Die Spielsucht hat sie gepackt: 41-jährige Angeklagte gesteht vor dem Landgericht Bayreuth, 1,2 Millionen Euro Kundengelder veruntreut zu haben.
Was diese Frau gemacht hat, kann sich keiner erklären: ihre ehemaligen Kollegen bei einer Kulmbacher Bank nicht, auch nicht ihr früherer Chef. Der Vorstand des Geldinstituts bezeichnet die 41-Jährige am Dienstag vor Gericht als "patente Mitarbeiterin, engagiert, loyal, zuverlässig, intelligent, clever und sympathisch". Die Bankkauffrau hätte eine glänzende Karriere machen können. Eine Prokuristenstelle ist für sie vorgesehen gewesen.
Es kommt ganz anders. Die Bankmitarbeiterin bekommt die fristlose Kündigung. Vor drei Jahren fliegt sie auf. Ihre dubiosen Geschäfte werden zufällig entdeckt - durch einen Abschiedsbrief im Schreibtisch.
Im Strafverfahren vor dem Landgericht Bayreuth wird ihr jetzt vorgeworfen, 1,2 Millionen Euro Kundengelder veruntreut zu haben. Ein Vermögen, das sie an der Börse verzockt. Vor der Strafkammer legt die Frau ein Geständnis ab.
Uli Hoeneß lässt grüßen
"Ich bereue zutiefst, was ich gemacht habe", sagt die Angeklagte zum Prozessauftakt und entschuldigt sich bei der Bank und bei den Kunden. Nach anfänglichen Erfolgen am Neuen Markt seien die hochspekulativen Börsengeschäfte wie eine Sucht gewesen - Uli Hoeneß lässt grüßen. Kommentar des Vorsitzenden Richters Michael Eckstein: "Warum braucht man so was? Das hat mit seriösen Bankgeschäften nichts zu tun. Es ist ein Gift."
Wie sie als Expertin hätte wissen müssen, ist hochspekulativer Aktienhandel mit hohen Risiken verbunden. Sie kauft Optionsscheine auf den DAX - das ist nichts anderes als eine Wette, wie sich der Deutsche Aktienindex entwickelt. Es kommt zum Totalverlust - die eigenen Mittel sind weg. "Aber ich konnte nicht mehr aufhören. Man verliert den Blick für die Realität. Ich musste jeden Tag kaufen. Man ist wie im Hamsterrad, das sich immer schneller dreht. Ich war verzweifelt und musste schnell an Geld kommen, um meine Verluste auszugleichen", sagt sie.
"Vornehm ausgedrückt"
Die Frau kommt auf die Idee, Kundengelder "auszuleihen" (Eckstein: "Sehr vornehm ausgedrückt"), denn sie habe immer alles zurückzahlen wollen. Am einfachsten ist es, auf Sparbücher zuzugreifen. Meist ältere Kunden haben dort zum Teil große Summen geparkt. Mal sind es 100 000 Euro, 70 000 oder 50 000 Euro oder nur 8000 Euro, die veruntreut werden - mal fälscht die Angeklagte eine Unterschrift, mal gibt sie vor, "nach telefonischem Auftrag" gehandelt zu haben. Ihr System funktioniert vier Jahre lang. Niemanden weiht sie ein und verliert schließlich den Überblick: "Ich war am Ende."
Ihr sei von einer Klinik, so die Angeklagte, Spielsucht attestiert worden. Inwieweit ihre Erkrankung im Prozess eine Rolle spielt, muss der psychiatrische Gutachter Klaus Leipziger vom Bezirkskrankenhaus beurteilen.
Unterm Strich geht es um folgende Summen: Bei 41 Untreuefällen zweigt sie knapp 1,2 Millionen Euro Kundengelder ab. Teilweise zahlt sie die Beträge gleich wieder zurück, in den meisten Fällen gelingt dies nicht. 436 000 Euro überweist sie zurück. Über 744 000 Euro unterschreibt sie nach ihrer Entdeckung ein notarielles Schuldanerkenntnis. Die Bank reagiert damals umgehend und erstattet den Kunden, denen faktisch kein Schaden entstanden ist, ihr Geld zurück. Die Versicherung der Bank springt ein. In den zurückliegenden drei Jahren schafft es die Angeklagte, den mit der Versicherung vereinbarten Selbstbehalt der Bank von 175 000 Euro auszugleichen. Nun sind noch zirka 560 000 Euro offen, die die Versicherung zu kriegen hat. Diese Forderung wird noch auf die Frau zukommen. "Da wird sie Jahrzehnte zahlen müssen", so Eckstein.
Besorgt wegen Suizidabsicht
Fast schon kurios, wie die Bank auf die Machenschaften der Mitarbeiterin aufmerksam geworden ist. Sie ist nicht von der Innenrevision, die erst später intensiv nachforscht, enttarnt worden, sondern zufällig. Ein Kollege findet einen handgeschriebenen Zettel, der vermuten lässt, dass die Frau Selbstmordabsichten hat. Der Bankvorstand ist besorgt, dass sie sich etwas antun könnte.
Die Annahme ist nicht ganz unbegründet, wie die Angeklagte einräumt. Sie habe sich umbringen wollen, um mit der Todesfallsumme aus ihrer privaten Rentenversicherung ihre Schulden zu begleichen. "Ich bin schon mal hingefahren zum Wohnturm-West und habe mir angeschaut, wie ich es mache." Der Abschiedsbrief sei für ihren Mann bestimmt gewesen, der von den ganzen Vorgängen nichts gewusst habe.
"Eine wertvolle Mitarbeiterin, ich bedauere das sehr", erklärt der Bankdirektor, den das Schicksal der Frau nicht kalt lässt. Das Geldinstitut hat allerdings reagiert und interne Sicherungsmechanismen eingebaut, damit solche Vorgänge der Innenrevision künftig nicht mehr verborgen bleiben können.
Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt
(hier der Bericht vom zweiten Tag).
die das Geld der Kunden in Millionenhöhe stiehlt und verzockt., lieber Herr Bankdirektor, ist keine "wertvolle" Mitarbeiterin sondern schlichtweg eine Kriminelle. Ebensowenig "patent, loyal und zuverlässig". Aber vielleicht haben da Bankdirektoren eine andere Wahrnehmung.
Lesen sie den Bericht nochmals in Ruhe durch,dann werden sie ihre Meinung ändern.
Wissen sie wie eine Sucht entsteht!