Für die frühere Kulmbacher Bankkauffrau kommt eine Bewährungsstrafe nicht in Betracht - aber dennoch hat sie eine Perspektive. Dazu auch ein Kommentar.
Wie vom Donner gerührt sitzt die Angeklagte im Gerichtssaal neben ihrem Verteidiger Wolfgang Schwemmer. Sie hat die Strafkammer in ihrem Schlusswort um "eine zweite Chance" gebeten. Sie hat sie nicht bekommen, wohl auch nicht bekommen können.
Eckstein: "Das geht nicht!"
Drei Jahre Gefängnis wegen Computerbetrug und Untreue in 41 Fällen - so lautet am Freitag das Urteil des Landgerichts Bayreuth. Bewährung mit einer maximalen Freiheitsstrafe von zwei Jahren sind nach den Worten des Vorsitzenden nicht vorstellbar: "Das geht nicht!" Dabei betont er jedes Wort. Richter Michael Eckstein begründet das Strafmaß damit, dass die frühere Bankkauffrau keine kleinen Beträge veruntreut hat, der Gesamtschaden mit 1,2 Millionen Euro beträchtlich gewesen ist und sie gewerbsmäßig gehandelt hat. Dass sie nicht vorbestraft ist, dass sie Reue gezeigt und sich entschuldigt hat, hält ihr das Gericht zugute. Vor allem rechnet man ihr die sehr lange Verfahrensdauer von drei Jahren an.
Die mehrfach diskutierte Rechtsfrage, ob die 41-Jährige überhaupt wegen Untreue angeklagt werden könne, beantwortet das Gericht eindeutig. "Es kommt nicht darauf an, ob sie leitende Angestellte war. Treuebruch kann jeder Mitarbeiter begehen", erklärt Eckstein.
Nach seinen Worten war es fatal, dass die Angeklagte mit ihren Börsengeschäften anfangs Erfolg hatte. Ihr Motiv sei, wie sie selbst gesagt habe, Spielleidenschaft, Gier und die irrige Annahme gewesen, man könne mit solch riskanten Geschäften viel verdienen. Als ihr eigenes Kapital und auch das Geld von Verwandten verzockt war, sei sie Mitte 2009 auf den "unglückseligen Gedanken" gekommen, sich an Einlagen von Kunden - zumeist Sparkonten - zu bedienen. Einen Teil des unrechtmäßig transferierten Geldes habe sie wieder zurückgeführt. Den Rest hätten die Bank beziehungsweise deren Versicherung beglichen. Die Forderung der Versicherung belaufe sich auf 550.000 Euro.
Privatinsolvenz unmöglich
Mit den massiven Schulden werde die Frau leben müssen, so Eckstein, weil hier eine Privatinsolvenz ausgeschlossen ist. Der Richter wünscht ihr, dass sie die Strafe schnell hinter sich bringt und sich um ihre Zukunft kümmert.
Staatsanwalt Bernhard Böxler hatte eine Gesamtstrafe von viereinhalb Jahren gefordert. Es handle sich um besonders schwere Fälle der Untreue. Die Frau habe alles getan, um nicht entdeckt zu werden und ihre Manipulationen zu verschleiern.
Auf Freispruch hatte der Verteidiger plädiert. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, so der Bayreuther Anwalt, sei eine leitende Tätigkeit Voraussetzung für den Tatbestand der Untreue. So eine Position habe seine Mandantin nie bekleidet. "Ein strafbares Verhalten, wie es angeklagt ist, liegt nicht vor."
Falls das Gericht zu einer anderen Auffassung kommen sollte, so Schwemmer, müsse berücksichtigt werden, dass bei den Kunden selbst kein Schaden verblieben ist. Seine Mandantin habe ein neues Leben begonnen, eine Umschulung gemacht und einen festen Arbeitsplatz in Aussicht. "Muss man diese Frau jetzt noch ins Gefängnis schicken?"
"Werde ich mir nie verzeihen"
Staatsanwalt und Verteidiger äußern sich nicht dazu, ob sie in Revision gehen. Vielleicht ist es für die Angeklagte auch gar nicht ratsam, das Verfahren weiter zu verlängern. "Ich habe viele Menschen, die mir vertrauten und die mich lieben, belogen und betrogen", bedauert sie, "das werde ich mir nie verzeihen."
Hier lesen Sie die Berichte vom
ersten und vom
zweiten Prozesstag.
KOMMENTAR: Uli Hoeneß lässt grüßen
Drei Jahre Gefängnis - das ist hart für eine junge Frau, die einen Riesenfehler gemacht hat, aber keine notorische Straftäterin ist und ihr Leben wieder in Griff zu kriegen scheint. Doch weniger ist wohl nicht drin gewesen. Die Strafkammer des Landgerichts Bayreuth hat es nachvollziehbar erklärt: zwei Jahre mit Bewährung - so ein Urteil hätte der Bundesgerichtshof mit Sicherheit kassiert.
Unabhängig davon, ob sich der BGH, wenn Revision eingelegt wird, noch mit dem Thema befassen muss: Sollte das Urteil rechtskräftig werden, gibt es dennoch für die frühere Bankkauffrau eine Perspektive. Uli Hoeneß lässt grüßen.
Denn die beiden Fälle sind weitgehend vergleichbar: Ersttäter, Wirtschaftsdelikte, Geständnis, um Schadenswiedergutmachung bemüht, sozial eingeordnet und positive Prognose. Deshalb gab es für den früheren (und bald wieder?) Bayern-Präsidenten, der wegen Steuerhinterziehung von 28,5 Millione Euro zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden war, folgende Erleichterungen: Freigang ein halbes Jahr nach Haftantritt mit der Möglichkeit, tagsüber zu arbeiten und die meisten Wochenenden zu Hause zu verbringen, sowie Haftentlassung auf Bewährung nach Verbüßung der halben Strafe.
Damals wurde stets betont, dass es keine Lex Hoeneß gebe und auch kein Promibonus gewährt worden sei. Daran muss sich die bayerische Justiz jetzt messen lassen.
Richter Michael Eckstein hat in der Urteilsbegründung schon angedeutet, dass eine Halbstrafe (wie bei Hoeneß) in Betracht kommt, wenn's optimal läuft. Allerdings auch eingeschränkt, dass diese Vergünstigung in Bayern eher unüblich ist - im Gegensatz zu den anderen Bundesländern. Eine Republik und zweierlei Maß bei der Strafvollstreckung? So etwas kann der mit einem normalen Rechtsempfinden ausgestattete Prozessbeobachter nicht nachvollziehen.
Die Öffentlichkeit wird jedenfalls drauf schauen, ob die Kulmbacher Angeklagte die gleichen Hafterleichterungen und die Halbstrafe bekommt wie Uli Hoeneß. Garantiert.
viele Miiliarden -
und kein Staatsanwalt findet was dabei.
Die Kleinen hängt man, ..........
...sich jahrelang an den Sparkonten der Kunden zu bedienen, ohne dass diese das gemerkt hätten?