Bundesbank-Chef mit brisanter Renten-Forderung - "auch wenn es unangenehm ist"

2 Min
Joachim Nagel fordert spätere Rente für Wettbewerbsfähigkeit
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel fordert in Deutschland eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit, um den Wohlstand und die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, während Gewerkschaften und ...
Joachim Nagel fordert spätere Rente für Wettbewerbsfähigkeit
AdobeStock/Kzenon

Bundesbank-Präsident sieht die Verlängerung der Lebensarbeitszeit als notwendig an. So reagieren Gewerkschaften und Sozialverbände.

Wer den Wohlstand in Deutschland erhalten möchte, der muss länger arbeiten – so sieht es zumindest Bundesbank-Präsident Joachim Nagel. Die Wirtschaft steckt in einer Krise. Die Rente ist für ihn dabei ein entscheidender Ansatzpunkt. 

Im Podcast "Table.Briefings" stellt Nagel mit einer klaren Aussage auch eine klare Forderung: "Wir müssen uns, auch wenn es unangenehm ist, ehrlich machen. Wir sind eine alternde Gesellschaft. Wir müssen aus Sicht der Bundesbank länger arbeiten, um uns den Wohlstand zu erhalten, den Generationen seit dem Ende des 2. Weltkriegs aufgebaut haben."

Später in Rente: Deutschland droht Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren

Der Bundesbank-Chef sieht eine Veränderung beim Rentenalter als ganz wesentliches Instrument, um das Land weiterhin international auf Augenhöhe mit anderen Nationen zu halten. 

Nagel erklärt im Gespräch, dass es am Ende um die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes gehen würde. Gelingt an dieser Stelle keine sinnvolle Änderung, dann würde demnach Deutschland und auch Europa zurückfallen.

Der Bundesbank-Chef hat dem Bricht nach wiederholt schnelle Reformen in Deutschland gefordert. Der spätere Rentenbeginn steht dabei ganz oben auf der Liste. Und für Joachim Nagel ist dabei auch sicher, dass die Bevölkerung durchaus verstehen würde, worauf es jetzt ankommt. Nagel: "Man muss es den Menschen in Deutschland zutrauen zu verstehen, wo die Herausforderungen liegen."

Wo steht der Sozialverband SoVD in der Debatte ums Rentenalter?

Auf Nachfrage von inFranken.de hat sich auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) zu den Aussagen von Bundesbank-Chef Nagel geäußert. SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier bezieht klar Stellung gegen den erneuten Versuch, das Renteneintrittsalter infrage zu stellen. 

Engelmeier: "Der SoVD lehnt eine generelle Anhebung der Lebensarbeitszeit entschieden ab. Immer wieder wird versucht, den Menschen einzureden, sie müssten länger arbeiten, um Deutschlands Wohlstand zu sichern. Damit wird ein künstlicher Generationenkonflikt heraufbeschworen, auf dem Rücken derjenigen, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben."

Diese Menschen hätten aber vielmehr Respekt verdient und "eine ordentliche Rente, keine Rentenkürzung durch die Hintertür". Engelmeier: "Statt ältere Beschäftigte zu Sündenböcken zu machen, braucht es gerechte Löhne, mehr Einzahler und bessere Bedingungen, um Familie, Pflege und Beruf vereinbaren zu können."

Um den Wohlstand in Deutschland zu erhalten, müsste man "unterschiedliche Potenziale" besser nutzen – "durch Weiterbildung, gezielte Fachkräfteeinwanderung und echte Chancen für Menschen mit Behinderungen". Außerdem gilt laut der SoVD-Chefin heute schon: "Wer länger arbeiten möchte, der kann das jetzt schon. Zu viele Menschen sind jedoch zu krank und zu erschöpft am Ende des Erwerbslebens." Hier müsse angesetzt werden, bevor man "immer wieder reflexartig die Anhebung der Regelaltersgrenze" fordere. 

Gewerkschaft Verdi verteidigt den Renteneintritt 

Absolut kein Verständnis für eine solche Forderung hat man auch bei der Gewerkschaft Verdi. Gegenüber Ippen.Media heißt es dort: "Die gesetzliche Rentenversicherung hat seit ihrer Einführung in Deutschland 1891 viele Krisen überstanden. Wir dürfen nicht zulassen, dass sie schlechtgeredet oder kaputtgemacht wird."

Es müsse laut der Gewerkschaft auch in Zukunft gelten: "Wer lange gearbeitet hat, muss sich darauf verlassen können, dass die Rente zum Leben reicht."

Bei Verdi blickt man voller Sorge auf den erneuten Versuch, das Rentenalter zu verändern und hat die entsprechende Antwort für Bundesbank-Chef Nagel und die Befürworter einer Neuregelung parat: "Sie wollen die gesetzliche Rente fleddern, sich aus der Verantwortung stehlen und die entstehende Versorgungslücke in Form von privater Vorsorge auf die Beschäftigten abwälzen. Und sie wollen vor allem ein höheres Renteneintrittsalter unter dem Stichwort ‚Generationengerechtigkeit‘."

Aktivrente als Alternative zur Erhöhung des Rentenalters?

Die Bundesregierung versucht unterdessen, mit der Aktivrente der Problematik einer immer älter werdenden Gesellschaft entgegenzuwirken. Ein steuerfreier Zuverdienst von bis zu 2000 Euro soll Senioren länger in der Arbeit halten. 

Nagel geht diese Maßnahme nicht weit genug. Dazu steht die Reform stark in der Kritik.

Laut dem Referentenentwurf der Bundesregierung bringt die Aktivrente dem Staat fast eine Milliarde Euro Verlust. Und die Bundesregierung schließt dabei gezielt eine bestimmte Gruppe aus. Der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland  (VGSD) hat verärgert auf die Pläne der Bundesregierung reagiert. In einer Pressemitteilung heißt es dazu von Andreas Lutz, Vorstandsvorsitzender des VGSD: "Das ist ein Schlag ins Gesicht aller Selbstständigen."