Hölle Mariupol: "Mein Bruder wurde ausgebombt"

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Die Aufnahme, die ein Freund von Roman Konovalov auf Telegram veröffentlicht hat, zeigt den zerbombten Wohnblock, in dem der Bruder des 38-jährigen Ukrainers gelebt hat.
Die Aufnahme, die ein Freund von Roman Konovalov auf Telegram veröffentlicht hat, zeigt den zerbombten Wohnblock, in dem der Bruder des 38-jährigen Ukrainers gelebt hat.
Nikolai Kotow
Roman Konovalov ist mit seiner Familie aus der Ukraine geflüchtet.
Roman Konovalov ist mit seiner Familie aus der Ukraine geflüchtet.
Familie Konovalov

Der Familie Konovalov ist die Flucht aus der Ukraine gelungen. Sie lebt jetzt im Landkreis Kulmbach. Angehörige sind in der Hafenstadt Mariupol geblieben, die unter Dauerbeschuss steht. Roman Konovalov macht sich nun vor allem Sorgen um seinen Bruder.

Die Kommunikation ist zusammengebrochen in Mariupol, der Hafenstadt in der Ostukraine, die seit Tagen von der russischen Armee bombardiert wird. Kommuniziert wird von vielen, vor allem jungen Menschen über den Online-Dienst Telegram. "Es gibt da einen Nachrichtenkanal für Leute aus unserer Stadt, in dem sich alle informieren, was in Mariupol passiert", sagt Roman Konovalov, der Mitglied ist und von schrecklichen Bildern spricht, die im Minutentakt auf seinem Handy eintreffen. Er blickt auf Gebäude, die nach einem Raketeneinschlag in Schutt und Asche liegen, auf Menschen, die nach Verletzten suchen, er sieht Bilder, die von denen gemacht wurden, die in Schutzkellern Unterschlupf gefunden haben. Und immer werde die Frage gestellt: "Weiß jemand, ob mein Verwandter noch lebt."

"Es ist eine Katastrophe"

"Es ist eine Katastrophe, die sich abspielt", sagt Roman Konovalov, der mit seiner Frau Marina und den drei Kindern Anastasia (3), David (9) und Katheryna (15) rechtzeitig aus Mariupol flüchten konnte. Nach einer fünftägigen, gefährlichen Reise, in der sie mit dem Auto 3200 Kilometer zurückgelegt haben, sind die Konovalvos (wie berichtet) von der befreundeten Landwirtsfamilie Dreßel im Rugendorfer Ortsteil Eisenwind aufgenommen worden. Sie befinden sich dort in Sicherheit, doch die Sorge um die Angehörigen, die in Mariupol geblieben sind, ist groß. Wie es Roman Konovalovs Vater und Bruder sowie den Schwiegereltern geht, die ihre Heimatstadt nicht verlassen wollten? "Wir wissen es nicht. Wir haben sei Tagen keinen Kontakt mehr", sagt der 38-Jährige, der sich nach außen hin stark gibt, während seine Frau die Tränen nicht verstecken kann. "Frauen zeigen mehr Gefühle, doch ich habe auch Angst", sagt Konovalov, der sich keine Fernsehberichte mehr anschauen mag, auf Telegram aber miterlebt, wie Mariupol zerstört wird.

Das Haus steht in Flammen

Nicht glauben konnte er es, als er Bilder und Videos entdeckt hat, die ein großes Wohnhaus zeigen, in dem sein Bruder gelebt hat. "Auch Bekannte haben Aufnahmen gemacht, auf denen man sieht, wie das Gebäude in Flammen steht," sagt Konovalov. Sein Bruder habe im ersten Stock gewohnt. Ein Stockwerk, das ausgebombt ist. Auch der kleine Lastwagen der Familie, der vor dem Haus stand, ist ausgebrannt. Es soll Verletzte, aber keine Toten gegeben haben, berichtet der Ukrainer, der nicht weiß, wie es seinem Bruder geht. "Ich habe aber von Bekannten gehört, dass er noch lebt."

Die bombardierte Geburtsklinik

Es herrscht Panik in Mariupol, der Stadt am Asowschen Meer, in der es keinen Strom mehr gibt, kein Wasser, keine Lebensmittel. Von dort erreichen uns die schlimmsten Bilder des Krieges. Wie die Aufnahmen am Mittwoch, die weltweit für Entsetzen gesorgt haben. Von einer Geburtsklinik, die während einer von beiden Seiten vereinbarten Feuerpause bombardiert worden sein soll. Es sollen auch Kinder unter den Trümmern gewesen sein, hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf Twitter geschrieben. Er spricht von Völkermord. "Es ist die Klinik, in der unsere Tochter Katheryna auf die Welt gekommen ist", sagt Roman Konovalov, der von einem grausamen Angriff spricht und sich fragt: "Wie kann man so etwas nur machen?"

"Schreckliche Bilder"

Hunderttausende wollten die Stadt in den vergangenen Tagen verlassen, nur wenige Tausend sollen es geschafft haben. Fluchtkorridore, die eingerichtet worden sind, seien beschossen worden, hat Oleg Nikolenko, der Sprecher des Außenministeriums, erklärt. "Das ist unvorstellbar", sagt Roman Konovalov, der von der befreundeten Bloggerin Julia berichtet, der die Flucht gelungen ist. In ihren Beiträgen habe sie die Grausamkeit des Krieges dokumentiert. "Sie hat Bilder von toten russischen und ukrainischen Soldaten gezeigt, die auf der Straße und auf dem Feld lagen. Schreckliche Bilder."

Ob Mariupol verloren ist? "Wenn die ukrainischen Soldaten nicht die Waffen niederlegen, wird die russische Armee nicht aufgeben, bis sie die Stadt dem Erdboden gleich gemacht hat", befürchtet Roman Konovalov, der sich mit seiner Frau Marina derzeit nur eines wünscht: "Dass der furchtbare Krieg endlich beendet wird, damit die Menschen am Leben bleiben." Menschen wie sein Vater, sein Bruder und die Schwiegereltern, um deren Leben sie seit vielen Tagen fürchten.