Ausgesperrt vom eigenen Auto

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Das Auto denkt mit und sperrt dabei immer öfter den Autoschlüssel ein und den Fahrer aus.
Das Auto denkt mit und sperrt dabei immer öfter den Autoschlüssel ein und den Fahrer aus.
Symbolbild: Andrey Popov - stock.adobe.com

Die neueste Technik verriegelt die Türen, auch wenn der Schlüssel im Wagen liegt.

Fassungslos steht die Mutter vor ihrem Auto. Die Türen lassen sich nicht mehr öffnen. Gerade eben hat sie ihre beiden Kinder, sieben Monate und zweieinhalb Jahre alt, in ihre Kindersitze verfrachtet. Die drei haben eine Familie in Kulmbach besucht. Die Frau geht kurz zum Haus zurück, verabschiedet sich von der Gastgeberin - und kann nicht mehr ins Auto einsteigen. Das hat sich in der Zwischenzeit nämlich selbst versperrt, obwohl der Schlüssel auf dem Beifahrersitz liegt.

Die Situation ist kein Einzelfall. Bereits zum fünften Mal in diesem Jahr musste die Kulmbacher Feuerwehr am Freitag Kinder aus einem verschlossenen Auto befreien. Etliche Autos der jüngsten Generation verriegeln sich automatisch nur drei Minuten, nachdem alle Türen geschlossen wurden - auch dann, wenn der Schlüssel im Fahrzeug liegt, sagt Stadtbrandmeister Michael Weich. Es betrifft Modelle verschiedenster Hersteller. In Kulmbach waren es bisher Fahrzeuge von VW und Citroën.

Kinder weinen, es ist sehr warm

"Die Kinder waren im Auto eingeschlossen, weinten und schrien, erzählt Michael Weich. "Der Zweitschlüssel war kurzfristig nicht zu beschaffen, und es war sehr warm. Da kann man nicht lange warten."

Mit einem Stück Draht und anderen Kniffen, die bei älteren Autos funktionieren, kommt man bei modernen Fahrzeugen allerdings nicht weiter. "In solchen Fällen bleibt nichts anderes übrig, als eine Fensterscheibe herauszuschneiden, wenn wir schnell helfen müssen", sagt der Stadtbrandmeister.

Dabei bemühen sich die Feuerwehrleute, geringstmöglichen Schaden am Fahrzeug anzurichten.

Die kleinen Seitenfenster seien im Gegensatz zu Front- oder Heckscheiben günstig zu ersetzen. "Wir haben die Scheibe eines vorderen Seitenfensters mit einer speziellen Folie beklebt und dann die Scheibe mit einem Glasschneider herausgeschnitten", erläutert Michael Weich. Das Bekleben mit Folie schützt vor Verletzungen durch Glassplitter.

So kam die Autobesitzerin wieder an ihren Schlüssel, und die Kinder wurden aus ihrer misslichen Lage befreit.

Situationen wie diese werden sich in Zukunft häufen. Immer mehr Autobauer stellen auf Systeme mit Sicherheitsverriegelung um, um die Fahrzeuge vor Diebstahl zu schützen.

Keyless-Systeme mit Startautomatik sind bequem, und bislang war es ein unglücklicher Zufall, wenn man versehentlich einen Schlüssel im Fahrzeug einsperrte. Die neueste Fahrzeuggeneration macht es deutlich leichter, diesen Fehler zu begehen. Viele Besitzer werden sich der Tücken des Systems erst bewusst, wenn es schon zu spät ist. Siegfried Zillig kennt das Problem. In seinem Autohaus verkauft er Fahrzeuge mit der neuen Technik, und als Kreisbrandinspektor der Feuerwehr erlebt er oft, dass die intelligenten Systeme zwar viel für die Sicherheit tun, aber eben auch besondere Umsicht und Aufmerksamkeit des Fahrers erfordern.

Kann man das System abschalten?

Die neuesten Fahrzeuge der Peugeot-Gruppe beispielsweise, die bei ihm im Verkaufsraum stehen, sind mit Keyless-Systemen ausgestattet, die den Schlüssel ein- und den Fahrer aussperren können, wenn der Schlüssel im Auto bleibt, nachdem alle Türen geschlossen wurden.

Elektronisches Verschließen während des Fahrens kann auf Wunsch ausgeschaltet werden. Es ist als Schutz gedacht, wenn man zum Beispiel an einer Ampel halten muss, um zu verhindern, dass jemand von außen die Türen öffnet. Das elektronische Abriegeln eines abgestellten Autos dagegen wird eine Werkstatt nicht ohne weiteres deaktivieren. "Das ist ja dann auch ein Haftungsfrage", gibt Zillig zu bedenken. Bei diesen Autos muss der Fahrer deshalb zwingend darauf achten, dass er den Schlüssel immer bei sich trägt.

Sinn der Systems ist, dass das Auto für seinen Besitzer mitdenkt. Wenn der nach Ablauf von drei Minuten nichts tut, denkt die Technik, man hat vergessen abzuschließen - und bessert nach. "Das Auto wäre ja sonst für jedermann fahrbereit, der einsteigt."

Siegfried Zillig weist deshalb seine Kunden ausführlich auf alle diese Besonderheiten hin. "Aber an manches denkt man im Alltag dann nicht mehr."

Und wenn es dann doch passiert? Wer kommt für den Einsatz der Feuerwehr und ein neues Fenster auf? Die Kommunen handhaben das unterschiedlich, so Zillig. Bei einer Kindesrettung ohne großen Aufwand werde man in der Regel wohl keine Rechnung von der Feuerwehr bekommen.

Bleibt der Sachschaden. Ist der versichert? Nadine Singer vom Kulmbacher Versicherungsbüro der HUK Coburg informiert auf Nachfrage der BR, dass eine Vollkaskoversicherung die Kosten übernimmt, die kaputte Fensterscheibe ersetzt auch die Teilkasko. Schutzbriefe decken Türöffnungsaktionen meist ebenfalls ab.

Notfall vermeiden

• Schlüssel für das Auto niemals im Fahrzeug liegen lassen.

•  Wenn Kinder im Auto sind, Tür, Heckklappe oder Fenster offen lassen.

•  Radio an! Wenn die Zündung eingeschaltet ist, aktiviert sich der Verriegelungsmechanismus nicht.