Experimentierfreudige Studenten lassen sich am Kompetenzzentrum für Ernährung zu Gewürzsommeliers ausbilden. In Kulmbach lernen sie, wie man virtuos mit Pfeffer & Co. umgeht und Raffinesse auf den Teller zaubert.
Gewürze stehen zur Begrüßung noch nicht auf dem Tisch. Im Schulungsraum des Museumspädagogischen Zentrums im Mönchshof sieht es statt dessen aus wie in einem Labor. 20 Frauen und Männer haben eine Vielzahl von Röhrchen, Becherchen und Fragebögen vor sich. Sie alle möchten Gewürzsommeliers werden - und das kann man nur in Kulmbach.
Der Cluster Ernährung Bayern bietet diese Qualifizierung in Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum für Ernährung an. Zum Start steht ein Sensorik-Training mit Professor Bernhard Tauscher von der Arbeitsgemeinschaft Geschmacksforschung auf dem Lehrplan. Die Grundgeschmacksrichtungen süß, salzig, bitter und sauer gilt es, in winzigsten Konzentrationen wahrzunehmen.
Alle Kursteilnehmer verbindet eine besondere Leidenschaft für kulinarische Genüsse. Die meisten sind sind Köche, Produktentwickler und Restaurantfachleute. Sie sind neugierig und experimentierfreudig - beste Voraussetzungen für diese besondere Ausbildung.
Kulmbach - eine Gewürzstadt Die Bayerische Rundschau begleitet im Rahmen ihrer Aktion "Franken Kulinaria" den Kurs bis zur Abschlussprüfung und versucht, den Geheimnissen des guten Geschmacks auf die Spur zu kommen. Wir werden unseren Lesern in den nächsten Wochen zeigen, warum die Welt der Gewürze in Kulmbach einen ganz besonderen Stellenwert hat, wie Gewürzmischungen komponiert werden, wie einheimische Wildkräuter besonderen Genuss auf den Teller zaubern und wie einer der ersten Kulmbacher Gewürzsommeliers in seinem Wirtshaus zur Freude seiner Gäste mit Aromen spielt und dabei trotzdem der traditionellen Kochkunst treu bleibt.
Dazu servieren wir viele praktische Tipps für jeden, der Freude an gutem Essen und am Kochen hat, und zeigen, was zusammenpasst und wie Kontraste für neue Genusserlebnisse sorgen. Wir beschäftigen uns mit Haltbarkeit und Lagerung von Gewürzen, stellen die Adalbert-Raps-Gewürzbibliothek vor und werfen einen ersten Blick in das künftige Gewürzmuseum im Mönchshof.
"Erfinder" der Gewürzsommelier-Ausbildung ist Simon Reitmeier, Geschäftsführer des Clusters Ernährung am Kompetenzzentrum für Ernährung in Kulmbach. Den Sommelier kennt man bislang hauptsächlich in Verbindung mit Wein. Er ist ein Experte, der genau weiß, welcher Tropfen am besten zu welcher Speise passt und in guten Restaurants oder im Weinhandel die Gäste und Kunden berät. In den vergangenen Jahren hat die Bezeichnung eine Bedeutungserweiterung erfahren und in andere Genusswelten Einzug gehalten, sagt Reitmeier: "Neben Wein wecken auch andere Genussmittel das Interesse an einer Spezialisierung und an der Vertiefung von Expertenwissen. Diesen Bedarf hat der Cluster Ernährung erkannt und bietet deshalb Qualifizierungen in den Bereichen Käse, Edelbrände und Gewürze an.
Aha-Erlebnis im Mund An den ersten beiden Kurstagen haben Bernhard Tauscher und die Wirtschaftshistorikerin Manuela Mahn mit dem Grundkurs Sensorik und allgemeine Gewürzkunde solide Grundlagen für die künftigen Gewürzsommeliers gelegt. Tauscher verblüffte die Teilnehmer mit seinen sensorischen Versuchsreihen, die sehr eindrucksvoll die Bedeutung des Geruchssinns für die geschmackliche Einschätzung zeigten. "Etwa 80 Prozent von dem, was wir im allgemeinen Sprachgebrauch mit Schmecken bezeichnen, ist eigentlich Riechen", erläuterte er. Riechen und Schmecken werden durch unterschiedliche Sinnesorgane gleichzeitig wahrgenommen und vom Gehirn verarbeitet.
Wie das funktioniert, kann jeder zu Hause mit einem Selbstversuch testen: Halten Sie sich die Nase zu und probieren Sie ein Löffelchen Zimtzucker. Die Mischung fühlt sich sandig im Mund an und schmeckt süß. Aber wo ist der Zimt? Finger weg von der Nase - das Aha-Erlebnis lässt nicht auf sich warten.
Neben der Vermittlung theoretischer Grundlagen wird in Kulmbach viel Praxis gelehrt. In der Mupäz-Lehrküche werden eigene Gewürzmischungen entwickelt, raffinierte Menüs zubereitet und verkostet. Schließlich macht auch auf diesem Gebiet nur die Übung die Meister.