Weltmusik aus Niederbayern: Hans-Jürgen Buchners Haindling gastierte vor ausverkauften Rängen am Samstagabend im Schönen Hof der Plassenburg.
Den Begriff "Alpenpop" mag er gar nicht: Hans-Jürgen Buchner, einer der bekanntesten Musiker Deutschlands und ein eigenwilliger wie erfolgreicher Komponist. Zum einen liegt das 130-Seelen-Dorf Haindling nicht in den Alpen, sondern in Niederbayern. Zum anderen ist es nicht unbedingt Popmusik, was Buchner macht, sondern eher eine Mischung aus bayerisch angehauchter Weltmusik, Ethno-Pop, Avantgarde, Walzer, Landler. Eigentlich könnte man jedes Stück anders einordnen, und es bleibt doch immer wieder eine geniale Haindling-Komposition.
Am Samstagabend gastierte Hans-Jürgen Buchner bei den Plassenburg-Open-Airs, zehn Jahre nach seinem letzten Auftritt in Kulmbach, und es ist schon bezeichnend, dass dieses Open Air schon seit Wochen restlos ausverkauft war, so beliebt und bekannt ist Haindling auch im Fränkischen. Vom Kleinkind bis zum Senior - solche Künstler sind selten, die alle Generationen ansprechen.
Freiheit ist für ihn, den kreativen Kopf, wichtig. Progressiv, idealistisch und ohne Rücksicht auf Trends oder Zeitgeist, eher ganz bewusst dagegen. Vielleicht kommt deswegen auch im Schönen Hof der Plassenburg eine ganz eigenwillige gute Stimmung auf.
Musikalischer Einzelgänger Der musikalische Einzelgänger Hans-Jürgen Buchner ist freilich untrennbar mit dem Wallfahrtsort Haindling verbunden. "In Haindling hat sich die Musik erfunden", sagt er. Dort hatte er, der Multi-Instrumentalist, alle erdenklichen Blas- und Tasteninstrumente, Glocken, Klangschalen, Trommeln auf ein Mehrspurtonband eingespielt und so den typischen Haindling-Sound erfunden. Das riesige Instrumentarium, vom Klangholz bis zur Maultrommel, bevölkert auch in Kulmbach die Bühne. Dort bedient er sich der Hilfe befreundeter Musiker: Michael Braun, Michael Ruff, Peter Enderlein, Reinhold Hoffmann und Wolfgang Gleixner.
Sie alle können, genauso wie ihr Meister, so ziemlich jedes Tasten-, Blas- oder auch Schlaginstrument spielen und geben den typischen Haindling-Sound ganz im Sinne Hans-Jürgen Buchners wider.
Noch eine Spur politischer scheint er geworden zu sein, zumindest aber direkter. Hans-Jürgen Buchner wettert gegen Plastik-Müll und setzt das Haindling-Müllsack-Plastik-Orchester dagegen. Die chemischen Inhaltsstoffe eines einfachen Kuchens aus dem Flugzeug liest er vor, unterlegt das Ganze mit einer Haindling-Komposition und schlägt perfekt die Brücke zum geplanten Freihandelsabkommen TTIP.
Und natürlich die letzten 70 Kilometer freifließende Donau zwischen Straubing und Vilshofen, sein Lieblingsthema.
Seit Jahren kämpft er zusammen mit dem Bund Naturschutz dagegen und es scheint tatsächlich so, als habe die Donau dank Haindling gewonnen.
"Lang scho nimmer g'sehn": Dieser Titel brachte ihm 1984 den Durchbruch, auch im Norden der Republik. Beim Konzert in Kulmbach ist das die letzte Zugabe. In den zurückliegenden Jahren ist Hans Jürgen Buchner aber auch immer mehr als ernsthafter Filmkomponist in Erscheinung getreten, unverwechselbar etwa seine Tonmalereien in der TV-Serie "Cafe Meineid", "Irgendwie und sowieso" oder "Madame Bäuerin". In Kulmbach gibt es beides: die Haindling-Hits aber auch die verträumt melancholischen Filmklänge, fast schon kleine Sinfonien, die an diesem Abend im Schönen Hof der Plassenburg so richtig zur Geltung kommen.
Kaum zu glauben, dass der Ur-Bayer Hans-Jürgen Buchner ein gebürtiger Preuße ist, dass er als Keramiker den Meisterbrief besitzt, und dass er tatsächlich schon 1945 geboren
wurde. Über zweieinhalb Stunden spielt er, gibt sich witzig, selbstironisch, nachdenklich, spornt das Publikum zum Mitschnippen, Mitklatschen und sogar zum Mitschunkeln an.
Der musikalische Botschafter des modernen Bayern lädt zu einer musikalischen Traumreise durch den Freistaat, sorgt für Gänsehautstimmung mit dem Titel "Das ewige Lied" und rockt ab beim Haindling-Medley, zu dem er sogar Michael Jacksons "Moonwalk" macht.