Ein Schwabe backt in der Herlas Brot

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Albrecht Aldinger ist nicht nur Vorsitzender der Siedlergemeinschaft Kulmbach-Herlas, sondern auch Bäckermeister. Wenn zweimal im Jahr im historischen Holzofen in der Siedlung gebacken wird, ist er voll im Einsatz. Fotos: Sebastian Martin
Albrecht Aldinger ist nicht nur Vorsitzender der Siedlergemeinschaft Kulmbach-Herlas, sondern auch Bäckermeister. Wenn zweimal im Jahr im historischen Holzofen in der Siedlung gebacken wird, ist er voll im Einsatz. Fotos: Sebastian Martin
Georg Unmuth (rechts) freut sich über das frische Brot.
Georg Unmuth (rechts) freut sich über das frische Brot.
 
Gemütlich geht es zu, am Backhaus in der Herlas.
Gemütlich geht es zu, am Backhaus in der Herlas.
 
Die Holzkohle heizt den Ofen auf über 360 Grad. 2
Die Holzkohle heizt den Ofen auf über 360 Grad. 2
 
Elfriede Maisel (links) bringt ihr Brot zum Backen vorbei.
Elfriede Maisel (links) bringt ihr Brot zum Backen vorbei.
 
 
Ingrid Neubrand
Ingrid Neubrand
 
Das fertige Brot. "So muss es sein", sagt Albrecht Aldinger.
Das fertige Brot. "So muss es sein", sagt Albrecht Aldinger.
 
Der Ofen hat über 360 Grad, da kommt der Bäcker ins Schwitzen.
Der Ofen hat über 360 Grad, da kommt der Bäcker ins Schwitzen.
 

Wenn Albrecht Aldinger, Bäcker i.R., seine Arbeitskleidung überstreift, weiß die Herlas: Es gibt wieder Brot. Dann bäckt die Siedlergemeinschaft in dem Kulmbacher Staddteil im Holzbackofen 30 Laibe.

Das Backhäusla steht schon seit 1858 - Albrecht Aldinger dagegen erst wenige Minuten. Und trotzdem schwitzt der 65-Jährige. Was nicht verwunderlich ist: Der Ofen ist stolze 360 Grad heiß. Es ist Backtag in der Herlas. Und Aldinger, aktueller Vorsitzender der Siedlergemeinschaft Kulmbach-Herlas, mimt den Brotbackmeister - das steht ihm gut, schließlich hat er lange genug in dem Beruf gearbeitet. "Die Herlas ist das Stadtgebiet, wo die meisten Bäckermeister wohnen", sagt Aldinger. Die weiße Berufskleidung samt Schiebermütze, die er an diesem Tag trägt, zeugt davon.



Wenn der Bäcker in Rente zweimal im Jahr seine Arbeitskleidung überstreift, weiß die ganze Herlas: Es gibt wieder Brot. Dann backt die Siedlergemeinschaft neben dem Vereinsheim rund 35 Laibe Brot. "Mehr passt net in Ofe nei", sagt Aldinger, der auch nach 40 Jahren, die er in Kulmbach wohnt, sein Schwäbisch nicht abgelegt hat.
Die ganze Woche über hat Aldinger, der nur ein paar hundert Meter unterhalb vom Backofen wohnt, den Ofen immer wieder beheizt. Das muss sein, damit der Backtag dann auch gelingt.

An dem Tag hat Aldinger bereits um halb elf Uhr morgens den Ofen mit Holz vorgeheizt. Jetzt ist es 14 Uhr. Gemeinsam mit Günter Reuschel hat er die Laibe vorbereitet. Die Siedler packen an. Backmeister Aldinger öffnet das Ofen-Türchen. Mit einem Schieber kratzt er die Glut aus dem Steinofen in eine Metallwanne. Bevor dann ein überdimensionierter Feudel zum Einsatz kommt. Aldinger schiebt den mit Wasser getränkten Mob in den Ofen. Es reinigt die Fläche von der Kohle und soll verhindern, dass das Brot von unten verbrennt.

"Jetzt können wir einschieben!", sagt Aldinger zufrieden. Die Laibe werden gebracht. Und da auch jeder eingeladen ist, sein eigenes Brot zum Backen vorbeizubringen, kommt auch Elfriede Maisel mit zwei Broten. "Die passet noch nei!", sagt Aldinger, nimmt den Holzschieber in die Hand und schießt die Laibe in den Ofen. "Jetzt haben wir noch ungefähr 220 Grad, des isch ideal!" In eineinhalb Stunden werden die Brote fertig gebacken sein. Aldinger schließt das Metalltürchen. "Schauen wir, dass wir Glück haben, weil zum Backen gehört auch Glück dazu!"

Jetzt, wo das Brot im Ofen fertig backt, ist Zeit, sich zu unterhalten. Klar, die Siedler werden nicht jünger, sagt Aldinger. Zwei Drittel der rund 190 Mitglieder sind kurz vor oder schon im Rentenalter. Die Kinder ziehen weg. Der Grund ist hausgemacht: "Es ist kein Platz", sagt Aldinger, die Häuser in der Siedlung sind damals ohne Keller gebaut worden. Die alten Bebauungspläne lassen keine Anbauten zu. Aldinger, der selbst zweifacher Vater ist, gibt zu: "Uns fehlt die mittlere Generation." Nicht zuletzt ist das der Grund, warum das Backofenfest, das die Siedler seit Jahrzehnten hier an dem Platz bis ins Jahr 2011 feierten, nicht mehr stattfindet. Es fehlt einfach an den Helfern. Ein ganzer Stadtteil wird älter.

Unterbrochen werden die Gedanken vom Duft, der aus dem Ofeninneren strömt. "Des isch gut!" Der Schwabe, der 1982 in die Herlas kam, ist zufrieden. Ein erster Blick ins Innere verrät dem Fachmann: Die Brote sind gleich fertig. Der Bäcker tupft sich die schweißnasse Stirn - und schon kann es los gehen. Mit dem Holzschieber schießt er die Laibe nun sekundenweise aus dem Ofen. Die Helfer kommen kaum nach.
Das wichtigste kommt dann gleich: Aldinger nimmt ein Brot, hält es mit beiden Händen und klopft. "So muss es klingen!" Ein fränkisches Brot aus den Händen eines Schwaben. "Herrlich!"

Eigentlich backen die Siedler nur für sich. An dem Tag kommen aber auch noch ein paar Interessierte, die die Brote probieren wollen. Wie zum Beispiel Metzger Georg Unmuth der - zur Überraschung von Aldinger - auch einmal aus Schwaben hierher kam. "Jetzt kann man noch Blechkuchen oder Zopf backen", sagt Aldinger "Des isch ideal bei 190 Grad." So lange hält der Ofen die Temperatur. Ingrid Neubrand, die - unglaublich, aber war - auch Schwäbin ist, will das testen und hat einen Zopf dabei. "Ich hab Dampfnudeln gemacht, aus dem Rest den Zopf hier", sagt sie.

Albrecht Aldinger freut sich über so viel Begeisterung. Die Brote sind gelungen. Die Nachbarn sind nett. "Der Zusammenhalt in der Siedlung ist optimal", sagt der Bäckermeister, der zweimal im Jahr wieder kurzzeitig voll im Einsatz ist.