Ein Luftballon brachte 1967 die Wirsbergerin Andrea Müller und Kata Judàk aus Ungarn zusammen.
Man kann es kaum glauben, was ein kleiner Luftballon alles auslösen kann. Vor genau 50 Jahren ließ die geschäftsleitende Beamtin der Marktgemeinde
Wirsberg, Andrea Müller, geborene Reichinger, damals freilich ein junges Mädchen mit gerade mal sieben Jahren, zum Weltspartag einen mit Gas befüllten Luftballon am Marktplatz steigen. Zwei Tage und zwei Nächte war der Luftballon unterwegs, überflog zwei Grenzen und landete dann sichtlich lädiert hundert Kilometer südlich der ungarischen Hauptstadt Budapest.
Ein Weinbauer fand den Ballon in seinem Weinberg und brachte ihn seiner kleinen Tochter Kata, die sich sofort daran machte, der Adressatin eine Antwort zu schicken. Das lustige daran war auch die Adresse, die Andrea Müller - gerade Mal eingeschult - auf ihr Kärtchen schrieb: "An Andrea Wirsberg, 8655 Reichinger". Und die Post kam dann nach zwei Wochen sogar an und daraus wurde anfangs nur eine lockere Brieffreundschaft und im Laufe der Jahre aber eine ganz dicke Freundschaft.
Für einige Tage weilte Kata letzte Woche mit ihrem Ehemann Gyula im Luftkurort, um gemeinsam mit Andrea Müller und deren Familie diese langjährige Freundschaft zu feiern.
Der Beginn dieser Freundschaft war alles andere als einfach, denn der erste Brief von Kata war in ungarischer Sprache verfasst. Andrea Müller: "Es hatte schon etwas gedauert, bis wir überhaupt rausfanden, was das für eine Sprache war. Ich hatte den Brief auch in der Schule dabei und dort war klar, es muss Ungarisch sein." Über einige Umwege fand die Familie Reichinger in Bayreuth einen älteren Mann, der der ungarischen Sprache mächtig war und den Brief übersetzen konnte. Auch die Familie in Ungarn verstand kein deutsches Wort und bediente sich dann einer Familie in Donauschwaben, die die deutschen Briefe übersetzen konnte. Das alles konnte die beiden jungen Mädchen nicht davon abhalten, die Brieffreundschaft weiter zu pflegen.
Irgendwann fasste die Familie Reichinger gemeinsam mit ihrer Tochter Andrea den Entschluss, ihre Freunde in Ungarn zu besuchen. 1976 machte man sich auf nach Ungarn. Es war eine höchst abenteuerliche Reise, denn Ungarn war noch nicht so touristisch erschlossen wie heute, aber die Fahrt war von einem guten Stern begleitet. Andrea Müller: "Wir hatten uns erst in Österreich an der Grenze eine ungarische Straßenkarte gekauft, und als wir den Ortsnamen Akaszto in der ungarischen Tiefebene gefunden hatten, dann war alles kein Problem mehr. Von der Grenze bis zu dem kleinen Ort waren es nochmal rund 250 Kilometer, die wir quer durch Ungarn fuhren."
Die Ankunft ließ aber die Reisestrapazen vergessen, denn die Freude vor allem der beiden Teenager war riesengroß und sehr schnell spürte man die Herzlichkeit und die schier unendliche Gastfreundschaft der Ungarn. Die Verständigung fand anfangs mit Händen und Füßen statt. Diesem ersten Besuch folgten dann weitere und nahezu jedes Jahr traf man sich entweder in Ungarn oder eben in Wirsberg zum Familienurlaub.
Im Laufe der Jahre haben Andrea Müller und ihre ungarische Freundin Kata einen eigenen Sprachen-Mix entwickelt, der von fränkisch-deutsch und englisch bis hin zur ungarischen Sprache reicht. Andrea Müller: "Bestimmte Wörter sagen wir auf Deutsch und auch auf Ungarisch und damit kommen wir zurecht. Kata lernte aber später auf dem Gymnasium auch die deutsche Sprache." Kata Judàk wirft aber gleich ein: "Ich nur kleine Deitsch!"
Die letzten Tage erlebten Kata und Gyula Judàk die fränkische Gastfreundschaft. Was ihr an Wirsberg besonders gefällt, ist die waldreiche Gegend, die "Schorgast" und die "Koser", und die Ruhe, die sie beim Wandern genießt: "In Deutschland ist es wirklich sehr schön und ich liebe auch das gute Essen hier."