Gericht: Schulweg außerorts ist zumutbar

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Ein Elfjähriger aus Ziegenburg muss 2,4 Kilometer zur Schulbushaltestelle laufen. Eine Teilstrecke führt außerorts über eine Gemeindeverbindungsstraße, an der es keinen Gehweg gibt. Symbolbild: Archiv/Patrick Seeger/dpa
Ein Elfjähriger aus Ziegenburg muss 2,4 Kilometer zur Schulbushaltestelle laufen. Eine Teilstrecke führt außerorts  über eine Gemeindeverbindungsstraße, an der es keinen Gehweg gibt. Symbolbild: Archiv/Patrick Seeger/dpa

Kann man einen Elfjährigen auf einen 2,4 Kilometer langen Schulweg schicken, der ihn auch über eine Landstraße führt? Ja, sagen die Verwaltungsrichter.

Marc Rux wohnt im beschaulichen Marktschorgaster Ortsteil Ziegenburg und besucht die Jacob-Ellrodt-Realschule in Gefrees. Sein Schulweg zum Bus in Marktschorgast ist 2,4 Kilometer lang. Eine Teilstrecke von etwa 1,2 Kilometern Länge verläuft dabei außerorts auf einer Gemeindestraße ohne Beleuchtung und Gehweg.


Gesetz über die Kostenfreiheit

Mit Marcs Schulweg hat sich jetzt das Verwaltungsgericht in Bayreuth befasst. Denn der Elfjährige hat geklagt. Es geht ihm und seiner Familie darum, dass das Landratsamt die Fahrt von Ziegenburg zur Schulbushaltestelle nach Marktschorgast ganzjährig sicherstellt - über ein Kilometergeld, das der Familie gezahlt wird, beziehungsweise über ein vom Landratsamt zu bestellendes Taxi.


Nur von November bis April

Das Kulmbacher Landratsamt will die Kosten für den Transport zur Bushaltestelle aber nur für die Zeit vom 1. November 2016 bis zum 30. April 2017 übernehmen, nicht für Mai bis Oktober. Die Behörde gewährt in den Wintermonaten eine Entschädigung von 25 Cent pro Kilometer oder alternativ eine Taxi-Einzelbeförderung, sofern Mutter oder Stiefvater den Jungen nicht mit dem eigenen Auto zum Bus bringen können.


"Viele fahren 100"

Wie Stiefvater Günter Landendörfer in der Verhandlung am Verwaltungsgericht erklärte, sei Marc der Fußmarsch auf der Gemeindeverbindungsstraße grundsätzlich nicht zumutbar - auch im Sommer nicht, denn: "Dort ist Tempo 80 erlaubt, viele fahren aber 100." Der Weg sei besonders gefährlich und beschwerlich. Es gebe weder eine Beleuchtung noch einen Gehweg. Auf einer Teilstrecke sei zudem aufgrund von Leitplanken ein Ausweichen in einer gefährlichen Situation nicht möglich. Der Stiefvater sieht zudem die Gefahr, dass der Junge auf der einsamen Strecke Opfer einer Straftat werden könnte. Marc leide unter Angstzuständen, wenn er den Weg allein zurücklegen muss.


Landratsamt: Nur im Winter besonders gefährlich

Dass der Teilschulweg zwischen Ziegenburg und Marktschorgast in den Monaten Mai bis Juli nicht besonders beschwerlich und nicht besonders gefährlich sei, ist die Auffassung des Landratsamtes, das in dem Streitfall die Beklagte ist. Juristin Kathrin Limmer legte die Sicht der Behörde vor Gericht dar. Besonders gefährlich sei die Strecke nur in den Wintermonaten. Ansonsten sei die Gemeindeverbindungsstraße mit einer Breite von sechs Metern als übersichtlich zu beurteilen. Zudem stellte das Landratsamt in Aussicht, künftig aufgrund der Dunkelheit am Morgen die Kosten auch im Oktober zu übernehmen.


Das Urteil der Kammer

Das Verwaltungsgericht hatte die Klage bereits im August in einem Bescheid zurückgewiesen. Auch in der mündlichen Verhandlung am Montag folgte die Kammer unter Vorsitz von Richter Bernd Stammberger weitestgehend der Einschätzung des Landratsamtes. Dem Kläger sei es möglich, die Strecke gefahrlos zu bewältigen. Dort, wo Leitplanken vorhanden sowie die Brücke über den Perlenbach führt, sei besondere Vorsicht vonnöten, da dort ein Ausweichen nicht möglich sei. Die Bestimmungen zur Kostenfreiheit des Schulwegs seien nicht darauf gerichtet, Schüler von jeglicher Gefahr im allgemeinen Lebensbereich zu schützen und jedes theoretisch verbleibende Risiko auszuräumen. Das ha , hatte die Kammer schon in ihrem schriftlichen Urteil erklärt


Rechtsanwalt zeigt kein Verständnis

Kein Verständnis für diese Entscheidung hatten der Stiefvater und Rechtsanwalt Roland Konrad, der die Klägerseite vertrat. Er habe selbst einen zehn Jahre alten Sohn, dem er diesen Schulweg nicht zumuten würde, stellte Konrad fest. "Ich glaube, dass man von einem Elfjährigen zu viel verlangt, wenn man ihm zutraut, die Verkehrssituation auf einer solch gefährlichen Strecke richtig einschätzen zu können", stellte der Rechtsanwalt fest.