Zudem, so seine Ansicht, müsse vor allem an der Software noch gefeilt werden, damit diese rund laufe. Für die Apotheken sei das weniger ein Problem, deren Programm kämen von sieben bis acht großen Anbietern. Anders sehe es bei den Ärzten aus, wo sich über 100 Anbieter am Markt tummelten.
Für eine komfortable Nutzung des E-Rezepts über die staatliche gematik-App ist eine Gesundheitskarten mit einem NFC-Chip erforderlich, die bislang nur fünf Prozent der Versicherten besäßen und die in den Geschäftsstellen der Krankenkassen persönlich abgeholt werden müssen. "Wenn das alles aufwändig klingt, hat das damit zu tun, dass alles sicher sein muss." Denn Gesundheitsdaten seien wertvoll wie Gold - und das reize natürlich zur Manipulation. "Und so lange das nicht absolut sicher ist, kann man nicht in die breite Verwendung gehen."
Auch wenn das bisherige rosafarbige Rezept bewährt sei und es nur wenig Fälschungen gegeben habe, so habe das E-Rezept natürlich Vorteile: Wenn alles technisch einwandfrei funktioniere, dann seien die Daten alle eindeutig, Fehler durch schlechte Lesbarkeit oder ähnliches würden ausgeschlossen. Patienten könnten sich den Weg zum Arzt sparen, wenn sie nur ein Rezept benötigen.
Ob man das E-Rezept aber wirklich braucht? Hier muss Hubmann kurz überlegen und sagt: "Die Digitalisierung ist ein Zeichen der Zeit, und das E-Rezept entspricht dem Zeitgeist."
Die Ärzteschaft steht dem E-Rezept neutral gegenüber, erklärt der Vorsitzende des ärztlichen Kreisverbands Kulmbach, Markus Ipta. Aber: "Die Technik muss funktionieren." Und das sei derzeit nicht der Fall: "Ich glaube, dass es noch ein paar Jahren dauern wird, bis das läuft."
Ein großer Haken seien die neuen, mit NFC-Chip ausgestatteten Versichertenkarten. Die würden beim Einlesen ganze Praxis-Systeme lahmlegen. Nun müssten spezielle Entmagnetisierungsgeräte für diese Karten angeschafft werden, um das Problem zu lösen. Und als ob das noch nicht genug sei, plane die Regierung langfristig die Abschaffung dieser technischen Geräte und eine Umstellung auf eine komplette Softwarelösung. Ipta: "Sie merken schon, das ist alles nicht durchdacht, was der damalige Gesundheitsminister Spahn in die Welt gesetzt hat."
Selbst wenn jetzt der Fehler mit den NFC-Karten flächendeckend behoben sei, müssten sich die Patienten die entsprechende E-Rezept-App aufs Handy laden. Bis das erfolgt sei, müsse zweigleisig - sprich auch noch mit Ausdrucken - gefahren werden. Also auch nicht gerade eine Vereinfachung. Wenn irgendwann alles einmal reibungslos laufe, dann könne das E-Rezept durchaus eine Erleichterung sein, sagt der Arzt. Aber da hat Ipta derzeit wenig Hoffnung: "Dazu ist das ganze System zu verstrickt."
AOK von Vorteilen überzeugt
Die AOK Bayern ist davon überzeugt, dass das E-Rezept gegenüber dem herkömmlichen Papierrezept viele Vorteile hat. Für Ärzte, Patienten und Krankenkassen biete es nicht nur einen schnelleren Prozess, sondern auch die Möglichkeit, die Versorgungsqualität zu verbessern, heißt es seitens der Krankenkasse. So könnten wertvolle Ergänzungen wie eine Medikationserinnerung oder ein Medikationsplan bis hin zu einem eingebauten Wechselwirkungscheck auf das E-Rezept aufgesetzt werden. Gerade letzteres sei sehr wichtig für die Arzneimitteltherapiesicherheit, besonders bei Patienten mit Polymedikation. Weil die Ergebnisse für eine flächendeckende und verpflichtende Einführung nicht ausreichten, habe die Gematik (Nationale Agentur für digitale Medizin) den ursprünglich geplanten Test erweitert und verlängert.