Kulmbach
Corona

"Furchtbare Situation": Aggressive Virus-Mutation in Oberfranken auf dem Vormarsch

Der Kulmbacher Landrat Klaus Peter Söllner weist Kritik an der Informationspolitik zurück und warnt vor der "extrem aggressiven Virus-Mutante". Die Inzidenz liegt deutlich über 250. Auch in den meisten benachbarten Landkreisen ist die Lage angespannt - auch wenn die Warnwerte hier noch nicht so hoch sind.
Rund hundert Infektionen im Landkreis haben mit dem Coronoa-Ausbruch auf dieser Baustelle in Mainleus zu tun.
Rund hundert Infektionen im Landkreis haben mit dem Coronoa-Ausbruch auf dieser Baustelle in Mainleus zu tun. Foto: Foto: Archiv/Jürgen Gärtner

Man spürte am Freitagmittag beim Pressegespräch im Landratsamt eine deutliche Anspannung, als der Krisenstab um Landrat Klaus Peter Söllner (FW) über den neuesten Sachstand zur Corona-Lage informierte. Und es waren in der Tat keine erfreulichen Zahlen. "Wir haben heute bis jetzt 35 neue Fälle, und sicherlich können wir feststellen, dass die sattsam bekannte Baustelle immer noch Auswirkungen hat, weil wir dort einen großen Prozentsatz der Mutanten haben", sagte Söllner.

Rund 100 Infizierte seien unmittelbar oder mittelbar auf diesen Ausbruch in Mainleus zurückzuführen, das entspreche etwa der Hälfte der Inzidenz im Landkreis. "Man kann es nicht hundertprozentig eingrenzen, aber dieser Ausbruch hat natürlich einen extremen Verlauf für uns mit sich gebracht."

Ausbruch auf Baustelle habe "extremen Verlauf" mit sich gebracht

Die Leiterin des Gesundheitsamts, Camelia Fiedler, berichtete von aktuell 282 Corona-Fällen im Landkreis. Einen eindringlichen Appell richtete Klaus Peter Söllner an die Landkreisbevölkerung: "Maske tragen, Abstand halten, denn die Mutante ist extrem aggressiv, auch flüchtige Begegnungen können da schon ausreichen." Betroffen von dem Geschehen auf der Baustelle seien vor allem viele jüngere Menschen in den Familien, die als Kontaktpersonen positiv getestet wurden.

Der Landrat bedauerte, dass das Landratsamt mit E-Mails, Posts und Leserbriefen konfrontiert wurde, in denen die Informationspolitik kritisiert wurde: "Wir haben nie mit Informationen zurückgehalten. Die Kritik muss ich als absurd bezeichnen." Viele Bürger fühlten sich aufgerufen, wertvolle Hinweise zu geben, das sei auch so in Ordnung. "Wir haben ein freies Land und es darf jeder seine Meinung äußern. Aber ich habe ein Problem, wenn die Arbeit unserer Leute kritisiert wird, das akzeptiere ich nicht. Unsere Mitarbeiter leisten Extremes und auch bei der Ermittlung der Kontaktpersonen bei noch so hohen Zahlen sind wir auf der Höhe des Geschehens. Alle Personen werden sofort nachverfolgt."

Der Krisenstab und alle weiteren Mitarbeiter hätten in der Pandemie Unglaubliches geleistet. Mit Stolz verwies Söllner auch darauf, was im Impfzentrum geleistet werde, denn bei der Erstimpfung habe man im Landkreis eine Quote von 7,9. Das Landratsamt wisse aber auch um die schwierige Situation der Schüler und ihrer Eltern, das betreffe aber ganz Ost-Oberfranken. "Wir können die Schulen nicht öffnen. Wir müssen der Realität ins Auge sehen, das wäre auch bei dem Stand heute, ein falsches Signal." Am Klinikum Kulmbach habe man die Lage im Griff.

Landratsamt erreicht Kritik "aus allen Kanälen"

Auch Oliver Hempfling verwies darauf, dass das Landratsamt derzeit "aus allen möglichen Kanälen" mit Nachrichten konfrontiert werde, die er nicht einfach abschütteln könne, wenngleich er die Menschen durchaus verstehe: "Es ist eine furchtbare Situation für uns." Jede Form der Öffnung werde rechtlich gesteuert, darauf habe weder der Landkreis noch das Landratsamt einen Einfluss.

Schulamtsdirektor Michael Hack berichtete von Beschwerden von Eltern und sprach von einer gespaltenen Gesellschaft: "Wir sind an Regeln und Gesetze gebunden, wobei wir schon versuchen, die Schüler möglichst schnell wieder in den Unterricht zu holen."

36 weitere positive Coronavirus-Fälle sind bis Freitagnachmittag im Landkreis Kulmbach bestätigt worden. Die Mitarbeiter im Gesundheitsamt sind weiterhin intensiv mit der Kontaktpersonenermittlung und der telefonischen Betreuung der häuslich isolierten Personen beschäftigt. Aufgrund der vielen Kontaktpersonen zu den Fällen der vergangenen Tage mussten auch am Freitag wieder zahlreiche weitere Testungen veranlasst werden. Von den aktuell 292 Corona-Fällen sind 202 in die vergangenen sieben Tagen positiv getestet worden. Der aktuelle Sieben-Tage-Inzidenzwert pro 100.000 Einwohner für den Landkreis Kulmbach stieg damit weiter auf jetzt 282,26 an. Im Klinikum Kulmbach werden momentan 24 Corona-Patienten betreut, zehn von ihnen intensiv. 689 Landkreisbürger befinden sich in Quarantäne. Am Sonntag sank die Inzidenz zumindest leicht auf 262,69. 

Blick auf Corona-Lage in Lichtenfels, Kronach, Bayreuth

Das Landratsamt Lichtenfels meldete am Freitag einen Inzidenzwert von 98,8. Aktuell sind 138 Menschen infiziert, darunter 16 in Altenkunstadt, 17 in Burgkunstadt und 26 in Weismain. Verstorben sind seit Beginn der Pandemie 58 Personen. Im Impfzentrum Lichtenfels wurden bis dato 4888 Erst- und 3567 Zweitimpfungen verabreicht. Das entspricht 7,32 beziehungsweise 5,34 Prozent der Landkreisbevölkerung.

Im Zuge der Corona-Pandemie hat der Landkreis Kronach erneut einen Todesfall zu verzeichnen: Eine 58-jährige Frau ist gestorben. Damit erhöht sich die Zahl der Todesfälle auf 65. Wie das Landratsamt Kronach weiter mitteilt, wurden zuletzt 23 Neuinfizierte registriert. In den vergangenen sieben Tagen waren es 81 Neuinfizierte. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt damit bei 121,4. 138 Personen befinden sich aktuell in Quarantäne.

Im Landkreis Bayreuth ist der Inzidenzwert auf 112,80 gestiegen, in der Stadt Bayreuth auf 84,24 leicht gesunken. Von Donnerstag auf Freitag sind insgesamt 34 neue positive Corona-Testergebnisse eingegangen. Im Landkreis sind aktuell 261, in der Stadt 157 Personen nachweislich mit dem Coronavirus infiziert.