Vom Sturmtief wurde die Region weitgehend verschont. Bei Schulen und Eltern allerdings machte "Friederike" mächtig Wind.
Als sich am Donnerstagabend abzeichnete, dass das Sturmtief "Friederike" in unserer Region lange nicht so schlimm wüten würde, wie von den Meteorologen prophezeit, hatten Michael Hack und Ulrike Endres ihre stürmischsten Stunden des Tages schon hinter sich. Vom späten Mittwochabend bis in die frühen Morgenstunden hatten der Leiter des Staatlichen Schulamtes
Kulmbach und die Schulleiterin des Caspar-Vischer-Gymnasiums mehrfach miteinander telefoniert und noch vor Tagesanbruch eine erste grundlegende Entscheidung getroffen.
Hack und Endres bilden gemeinsam die "lokale Koordinierungsgruppe Schulausfall", die bei ungünstigen und gefährlichen Wetterverhältnissen wie Starkregen, massivem Schneefall oder eben starkem Sturm darüber entscheidet, ob und wie lange an den Schulen im Landkreis der Unterricht ausfällt. Michael Hack ist dabei für die Grund- und Mittelschulen zuständig, Ulrike Endres vertritt die weiterführenden Schulen.
"Um 23 Uhr am Mittwoch haben wir zum ersten Mal miteinander telefoniert", sagt Michael Hack, der nach den ersten Hinweisen auf ein massives Sturmtief in kurzen Abständen auf den Internetseiten des Deutschen Wetterdienstes und auf anderen Wetterseiten die aktuellen Informationen abrief. Noch lange nach Mitternacht beriet er sich mit der CVG-Chefin. Um fünf Uhr morgens holten die beiden auch Hacks Schulamts-Kollegin Kerstin Zapf mit ins Boot. "Die wohnt in Kulmbach und hat uns berichtet, dass da noch alles ruhig ist." Weil der Deutsche Wetterdienst zu diesem Zeitpunkt erste Orkanböen für den Nachmittag vorhersagte, entschloss man sich, regulär bis 13 Uhr zu unterrichten und lediglich den Nachmittagsunterricht zu streichen.
Regierung schaltet sich ein
Da aber hatte sich schon eine ähnliche Koordinierungsgruppe an übergeordneter Stelle mit dem Thema Unterrichtsausfall befasst: Gegen 10 Uhr am Vormittag entschied die "Regionale Koordinierungsgruppe Schulausfall" bei der Regierung von Oberfranken, dass an sämtlichen Schulen in allen Orten im Regierungsbezirk um 12 Uhr Schluss sein müsse.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt nahm der Dampfer "Schulausfall" mächtig an Fahrt auf: Kinder und Eltern mussten informiert werden, Schulbusse waren umzuplanen. Und weil zwischenzeitlich ein großer bayerischer Radiosender widersprüchliche und ungenaue Informationen verbreitet hatte, glühten im Schulamt ebenso wie in den Schulen die Telefone, weil verunsicherte Eltern wissen wollten, was denn nun Sache sei.
"Die Umorganisation war eine enorme Leistung, an der das Lehrerkollegium und das Sekretariat aber auch die Omnibusunternehmen großen Anteil hatten", sagt Monika Hild, die Leiterin der Kulmbacher Carl-von-Linde-Realschule. Die besondere Herausforderung für sie: Den Transfer der Schüler zum Zentralen Omnibus-Bahnhof zu gewährleisten.
Problem für manche Familien
Viele Kinder hatten zu diesem Zeitpunkt schon ihre Eltern angerufen und vom vorgezogenen Unterrichtsschluss informiert. Wer über kein Handy verfügte oder sich unsicher war, konnte vom Schulsekretariat aus telefonieren oder die Schulmitarbeiter übernahmen die Benachrichtigung der Eltern. "Viele Eltern haben ihre Kinder selbst abgeholt. Bei den anderen haben wir dafür gesorgt, dass sie alle in einem Bus mitkommen", so Schulleiterin Hild.
Für einige Aufregung sorgte der vorgezogene Unterrichtsschluss in manchen Familien. "Für mich war's kein Problem", sagt beispielsweise die Mutter eines 13-Jährigen Realschülers. Ich war am Donnerstag daheim und flexibel." Weil lange nicht klar war, wie zuverlässig die Busverbindung sein würde, habe sie ihren Sohn lieber selbst abgeholt - und seinen Freund gleich mit. Dessen Mutter, die beruflich unterwegs war, hätte so schnell nämlich nicht reagieren können.
Für solche Notfälle war am Donnerstag vorgesorgt. Alle Schulen boten an, Kinder, die nicht nachhause gehen konnten, in der Schule zu betreuen. Nur wenige Familien machten von dem Angebot Gebrauch. In der Realschule hatte man sich um zwei Mädchen zu kümmern, am Caspar-Vischer-Gymnasium blieb kein Kind über 12 Uhr hinaus. "Aber auch bei uns wäre die Betreuung auf jeden Fall gewährleistet gewesen", so Schulleiterin Endres. In den Grund- und Mittelschulen gab es wohl einzelne Fälle, in denen die Eltern nicht erreichbar gewesen waren, so dass die Kinder am Nachmittag in der Schule blieben.
Unterschiedliche Quellen
Nicht nur auf die kurzfristige Umplanung und die in einer gewissen Zeitspanne verwirrenden Informationen haben manche Eltern mit leichter Verärgerung reagiert. Sie stellen auch die Frage, warum man die Kinder um zwölf Uhr nach Hause geschickt hat - hatten doch etliche Wetterdienste exakt für diese Zeit die ersten Sturmböen vorausgesagt. "Aus unterschiedlichen Quellen gab es unterschiedliche Informationen", sagt dazu Schulamtsleiter Hack. Vereinzelt war von starkem Wind ab 12 Uhr die Rede. "Andere Wetterdienste sagten das Sturmtief für 15 oder 16 Uhr voraus. Und das hätte gut gereicht, dass alle Kinder sicher nach Hause kommen."
Staat muss für sicheren Transport sorgen
Wir haben den Schulamtsleiter danach gefragt, warum bei solchen Wetterprognosen der Unterricht überhaupt ausfallen muss. Schülern, die im Klassenzimmer sitzen, drohe dort ja wohl kaum Gefahr. Das sieht auch Michael Hack so. Aber er verweist auch darauf, dass der Freistaat Bayern den Schülern und ihren Familien gegenüber in der Pflicht sei. "Der Freistaat muss einen sicheren Transport auf dem Schulweg gewährleisten." Der könne bei einem starken Sturm nicht mehr garantiert werden. "Denkbar ist, dass ein Busunternehmer angesichts des Wetters den Betrieb einstellt. Und dann stünden die Kinder da und kämen nicht mehr heim."
Letztlich sind sich alle Beteiligten einig, dass man die außergewöhnliche Situation gut gemeistert habe - auch wenn der Aufwand letztlich überflüssig war, weil das Sturmtief am nördlichen Franken vorbeibrauste.
Dass es ein außergewöhnlicher Aufwand war, räumt Schulleiterin Hild ein: "Es war eine enorme Leistung aller Beteiligten", sagt sie. Und fraglos habe die Aktion zu einigem Durcheinander geführt. "Aber ein Chaos? Nein, das hatten wir nicht!"
Lesen Sie dazu auch unseren Kommentar.