für Oberfranken, Heribert Trunk (rechts), und sein Vize Michael Möschel, der dem Kulmbacher IHK-Gremium vorsteht, ziehen eine positive Bilanz des ersten Jahres ihrer gemeinsamen Amtszeit. Foto: Alexander Müller

Eine positive Bilanz nach einem Jahr im Amt zogen der Präsident der Industrie- und Handelskammer Oberfranken, Heribert Trunk, und sein Vize Michael Möschel. Themen wie Infrastruktur, erneuerbare Energien und die Auswirkungen der Arbeit auf Kulmbach standen im Mittelpunkt eines Gesprächs.

Herr Trunk, Herr Möschel - die IHK sieht Oberfranken als Zukunftsregion. Woran machen Sie das fest, zum Beispiel hier bei uns in Kulmbach?

Heribert Trunk: Der wichtigste Indikator ist der der Entwicklung der Arbeitsplätze. Die sozialversicherungspflichtigen haben hier in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen. Das haben wir Unternehmerinnen und Unternehmern zu verdanken, die ihre Hausaufgaben machen. Dass wir in sieben Jahren 24 Prozent mehr Auszubildende haben, zeigt, dass für junge Menschen Perspektiven da sind. In den letzten vier Jahren haben wir einen Verdoppelung der Abiturientenzahlen im IHK-Bereich.
Und der Fachkräftemonitor zeigt Bedarfe überproportional aus der beruflichen Bildung - und nicht so sehr aus der akademischen.

IHK-Präsident Heribert Trunk zum Energiestandort Kulmbach by Infranken.de

Michael Möschel: Für Kulmbach ist es wichtig dass es uns gelingt, die außeruniversitären Schulungseinrichtungen wie das Max-Rubner-Institut, die Akademie für Neue Medien und die Verkehrsakademie am Standort zu erhalten, sie in ihrer Qualität zu beschreiben und auch überregional auszubauen.

Wie steht denn der Wirtschaftsraum Kulmbach aktuell da, Herr Möschel? Welche Rolle spielt hier der Schwerpunkt Lebensmittelproduktion und -forschung? Wo gibt es noch Herausforderungen?

Michael Möschel: Die Entwicklung der letzten zehn Jahre war eine außerordentliche Erfolgsgeschichte, weil wir hier in Kulmbach eine Gründerkultur, tatsächlich viele neue, junge Unternehmen haben - zum Beispiel im Bereich Finanzdienstleistungen. Wer hätte vor 20 Jahren geglaubt, dass alles das, was an der Forstlahmer Straße entsteht, einmal zum größten Gewerbesteuerzahler in Kulmbach wird. Wir haben Menschen, die quer denken und haben Innovationen, Unternehmen, die als große Arbeitgeber fungieren. Hier sind Baumann-Druck ebenso zu nennen wie Ireks oder Raps. Dass was wir hier eine Innovationskultur haben, macht mich optimistisch, dass die positive Entwicklung weitergeht. Ein zweiter wichtiger Punkt: Auch die Kulmbacher Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren überproportional am Export orientiert. Das heißt, dass wir nicht mehr so stark von den regionalen Absatzmärkten abhängig sind. Kulmbacher Produkte gibt es heute in aller Welt. Ein Fragezeichen steht allerdings auch in Kulmbach - die Nachfolge in vielen mittelständischen Unternehmen.

"Infrastruktur - Wege für morgen" ist das Jahresthema der IHK. Welche Schwerpunkte will die IHK da setzen, Herr Trunk? Und wie kann sie sich konkret bei Projekten einbringen, die offenbar nicht vorankommen, wie zum Beispiel die Ortsumgehungen Untersteinach oder Kauerndorf, Herr Möschel?

Heribert Trunk: Hier sehen wir nicht nur die klassische Infrastruktur - Schiene, Straße und Seewege - sondern für uns ist Infrastruktur auch das Thema Breitband. Das wollen wir auch bei unserem ersten oberfränkischen Breitbandgipfel erhärten, der am 8. April in Kloster Banz stattfinden wird. Ich glaube, wir haben einen Ministerpräsidenten, dessen Herz für die Regionen schlägt. Das Breitbandprogramm mit 500 Millionen der Staatsregierung zeigt es. Es wurde von der EU so sehr verkompliziert, dass die Gebietskörperschaften zu Recht stöhnen, was man daraus machen soll. Aber wir müssen etwas daraus machen. Infrastruktur ist für uns genauso das Thema Kinderbetreuung, wo es nach den Kitas natürlich weitergehen muss über Ganztagsschulen, Ganztagsbetreuung bis zum Ende der schulischen Laufbahn.

IHK-Vizepräsident Michael Möschel zum Standort Kulmbach by Infranken.de

Michael Möschel: Durch die Kompetenz in unserem Hauptamt und über die wichtige Aufgabe Politikberatung handelt es sich dabei um ein Thema, das wir täglich spielen. Die IHK oder ein Gremiumsvorsitzender in Kulmbach können natürlich nicht die notwendigen Finanzmittel locker machen, damit wir die Ortsumgehungen bekommen. Ich kann das auch deutlicher formulieren: Ich finde es einen unglaublichen Vorgang, dass die Ortsumgehung Untersteinach noch nicht realisiert ist oder wenigstens mit dem Bau begonnen wurde. Wir können aber nur dafür sorgen, dass dieses Thema nicht irgendwann wieder unter der Decke verschwindet. Wir machen uns stark - manchmal machen wir uns vielleicht sogar zu stark, wenn es um unliebsame Infrastrukturprojekte geht. Wenn unser Innenminister erklärt, dass dort keine Straßen mehr gebaut werden, wo unsere Menschen sie nicht wollen, bin ich hochgespannt, wie das jetzt die zwei Kulmbacher Stadtviertel an der Bundesstraße 85 in Mangersreuth und Forstlahm regeln wollen. Die an der Bayreuther Straße wohnen, wollen nichts, die in Forstlahm wohnen, hätten es gern. Das zeigt aber meiner Meinung nach diesen Zielkonflikt, in dem man sich da bewegt. Anders ist das beim Thema Breitbandausbau. Wir haben im wichtigsten Kulmbacher Gewerbegebiet, "Am Goldenen Feld", derzeit eine Uploadgeschwindigkeit von 0,3 MB und einen Download von 3 MB - und alles andere kostet mehrere 1000 Euro pro Jahr für einen kleinen Mittelständler. Das ist politisch und auch wirtschaftlich nicht hinnehmbar. Und an der Stelle werden wir alles tun, um die Stellschrauben in die richtige Richtung zu bekommen.

Ein wichtiges Thema ist das der erneuerbaren Energien für die IHK, Herr Trunk. Sie hatten die Idee eines Kompetenzzentrums hier in Kulmbach ins Gespräch gebracht. Gibt es da noch aktuelle Anknüpfungspunkte?

Heribert Trunk: Wir haben bei der bayerischen Staatsregierung ein strategisches Entwicklungskonzept für Oberfranken platziert, das nennt sich "Zukunftswerkstatt Oberfranken". Ein ganz wesentliches Element dieser Zukunftswerkstatt, die sich mit Medizintechnik, die sich mit Schutzrechten und Patenten, die sich mit IT-Sicherheit, mit Demographie befasst, ist das Thema Energiezentrum, wo wir bündeln wollen oberfränkisches Know-How, das schwerpunktmäßig in Kulmbach ist, gemeinsam mit Marktredwitz, gemeinsam aber auch mit Hof, mit der Hochschule, die da aktiv ist. Und wir sind im Moment in Verhandlungen mit der Staatsregierung, da was gebacken zu kriegen, denn das wäre ein wichtiges Signal für Kulmbach, für Oberfranken, aber auch für die Energiewende in Bayern und in der Bundesrepublik.

Sie als IHK haben sich auch die Fachkräftesicherung auf die Fahnen geschrieben. Projekte wie das "Haus der kleinen Forscher", an dem schon ein Dutzend Kindergärten im Landkreis beteiligt sind, oder die Vernetzung mit den Arbeitskreisen Schule/Wirtschaft stehen dafür. Welche Projekt und Ideen können das wichtige Anliegen in diesem Jahr noch voranbringen, Herr Trunk?

Heribert Trunk: Also insbesondere werden wir das Erfolgsmodell "Haus der kleinen Forscher", was ja insbesondere in der Region Kulmbach am erfolgreichsten läuft in Oberfranken, weiterführen. Wobei bezogen auf die Bevölkerung sind wir die dichteste Region mit mittlerweile 36 Einrichtungen und 480 Mitarbeitern, die geschult wurden. Wir werden das Interesse für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik auch in die Grundschulen hineintragen. Wir wollen das Thema Arbeitskreise Schule/Wirtschaft fördern, wo ich als Vertreter Oberfrankens im Landesgremium sagen kann, dass Michael Pfitzner und seine Mitstreiter durchaus die Leuchttürme in Bayern sind. Da haben wir auch in der Kammer Weichen personeller Art gestellt, so dass wir durchaus Personalunterstützung für die Arbeitskreise leisten. Und wir haben mit der Gründung des IHK-Fachkräfteausschusses, der im Moment hinter Energie und Umwelt der zweitgrößte ist, die Weichen gestellt, dass wir auch das Thema Fachkräfte im Ehrenamt stärker besetzen. Und wir sehen natürlich in den IHK-Ausbildungsberufen mit mittlerweile 61 Prozent der Auszubildenden in Oberfranken die Trendberufe schlechthin für junge Menschen.

Die IHK möchte ihre Arbeit noch stärker regionalisieren, Sie denken an Kooperationsvereinbarungen, Herr Trunk. Was genau stellen Sie sich da vor - und wie könnte da die Region Kulmbach ins Spiel kommen?

Heribert Trunk: In der Oberfrankenentwicklung denken wir strategisch. Ich betone das immer, weil Politik natürlich stark an Wahlen denkt, börsennotierte Unternehmen natürlich stark an die nächsten drei Monate, an den Quartalsbericht. Mittelständische Unternehmer denken langfristig, zum Teil sogar in Generationen. Wir wollen dieses Jahr nutzen, dass einerseits einmal unsere Gremien auflisten, wo müssen wir mit der Kommunalpolitik hinkommen - ob das jetzt Ganztagsbetreuung ist, ob es Verkehrsinfrastruktur ist - und wollen dann in den Diskurs mit den örtlichen Verantwortlichen. Wir wollen ins Ziel Planen gehen und sagen, das ist unser Ziel und dann auch in Regelmäßigkeit die Erreichung überprüfen. Dass wir uns also an einem Konzept entlanghangeln in den nächsten Jahren und in eine andere Verbindlichkeit kommen als in der Vergangenheit.

Auch im Landkreis gibt es Teilregionen mit unterschiedlicher Entwicklung, Herr Möschel. Die Gemeinden Bad Berneck, Himmelkron, Marktschorgast, Neuenmarkt und Wirsberg wollen als ein gemeinsames Mittelzentrum ausgewiesen, Anträge gibt es auch aus Stadtsteinach/Untersteinach und Thurnau. Bisher scheinen die Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt. Wie steht die IHK zu diesen Bemühungen, ist sie eingebunden, kann sie sie unterstützen?

Michael Möschel: Die Frage, wer oder was wird Mittel- oder Oberzentrum ist ja nun leider nicht nur eine Entscheidung, die mit wirtschaftlicher Strahlkraft zu tun hat. Es ist eine Entscheidung, die Landesentwicklungskonzepten folgt uns im wesentlichen den entsprechenden politischen Vorgaben dazu. Ich habe persönlich den Bürgermeistern dort unsere Unterstützung angeboten. Für mich ist es eine herausragende Entwicklung, die insbesondere die Region um Himmelkron in den letzten 15 Jahren genommen hat. Sie strahlt ja mittlerweile weiter in den Landkreis hinein. Als Unternehmer stehe ich auf dem Standpunkt, dass es Aufgabe der Politik ist, alle notwendigen Entscheidungen zu treffen, um einem fleißigen Bürgermeister und einer fleißigen Teilregion die notwendigen Unterstützungen zu gewähren, die sie brauchen, um weiter eine positive Entwicklung zu nehmen. Insbesondere dann, wenn sich am Schluss kommunalpolitisches Gezänk entwjckelt um Dinge, die der eine zunächst nicht haben wollte, aber der andere schlauerweise in Angriff genommen hat.

IHK-Vizepräsident Michael Möschel zur Infrastruktur by Infranken.de