Baumkletterer sammelt die Raupen des Eichen-Prozessionsspinners von einem Baum in einem Kulmbacher Kindergarten ab

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In Schutzkleidung ist Stefan Nicklas in die Eiche hinaufgestiegen, um dort die Raupen abzusammeln.Foto: Katrin Geyer
In Schutzkleidung ist Stefan Nicklas in die Eiche hinaufgestiegen, um dort die Raupen abzusammeln.Foto: Katrin Geyer
Daniela Seifert-Schneider, die stellvertretende Leiterin des Kindergarten (links) und Stadtförsterin Carmen Hombach begutachten die Raupen, die vor kurzem unter der Eiche auf dem Kindergartengelände entdeckt worden waren.Foto: Katrin Geyer
Daniela Seifert-Schneider, die stellvertretende Leiterin des Kindergarten (links) und Stadtförsterin Carmen Hombach  begutachten die Raupen, die vor kurzem unter der Eiche auf dem Kindergartengelände entdeckt worden waren.Foto: Katrin Geyer
 
Schutzkleidung, Handschuhe, Plastikbeutel zum Verpacken der Raupen - Baumkletterer Stefan Nicklas überprüft seine Ausrüstung.Foto: Katrin Geyer
Schutzkleidung, Handschuhe, Plastikbeutel zum Verpacken der Raupen - Baumkletterer Stefan Nicklas überprüft seine Ausrüstung.Foto: Katrin Geyer
 
Die Raupe des Eichen-Prozessionsspinners Foto: Patrick Pleul/dpa
Die Raupe des Eichen-Prozessionsspinners Foto: Patrick Pleul/dpa
 
Ein Raupen-GespinstArchiv/privat
Ein Raupen-GespinstArchiv/privat
 

Von den Raupen des Eichen-Prozessionsspinners war ein Baum in einem Kulmbacher Kindergarten befallen. Ein Experte hat sie abgesammelt.

Die Geschichte von der liebenswerten kleinen Raupe Nimmersatt kennt jedes Kind. Dass nicht alle Raupen nett und putzig sind, haben die Kinder des Paul-Gerhardt-Kindergartens im Kulmbacher Stadtteil Weiher in diesen Tagen lernen müssen. Unter einer Eiche im Garten der Einrichtung waren Raupen gefunden worden. Ein erster Verdacht bestätigte sich nach der Begutachtung durch Experten: Der Baum ist vom Eichen-Prozessionsspinner befallen.

"Wir haben sofort beschlossen, die Kinder nicht mehr draußen spielen zu lassen", sagt die stellvertretende Kindergarten-Leiterin Daniela Seifert-Schneider. Auch die Eltern seien verständigt worden.

Mit etwas Pech hätte die Zwangspause wochenlang dauern können: Die tückischen Raupen des sonst unscheinbaren Falters breiten sich derzeit in ganz Franken mit großer Geschwindigkeit aus. Weil die feinen Brennhärchen der Tiere, die auch in der Luft herumfliegen, bei Menschen Hautreizungen und allergische Reaktionen bis hin zum allergischen Schock auslösen können, ist vor allem bei Bäumen, die auf öffentlichem Grund stehen, schnelles Handeln nötig. Die Experten, die in der Lage sind, die Raupen fachgerecht abzusammeln, haben gut zu tun. Potenzielle Kunden müssen mit Wartezeiten rechnen.
Pfarrerin Bettina Weber von der evangelischen Kirchengemeinde Kulmbach-Mangersreuth, zu der Kindergarten gehört, ist deshalb Stadtförsterin Carmen Hombach sehr dankbar für die Amtshilfe, die diese unkompliziert geleistet hat. Mitarbeiter des Stadtforstes sind zur Zeit am Rehberg damit beschäftigt, befallene Bäume abzusuchen und bei Bedarf Warnschilder anzubringen. Stefan Nicklas aus Gefrees, der eine Firma für Baumpflege-Arbeiten betreibt und im Auftrag der Stadt Kulmbach am Rehberg aktiv ist, machte einen spontanen Abstecher in den Kindergarten - und innerhalb einer knappen Stunde war das Problem zumindest vorerst gelöst.

Wenn Nicklas in einen Baum klettert, um die Raupen des Eichen-Prozessionsspinners abzusuchen, geht er mit größter Sorgfalt zu Werk. Ein Overall, Handschuhe, Kopfbedeckung und Gesichtsschutz sind Pflicht. Mit Gurt und Seilen gesichert, arbeitet sich Nicklas bis zu jenen Stellen vor, an denen sich die Raupen-Gespinste befinden. Die Raupen werden abgesammelt und in Plastiktüten verpackt. "Das Ganze kommt dann in die Müllverbrennung, damit nichts mehr passieren kann", sagt Stadtförsterin Hombach.

Stefan Nicklas arbeitet zügig, steigt bis in die Krone der etwa 50 Jahre alten Eiche hinauf. Als er sich sicher ist, dass sich keine Raupen mehr auf dem Baum befinden, packt er seine Spezialausrüstung wieder ins Auto: Auf dem Rehberg gibt es noch genug zu tun.
Im Garten des Kindergartens muss Daniela Seifert-Schneider nur noch mit dem Wasserschlauch den Baum gründlich abspritzen, damit auch die letzten Härchen wieder entfernt werden. Dann können die Buben und Mädchen wieder draußen spielen.


Carmen Hombach, Stefan Nicklas und ihre Kollegen wird der Eichen-Prozessionsspinner freilich noch länger beschäftigen. Im gesamten Stadtgebiet sind Bäume befallen. In Melkendorf ist der Weg, der am Main-Hochufer hinter den Sportanlagen entlangführt, mittlerweile gesperrt worden: "Hier wachsen Eichen über den Weg. Das wäre zu gefährlich, wenn da jemand drunter durch läuft", sagt Carmen Hombach. Zwischen Mangersreuth und Wickenreuth oder in der Flutmulde wurden Warnschilder angebracht. Auch in Burghaig gibt es etliche befallene Bäume.

Vermutlich stehen auch auf Privatgrund Eichen, auf denen die Raupen sitzen. Hier haben die Stadtförsterin und ihre Kollegen vom Staatsforst keine Einflussmöglichkeit. Jeder Grundstücksbesitzer muss selbst entscheiden, ob er etwas dagegen unternimmt. "Aber man sollte mit Rücksicht auf die Gesundheit der Mitmenschen schon sehen, dass man die Raupen wegbekommt." Und das sollte tunlichst ein Experte übernehmen. Selbst Hand anzulegen, kann gefährlich sein.

Für den befallenen Baum selbst ist der Eichen-Prozessionsspinner nicht sonderlich gefährlich. Bis jetzt jedenfalls. "Aber", so sagt Carmen Hombach, "es gibt aus anderen Regionen auch schon Berichte von Kahlfraß."


Was machen die anderen?
Eine vorbildliche Initiative in Sachen Eichen-Prozessionsspinner zeigt die Stadt Bamberg. Dort gibt es ein im Internet abrufbares Verzeichnis aller Eichen. Bereits im letzten Jahr wurde im zeitigen Frühjahr, zur Zeit des Laubaustriebs, versucht, mittels eines biologischen Spritzmittels den Raupen den Garaus zu machen. Die Bevölkerung wird im Netz oder über ein Infotelefon darüber informiert, wo jeweilsSpritzaktionen stattfinden.

Warum sind die Raupen so gefährlich?

Der Eichen-Prozessionsspinner ist ein unscheinbarer Falter, der etwa drei Zentimeter Flügelspannweite erreicht. Die Tiere breiten sich seit einigen Jahren in ganz Deutschland stark aus.
Die Falter-Weibchen legen 150 bis 200 weißliche Eier hauptsächlich an Eichen, vereinzelt auch an anderen Baumarten. Die Raupen durchlaufen verschiedene Entwicklungsstadien bis zur Verpuppung.
Sie werden bis zu fünf Zentimeter lang, haben eine dunkle, breite Rückenlinie mit samtartig behaarten Feldern und rotbraunen, langbehaarten Warzen. Sie gehen in Gruppen von 20 bis 30 Tieren im "Gänsemarsch" auf Nahrungssuche. Daher rührt der Name "Prozessionsspinner".

Gefährlich sind nicht die Falter selbst, sondern die Raupen. Sie entwickeln Brennhaare mit winzigen Widerhaken, die ein Nesselgift enthalten.
Die Brennhaare der Raupe brechen leicht und werden bei günstiger Witterung durch Luftströmungen über weite Strecken getragen. Bei Menschen dringen sie leicht in die Haut oder in die Schleimhaut ein und setzen sich dort mit ihren Häkchen fest. Es können sich auf der Haut Quaddeln und Entzündungen bilden oder Knötchen, die an Insektenstiche erinnern. Werden die Härchen eingeatmet, könnten sie zu Bronchitis, schmerzhaftem Husten oder Asthma führen. Vereinzelt verlaufen Entzündungen so schwer, dass betroffene Gliedmaßen in Gefahr sind.

Wie kann man sich schützen?
Grundsätzlich die Befallsgebiete meiden
Hautbereich (Nacken, Hals, Unterarme, Beine) schützen
Raupen und Gespinste nicht berühren
Sofortiger Kleiderwechsel und Dusche mit Haarreinigung nach (möglichem) Kontakt mit Raupenhaaren
Auf Holzernte- und Pflegemaßnahmen verzichten, solange Raupennester erkennbar sind
Bekämpfung nur von Fachleuten durchführen lassen